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Rasterfrau: Knobels achter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Rasterfrau: Knobels achter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Titel: Rasterfrau: Knobels achter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Erfmeyer
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darüber nach, lieber Knobel. Ein Thema könnte vielleicht sein: Klug und dumm – die deutsche Gesellschaft am Scheideweg.«
    »Verstehe ich nicht«, gestand Stephan.
    »Das Thema eilt ja nicht, Herr Knobel. Ich helfe Ihnen. Sie müssen eine Marke setzen, Knobel! Ein Weichspülthema, eingehüllt in sozialromantische Federwölkchen, hat kein Feuer. Sie müssen polarisieren, Knobel!«
    »Eigentlich möchte ich Sie noch einmal in der Sache Wendel sprechen«, wechselte Stephan das Thema.
    »Sie haben also neue Erkenntnisse«, nahm Trost vorweg.
    »Ja und nein«, antwortete Stephan. »Es geht zunächst um die Zeit, die Wendel und Michelle Crouchford benötigt haben, um von dem Café bis zu der Stelle zu gelangen, wo der Vergewaltigungsversuch stattgefunden haben soll. Die Darstellung der Frau Crouchford ist unglaubhaft. Sie passt nicht, selbst wenn man zugunsten des von ihr geschilderten Geschehensablaufs zeitlich großzügig rechnet. Marie und ich sind uns sicher, dass die beiden nicht – wie sie es behauptet – langsamen oder normalen Schrittes gegangen sind. Sie müssen gelaufen oder zumindest sehr schnell gegangen sein.«
    Stephan erklärte Trost, welche Berechnung er mit Marie angestellt hatte.
    Trost schwieg zunächst.
    »Würde das denn etwas ändern, Herr Knobel?«, fragte er schließlich.
    »Wenn Wendels Schilderung der Wahrheit entspricht, dann ist es durchaus möglich, dass Michelle Crouchford nach der kurzen verletzungsbedingten Pause wieder gelaufen ist und eben doch verschwitzt war. Dann ist man nicht ruhig nebeneinander hergegangen. Und wenn sich die Geschichte bereits an dieser Stelle dreht, dann ist auch die gesamte bisherige Deutung des wesentlichen Geschehensablaufs infrage zu stellen.«
    »Sind Sie wirklich davon überzeugt?«
    »Ja«, bekräftigte Stephan. »Denn wenn Michelle Crouchford darüber getäuscht hat, wie man den Weg im Park zurückgelegt hat, dann macht diese Lüge nur Sinn, wenn sie auch darüber täuschen will, wer wen hinter dem Gebüsch verführt hat. Hat Wendel sie aber gar nicht zu vergewaltigen versucht, dann wäre ein Ruf des Rentners Gossmann völlig uninteressant für Wendel gewesen. Es hätte doch überhaupt keine Tat vorgelegen, deretwegen Wendel den Rentner hätte erschlagen müssen, um die vermeintliche Vergewaltigung zu vertuschen.«
    »Das bleibt theoretisch«, gab Trost entschieden zurück. »Vielleicht sind die beiden tatsächlich gelaufen und Wendel fühlte sich vom Schweißgeruch der Zeugin animiert.«
    »Was Frau Crouchford aber nicht aussagen konnte, weil diese Darstellung nicht dazu passt, dass sie wegen der Verletzung nicht laufen konnte«, hielt Stephan entgegen.
    »Das überzeugt nicht«, sagte Trost.
    »Weil …«, provozierte Stephan.
    »Weil Wendel die Flasche in der Hand gehabt hat«, erklärte Trost geduldig. »Das ist doch der Kern des Ganzen. Und damit steht im Rückschluss fest, dass der zeitliche Ablauf, den Sie rekonstruiert haben, fehlerhaft ist.«
    »Als Verteidiger hätten Sie hier eine Chance gehabt«, war sich Stephan sicher.
    »Die Flasche«, antwortete Trost trocken.
    »Ist denn der Geschehensablauf nach dem zufälligen Zusammentreffen im oder vor dem Café nachvollzogen worden?«, wollte Stephan wissen.
    »Ich gebe zu, dass das Urteil des Landgerichts in dieser Hinsicht etwas dünn ausgefallen ist. Das ist jedoch erklärlich, weil das Schwurgericht letztlich erkannt hat, dass es auf dieses Detail nicht entscheidend ankommt. Aber man hat in der Tat Wendels Einlassung auch unter diesem Aspekt eingehend überprüft. Und wie Sie hat die Staatsanwaltschaft den gemeinsamen Weg von Wendel und Michelle nachvollzogen und im Versuch nachgestellt. Faktum ist, dass Michelle Crouchford am linken Knie eine sehr große und am rechten Knie eine kleinere Schürfwunde erlitten hat, als sie vor dem Café stürzte. Sie ist aus dem Lauf heraus auf den Asphalt geschlagen. Nachdem Wendel von ihr abgelassen hatte und es ihr gelang, davonzulaufen, hat sie – wie die Zeugen bestätigt haben – zunächst nach ärztlicher Versorgung wegen ihrer Knie gebeten. In den Schürfwunden befanden sich Dreck und kleine Steinchen, wie sich auch auf dem asphaltierten Weg vor dem Café befinden. Es sind Steinchen, die von den Spaziergängern mitgetragen werden, die vom Park kommen, denn der Asphalt endet einige Meter hinter dem Café. Ab dort weist der Weg nur eine Schicht aus befestigtem Splitt auf, der offensichtlich in den Profilsohlen der von dort kommenden Parkbesucher klemmt

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