Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ratgeber & Regenten 02 - Das Wehr

Ratgeber & Regenten 02 - Das Wehr

Titel: Ratgeber & Regenten 02 - Das Wehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elaine Cunningham
Vom Netzwerk:
Stelle die Wahrheit meiner Behauptung auf die Probe.«
    Die Schamanin streckte den Arm aus und berührte zaghaft das weiche, vergilbte Leder Einbands. Ihr Gesicht wurde blaß, als sie eine Wahrheit erfaßte, die sie nicht erwartet hatte. Sie zog ruckartig die Hand von dem düsteren Buch zurück und strich in einer beruhigenden, traurigen Liebkosung darüber.
    »Filora«, sagte sie mit gebrochener Stimme. »Meine Schwester.«
    Wut zeichnete sich auf Kivas Gesicht ab. Ob sie echt oder nur gespielt war, konnte Andris nicht sagen. »Das wußte ich nicht, Cibrone. Aber ich sehe, daß wenigstens du mich verstehst. Du weißt, was der Nekromant getan hat. Früher oder später wird Akhlaur sich aus seinem Gefängnis befreien. Er hat bereits herausgefunden, wie er eines seiner Monster durch das Wehr schicken kann. Wußtest du, daß der Laraken in die Welt des Wassers entkam? Daß Akhlaur dem Laraken alle Magie abnehmen kann, die dieses Monstrum an sich reißt? Kannst du dir vorstellen, wie schnell seine Macht wachsen wird?«
    »Akhlaur muß aufgehalten werden«, fuhr sie fort. »Hier und jetzt. Zweihundert Jahre lang habe ich seine Magie studiert. Ich weiß, wie er besiegt werden kann, und ich glaube, daß ich es auch schaffen kann, wenn wir uns alle beeilen. Wenn ich scheitere, was verliert ihr schon? Ihr werdet nicht übermäßig um mich trauern.«
    Die Elfen überlegten und diskutierten die Angelegenheit in ihrer ausgefeilten lautlosen Sprache.
    »Wir werden gehen«, sagte Nadage schließlich. »Dieses Übel muß aufgehalten werden. Doch laß dir gesagt sein, Kiva: Wenn du wieder das Blut Unschuldiger vergießt oder das Volk unnötig in Gefahr bringst, wirst du den Sumpf niemals verlassen.«
    »So sei es. Bereite deine Krieger vor, und bring die Undine mit.
    Das überraschte den Anführer. »Warum das?«
    »Akhlaurs Turm liegt tief unter Wasser. Die Undine kann von dort die Schätze bergen, die ich benötige, um Akhlaur folgen und ihn besiegen zu können.«
    »Ich werde sie fragen«, sagte Nadage zögernd. »Aber ich werde sie nicht bitten, dir in die Welt des Wassers zu folgen.«
    »Das würde ich auch nicht! Sie ist ein magisches Geschöpf. Der Laraken lebt dort. Er würde ihren sofortigen Tod bedeuten.
    Nadage nickte. Die Elfen verschwanden zwischen den Bäumen. Andris und Kiva verbrachten diesen und fast den gesamten nächsten Tag mit Warten, ehe die Gruppe zusammen mit der Undine eintraf – einem schlanken Mädchen mit weißer Haut und rabenschwarzem Haar, das ein wunderschönes, altersloses Gesicht einrahmte. Kleine, zarte Flügel, geformt wie die eines Eisvogels, umgaben ihre Schultern. Andris erkannte die erbärmliche, leidende Gestalt kaum wieder, die sie aus dem Wasser des Spiegels der Herrin geholt hatten. Als er sie jetzt sah, verstand er, warum die Pilger, die ihr Gesicht im Wasser gesehen hatten, glaubten, in das Angesicht der Göttin geblickt zu haben.
    Doch je länger der Marsch zum Sumpf dauerte, um so mehr verblaßte die Schönheit der Undine. Die Elfen bewegten sich behende und kamen schneller voran, als Andris es für möglich gehalten hätte. Er hielt sich selbst für stark und durchtrainiert, doch er hatte Schwierigkeiten, mit ihrem Tempo mitzuhalten. Für die Undine war es eine brutale Strapaze. Jedesmal, wenn Andris nach ihr sah, wirkte sie dünner und noch zerbrechlicher.
    Als sie in Akhlaurs Sumpf eindrangen, machte sich unter den Elfen eine bedrückte Stimmung breit. Die Luft war modrig wie in einem offenen Grab. Als sie sich zwischen moosbewachsenen Bäumen hindurch ihren Weg bahnten, strichen die langen Fäden über sie hinweg wie leblose Finger. Die Elfen trauerten um jeden Kristallgeist, an dem sie vorüberkamen. Kiva drängte sie zum Weitergehen, woraufhin die Elfen nach einer Weile dazu übergingen, ihre Trauerlieder zum Takt ihrer Schritte zu singen wie einen klagenden Marsch.
    Auch Andris sah sich mit seinen Toten konfrontiert. Am zweiten Tag ihres Marschs durch den Sumpf erreichten sie jene Stelle, an der sie gegen den Laraken gekämpft hatten.
    Der Dschungel hatte bereits begonnen, das Schlachtfeld für sich zurückzuerobern. Das Laub, das von Tzigones und Kivas Feuerbällen versengt worden war, wuchs wieder nach und schloß die entstandenen Wunden. Blühende Ranken wanden sich um den leeren Brustkorbs des Löwenzentaurs, der gestorben war, als er seine Elfenherrin hatte beschützen wollen. Andris war dankbar dafür, daß er die Knochen seiner Kameraden nicht sehen mußte. Da sie keine

Weitere Kostenlose Bücher