Rasant und Unwiderstehlich
zu. Sage drückte seine Hand, und er wurde von einem Delirium ergriffen, das er seit Ewigkeiten nicht mehr gespürt hatte und das ihn anfiel und verzehrte wie das Lagerfeuer.
22
Eine Waverly-Eule weiß, dass die Wahrheit manchmal wehtut
Jenny schaute sich suchend in der immer größer werdenden Menge um. Der Jungle Juice stieg ihr zu Kopf. Allmählich sah die Partymeute selbst wie ein loderndes Feuer aus: überall rot und gelb gekleidete Körper, ab und zu ein orangefarbenes ÜV-T-Shirt, angeleuchtet von den flackernden Flammen des Lagerfeuers. Sie konnte es kaum erwarten, Julian zu finden, und fühlte sich wohler als während der ganzen Woche bisher. Easy hatte sich entschuldigt. Ein Kuss von Julian würde die Krönung des Abends sein.
Dann entdeckte sie ihn, als er gerade auf eine Gruppe Squash-Leute zusteuerte. Sein halblanges Haar war frisch gewaschen und hinter die Ohren gestrichen. Er trug eine hellblaue Joggingjacke mit gelben Streifen von Adidas über seinem ÜV-Shirt, was Heath vermutlich gar nicht gefallen hätte. Allerdings war Heath nirgends zu sehen.
Sie winkte ihm und er lächelte und kam mit seinen langen Beinen rasch auf sie zu. Unterwegs trat er auf ein glühendes Holzstück, das aus dem Feuer geflogen war, und zermalmte es mit dem Schuh, bis von der Glut nur noch Rauch übrig war. »Das können wir gerade noch brauchen, was?«
»Stimmt.« Jenny lächelte. Sie wartete, während er den Becher in das Gefäß mit Jungle Juice tauchte und dann zu ihr an den Rand des Kraters trat. »Wie wär’s mit, äh, einem Waldspaziergang?«, fragte Julian. Die Flammen des Feuers warfen ihren Schein auf sein Gesicht, und seine niedliche Nase, die er einmal gebrochen hatte, trat deutlich hervor. Jenny hatte den Wunsch, sich vorzubeugen und sie zu küssen. Ein Waldspaziergang? Wollte er sofort mit ihr knutschen?
»Können wir erst noch ein bisschen hierbleiben?« Nicht dass ihr die Idee mit dem Küssen nicht gefiel, aber sie hatte sich so darauf gefreut, unter Leuten zu sein und zu zeigen, dass sie wieder jemanden hatte. Sie setzte sich auf einen der Baumstämme. Es war schwer, mit Julian zu reden, wenn sie beide standen, weil er um eeeeeetliches größer war als sie. Da tat ihr immer der Nacken weh.
»Na klar.« Julian setzte sich neben sie auf den Stamm, doch dann sah er sich nach allen Seiten um, als wolle er sichergehen, dass sie nicht beobachtet wurden. »Ehrlich gesagt, mir ist gar nicht nach Jungle Juice. Hab gehört, dass es in einem der Zelte Bier gibt. Hilfst du mir suchen?« Er stand abrupt wieder auf, und Jenny wunderte sich, warum er auf einmal so zappelig war.
»Klar, kein Problem.« Sie erhob sich und marschierte mit ihm los. »Übrigens, Chloe ist total in dich verliebt.« Sie konnte der Verlockung nicht widerstehen, ihm das zu erzählen. Nachdem sie Julian vor seinem Wohnhaus abgesetzt hatten, war aus Chloes Mund nur noch Julian, Julian, Julian geblubbert.
»Echt?« Julian sah ehrlich überrascht aus. Es gefiel Jenny, dass er gar nicht wusste, wie umwerfend er war. »Nur Pech, dass ich mehr auf etwas ältere Mädchen stehe.« Er hob anzüglich die Augenbrauen, obwohl Jenny den Eindruck hatte, dass sie einen Hauch von Nervosität in seiner Stimme wahrnahm.
Benny rauschte in vollem Tempo vorbei und kreischte vor Vergnügen, weil ihr Lon Baruzza hinterherrannte. Sie schmissen einen Turm aus leeren Plastikbechern um, den zwei Neuntklässlerinnen gebaut hatten, die gefährlich nah am Feuer saßen. Einer der Plastikbecher fiel in die Glut und fing zu schwelen an; sofort begann es, eklig nach brennendem Plastik zu stinken.
Julian ging voraus. Sie schauten in mehrere Zelte und störten Paare, die bereits mehr oder weniger unbekleidet waren, bis sie schließlich in einem »unbesetzten« Zelt mit verschieden großen Lavalampen die vier letzten Dosen Budweiser fanden.
»Irgendwo muss es auch Fässchen geben«, bemerkte Julian. Er zog die Ärmel seiner Joggingjacke über die Hände, um die eiskalten Dosen anzufassen, die in einem kleinen Kühler gestanden hatten.
Jenny nickte. Es konnte ja wirklich nicht sein, dass alle männlichen Schüler von Waverly Jungle Juice mochten. Sie hatte das Gefühl, dass Heath sein Gesöff nicht aus Liebe zu supersüßen Getränken mixte, sondern weil es die Mädchen schnell betrunken machte. »Mist, dass ich erst seit ein paar Wochen hier bin und du erst seit einem Jahr. Wir kennen die Geheimplätze für die Fässchen noch nicht«, sagte sie lächelnd. Irgendwie gefiel
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