Rashminder Tage 01 (German Edition)
niederkniete. Wollte der sich für das blaue Auge rächen, das Kaiden ihm verpasst hatte? Nein. Irgendjemand hatte Natt geheilt, sein Gesicht war unverletzt. Was wollte er also?
„Steh auf.“ Natt zerrte an ihm, bis Kaiden gehorchte und sich von Eryk löste. Er wurde schon wieder gepackt und verschleppt. Konnte man ihn denn nicht einfach in Ruhe lassen?
In Larks Küche hielt Natt an und zwang ihn, sich auf eine Bank an den Tisch zu setzen. Zusammengekauert hockte Kaiden da, starrte blicklos ins Leere, fuhr zusammen, als sich etwas Warmes in seine Finger schob.
Ein Holzbecher mit dampfend heißem Tee.
Der Geruch von Lindenblüten und Honig stieg in Kaidens Nase; aber erst, als sich Natt dicht neben ihm auf die Bank setzte, wurde ihm bewusst, dass Eryks Freund ihn wohl doch nicht zusammenschlagen wollte.
Verwirrt sah er hoch. Natt schaute ihn nicht an, reagierte allerdings auf die Bewegung an seiner Seite.
„Hat er dich verletzt?“, fragte er leise. „Körperlich, meine ich.“
Stumm schüttelte Kaiden den Kopf.
„Hör zu. Wir wissen fast gar nichts. Lark hatte einen Anfall von Unruhe und ist hinausgegangen, wo er Eryk gefunden hat. Das war verdammtes Glück, Eryk war schon blau gefroren und wäre ganz sicher gestorben, wenn er noch ein wenig länger da gelegen hätte. Da die Magie bereits weg war, konnte keiner sagen, was mit Eryk los ist. Jedenfalls, keiner bekommt ihn wach und er reagiert nicht einmal auf Schmerzreize.“
Er grinste, als Kaiden auffuhr.
„Keine Sorge, wir haben ihn nur ein bisschen gekniffen.
Danach hatte Lark den nächsten Anfall von Unruhe, auch ohne Magie sind seine Ahnungen sehr stark. Er murmelte was von Naxander, ist verschwunden und keine zwei Minuten später ist er mit dir hier erschienen. Lark sagt, dass er Naxanders Präsenz gespürt hat, und dass du in Gefahr gewesen bist.“
Kaiden nickte. Es war gut, Eryk in Sicherheit zu wissen. Er stellte den Becher vorsichtig auf den Tisch, als ihm die Hitze an den Fingern bewusst wurde.
„Was weißt du, Kleiner? Hat er Eryk verflucht? Was hat er mit dir angestellt? Was hat er vor?“
Kaiden schüttelte nur den Kopf. Ohne Magie konnte niemand etwas tun. Ausgeschlossen, den anderen zu erzählen, was er zugelassen hatte. Was würde Eryk sagen, wenn er …
Natt packte ihn an den Schultern, riss ihn hoch und schüttelte Kaiden durch.
„Rede schon! Er hat dich gevögelt, oder? Wir wissen, dass er dich begehrt.“
Erschrocken starrte Kaiden ihn an, bevor er versuchte, sich in Trance zu flüchten. Das hier war schmerzhaft, und er wollte im Moment keinen Schmerz mehr ertragen. Er wollte …
Eine Ohrfeige traf ihn hart, und noch eine.
„Rede!“
Kaiden versuchte sich vor weiteren Schlägen zu schützen, sah dann aber, wie Natt die erhobene Hand sinken ließ. Seufzend musterte ihn der junge Mann mit den sanften dunklen Augen. Unvermittelt zog er Kaiden an sich und hielt ihn fest. Jeder einzelne Muskel in Kaidens Leib spannte sich an, doch Natt hielt ihn bloß im Arm, zu fest, als dass ein Entkommen möglich wäre, locker genug, um sich nicht als Gefangener zu fühlen.
„Ganz ruhig“, sagte er leise mehrmals hintereinander. So wild, wie sein Herz unter Kaidens Wange schlug, war unklar, ob Natt ihn oder sich selbst beruhigen wollte. So standen sie da, bis Kaiden sich langsam entspannte.
„Es tut mir leid, ich will dir nicht weh tun“, sagte Natt, weiterhin schwer atmend. „Ich habe Angst, meinen besten Freund zu verlieren, den ich gerade erst zurückbekommen habe, verstehst du? Jahrelang habe ich mitangesehen, wie er sich mit dir ein glückliches Leben aufgebaut hat. Wie er eine nützliche Aufgabe für sich gefunden hat, mit der er anderen Menschen helfen kann, ohne sich selbst allzu sehr in Gefahr zu bringen. Wir haben euch beobachtet, vor allem, als Naxander auf dich aufmerksam wurde. Ich weiß, was ihr beide unter diesem Schwein erdulden musstet. Ich weiß, dass ihr dadurch erst zusammengekommen seid …
Eryk war und ist für mich ein Bruder, kein Geliebter. Ich will euch nicht auseinanderbringen. Aber ich will ihn auch nicht wieder verlieren.“
Kraftlos ließ Kaiden sich halten. Natt war nicht abstoßend. Nichts an ihm erinnerte an Naxander. Er umarmte ihn, ohne ihn beherrschen zu wollen, und ohne jedes Begehren. Das konnte er ertragen.
„Lark spricht davon, dass er Eryk eventuell umbringen muss, sollte es Naxander gelungen sein, irgendwie in dessen Kopf einzubrechen. Lass das nicht zu, Kaiden. Sag mir, was du
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