Rapunzel auf Rügen: Roman (German Edition)
versteckten,während sie die Bäuche einzogen, wenn die attraktive Handtuchnachbarin sich ihnen zudrehte. Ich hasste es, wenn die sonst so romantisch weißen Sandstrände von Menschenmassen belagert wurden. Das nahm dieser Insel irgendwie die Schönheit.
»Sarah, nun warte doch mal!«, rief ich. Sie rannte auf eine kleine Bucht zu, die mit Dünengras bewachsen war.
»Hier ist es super«, rief sie. Dann warf sie ihre Strandmatte hin und tauchte zwischen den Gräsern ab. Je näher ich Sarah kam, desto ruhiger wurde es. Wieso lagen hier eigentlich keine Urlauber herum? Aber noch ehe ich die Frage zu Ende denken konnte, trat ich schon in die Antwort hinein. »Igitt! So eine Sauerei«, schimpfte ich und hüpfte auf einem Bein zum Wasser. Irgendwer hatte hier seinen Hund kacken lassen. Ich spülte die stinkende Bescherung von meiner Fußsohle und blickte mich um. Da waren noch Dutzende anderer Tretmienen, die zweifelsohne nicht alle von einem Hund stammen konnten.
»Nun leg doch mal den Stock weg und genieß den Feierabend«, mahnte mich Sarah, meine aufgenommene Tätigkeit abzubrechen.
Von wegen! Als würde es mir Spaß machen, angetrocknete und halbverschimmelte Exkremente mit einem Stock in Sandkuhlen zu rollen. »Ich setze mich jedenfalls nicht neben diese stinkenden Ausscheidungen«, sagte ich und kullerte ein älteres Teil unbeirrt weiter. Und mich ekelte der Gedanke, dass sie vielleicht nicht nur von Kläffern und Kindern stammten.
»Lass den Quatsch und komm her.« Sarah hielt mir ihr Handy entgegen. »Nun hör doch mal.«
Ich drückte mein Ohr ganz fest dagegen. »Ist das echt Richard?« Er klang so völlig anders, viel männlicher als sonst. Ich kicherte über seinen mexikanischen Slang.
»Perfekt, oder?«, sagte Sarah grinsend. »Und diese Edel-Trude ist voll darauf angesprungen.«
O ja! Das war sie! Ich vergaß die Kackhaufen und kniete mich neben Sarah. Zu schön war es, das komplette Gespräch zu hören, das Isabells Ast absägte, auf dem sie so sicher gesessen hatte. Richard hatte sich eigens dafür einen Akzent zugelegt, der für einen mexikanischen Ozelot-Auftragskiller nicht besser sein konnte. Gespannt hörte ich die Aufzeichnung bis zum Ende an. Richard war einfach brillant in seiner Rolle. Damit wäre das High-Heels-Problem im Hause Zapf dauerhaft gelöst, nicht nur zur Freude der Echtholzdielen.
Rückblick: Isabell hatte tatsächlich diesem mysteriösen Herrn Rodriguez den Auftrag zum Abschuss eines Ozelots erteilt. Und das, obwohl sie vom Auftragskiller über das internationale Washingtoner Artenschutz-Abkommen in Kenntnis gesetzt worden war, das jeglichen Handel mit Produkten verbot, die aus Ozelot hergestellt wurden. Richard hatte das super ins Gespräch eingebaut und während seines gesetzmäßigen Vortrages mexikanisch finster dabei gelacht. Das hätte selbst ich geschluckt, trotz meiner doch eher misstrauischen Art. Und auch die Story, dass er Isabells Handynummer von einer Freundin ihrer Freundin Andrea hatte, machte sie für keinen Moment skeptisch. Sie plauderte beherzt darauflos und erzählte vom langgehegten Wunsch eines Ozelot-Muffs, für den sie schon einige Design-Vorschläge hatte. Kein Problem für Herrn Rodriguez, der ihr sogar eine besondere Unterart des Ozelots bot – eine, die es nur nordöstlich von Mexiko gab und deren Fellmuster von einzigartiger Schönheit war. Besiegelt ist besiegelt, und aufgezeichnet ist aufgezeichnet, auch wenn das Mitschneiden von Telefongesprächen eigentlichden Bestand einer Straftat erfüllt. Aber für den Fall, dass sich Isabell aus ihrer misslichen Lage freireden könnte, hätten wir – die Schiffscrew des Todes – auch nicht vor einer gemeinen Erpressung zurückgeschreckt.
Ich glaube fast, Isabell ahnte so etwas in der Art. Jedenfalls machte sie keine besonderen Anstalten, Hendrik von ihrer Unschuld zu überzeugen. Mit hochrotem Kopf packte sie ihre Taschen und Koffer. Dabei warf sie mir einen hasserfüllten Blick zu. »Von wegen Babyfon versehentlich stehen lassen«, zischte sie mich an.
Ich zuckte mit den Schultern, während ich meiner kurzzeitigen Tätigkeit als Babysitter nachkam und den kleinen Wonneproppen Leon triumphierend hin und her wiegte …
Zur Erklärung: Ich musste für diesen Plan natürlich Opfer bringen und in die Rolle einer Babysitterin schlüpfen. Ortrud hatte hierfür den Kontakt zu einer alleinerziehenden Mutter hergestellt, die dreimal pro Woche am frühen Abend putzen ging. Frau Kauritz war eine ausgesprochen
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