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Rapunzel auf Rügen: Roman (German Edition)

Rapunzel auf Rügen: Roman (German Edition)

Titel: Rapunzel auf Rügen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Bieling
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liebenswerte Person, die sich fürsorglich um ihren einjährigen Sohn Leon sorgte. Mitsamt dem Babyfon, das für unseren Plan von ungeheurer Wichtigkeit war, und einer Windeltasche voller Zubehör übernahm ich spontan für einige Abende die Nanny-Rolle – unentgeltlich, versteht sich. Immerhin profitierte ich auf andere Weise davon, wenn der Plan aufging.
    Am vierten Abend hatte ich mich längst an meine Aufgaben als Ersatzmama gewöhnt. Ich lag auf der Erde und spielte mit kunterbunten Holzbauklötzchen, auf denen Enten, Frösche und anderes Wassergetier abgebildet waren. Ab und an dachte ich an Ortrud, die für einige Tage nach Ostfriesland aufgebrochen war, um Harry die letzte Ehre zu erweisen und ihn in stiller Trauer beizusetzen.Leon krabbelte zur Tür hinaus auf den Flur. Hendrik saß in der Küche beim Abendbrot. Als dann auch noch Isabell mit Unmengen von Shoppingtüten angestöckelt kam, die sie allesamt auf das große Doppelbett im Schlafraum warf, war der Zeitpunkt perfekt. Ich griff zum Handy und informierte Richard, der wie ein Schläfer schon auf meinen Anruf lauerte. Natürlich liefen die Vorbereitungen nicht immer korrekt ab, denn ich hatte zuvor am Morgen in Isabells Handtasche kramen müssen, um mir ihre Handynummer zu notieren. An einem anderen Morgen, um mir den Namen einer ihrer Freundinnen herauszuschreiben. Da kam es mir nur gelegen, dass ihre Badaufenthalte sich immer zeitlich streckten, weil sie selbst nach dem Klogang immer noch mal eine Ladung Rouge auflegte und ihre Lippen nachzog.
    Zurück zum perfekten Zeitpunkt: Richard schlüpfte stimmlich in die Rolle des Herrn Rodriguez und rief Isabell an, um ihr einen noch lebenden Ozelot anzubieten, während das Baby ins Zimmer der Kriegerprinzessin krabbelte. Ich verfolgte Leon.
    »Na, wo will der kleine Schlawiner denn hin?« Als mich Isabell aufforderte, das Kind nicht an ihre teuren Schuhe sabbern zu lassen, stellte ich das Babyfon am Fuße des Bettes ab, nahm Leon und ging hinaus.
    Das zweite Babyfon stand gut drapiert in der Küche, direkt vor Hendriks Abendbrotteller. Als er hörte, dass sich Isabell einen Muff aus Ozelot anfertigen lassen wollte und bereit war, für den Abschuss einer geeigneten Wildkatze fünftausend Euro zu zahlen, flippte er völlig aus, ging hinauf und forderte sie auf, sofort zu gehen. Dafür benutzte er genau vier Worte: »Verschwinde aus meinem Haus!«
    Ich stand angelehnt am Türpfosten des Schlafzimmers und beobachtete, wie Isabell das Kriegsfeld räumte, während sich Leon an mich schmiegte und vor sich hin brabbelte. Hendrik hatte sich nach seinen klaren Abschiedsworten umgedreht und war kopfschüttelnd mit Füchschen auf dem Arm wieder hinunter zur Küche gegangen.
    Als das Taxi vorfuhr, das Hendrik persönlich für Isabell gerufen hatte, verließ die Kriegerprinzessin beschämt und wortlos das Haus. Ab und an wanderten ihre Augen zu Hendrik. Der wiederum blickte starr an ihr vorbei, ohne jegliche Regung. Dann verschwand sie im abendlichen Sonnenrot der Insel – und auf Nimmerwiedersehen aus Hendriks Leben, der Babyabhörtechnik sei Dank!
    Sarah zerrte an meinem Arm und riss mich aus der Glückseligkeit meiner Gedanken. »Los, das Wasser ist herrlich.« An ihrem schlanken Körper perlte Salzwasser ab. »Komm schon, Rapunzel.«
    Ich zog mein Kleid aus und rannte mit ihr, Hand in Hand, ins Meer hinein. Die Wellen schwappten gegen meine Brüste, die mittlerweile ganz gut das ehemals zu große Bikini-Oberteil ausfüllten. Meine Güte, sie wuchsen langsam auf Doppel-D zu. Auch mit Chips und Süßkram war das nicht mehr zu erklären. Das Wasser war erfrischend kühl. Ich tauchte ab und blickte mich unter Wasser um. Kleine Fischschwärme zogen an mir vorüber, während das Gefühl von unendlicher Freiheit meinen Körper durchströmte. Ich war glücklich! So sehr, dass ich sogar meine Angst vor den Raubfischen mit der spitzen Flosse vergaß.

Ohne Pille geht es nicht!
    Claudia hatte sich für Sarah echt ins Zeug gelegt und eine Packung Antidepressiva-Pillen besorgt, die ihr beim Koks-Ausstieg helfen sollten. »Das bringt dein Hirn wieder auf Trab«, waren Claudias Worte.
    Sarah öffnete die Medikamentenschachtel und zog den Beipackzettel heraus. Sie faltete ihn auseinander und begann zu lesen. Dann schüttelte sie ihren Kopf. »Und in drei Wochen bin ich an Nierenversagen verreckt, wenn nicht vorher mein Magen krepiert.«
    »Blödsinn! Fiktive Angstmache, nichts weiter. Wirf den Zettel weg und nimm eine.«
    Sarah

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