Ratgeber & Regenten 03 - Der Krieg der Magier
in dem eine Reihe Tische standen. Auf jedem von ihnen fand sich die detaillierte Nachbildung verschiedener Terrains, auf denen historische Schlachten stattgefunden hatten. Er trat zu dem Tisch, der die nördliche Gebirgsregion zeigt, die als Nath bekannt und in der der Sieg über die Crinti errungen worden war.
Auf einen Befehl Procopios hin öffneten sich Schubladen auf allen Seiten des Tisches. Tausende kleiner animierter Figuren sprangen heraus und zogen in die Schlacht. Winzige Himmelsschiffe zogen über das Tal, das überquoll vor Miniaturkriegern, die alle in verbissenen Nahkampf verwickelt waren. Farbige Blitze schossen von den Himmelsschiffen ins Tal. Basel riß die Augen auf, als er ein winziges Schiff mit farbenfrohen Segeln entdeckte, die üppige geflügelte Elfen in recht unbekleidetem Zustand zeigten.
»Ja, das ist wirklich die Avariel «, versicherte Procopio ihm. »Du siehst vor dir die Schlacht, die wir erst vor kurzem ausgetragen haben. Mit diesen Tischen, diesen Spielzeugen, kann ich jede Schlacht immer wieder durchspielen und dabei unterschiedlichste Strategien und Szenarien testen. Über die Jahre habe ich dadurch viel gelernt.«
Procopio Septus nahm einen Stab von seinem Gürtel und bewegte ihn über den Tisch. Einige Figuren schmolzen, andere nahmen ihren Platz ein. Viele der Gestalten waren kleine graue Kriegerinnen.
»Crinti«, bestätigte er und bemerkte Basel Indoulurs nachdenkliches Nicken. »Ihnen gilt mein besonderes Interesse. Soweit ich weiß, hat sich niemand sonst so intensiv mit den Schattenamazonen beschäftigt.«
»Dein Wissen über die Crinti hat in deinem Interesse an Kriegsspielen seinen Ursprung?«
»Kaum eine meiner Entscheidung treffe ich nach dem Zufallsprinzip, mein lieber Basel«, sagte Procopio und unterstrich seine Worte mit einem herablassenden Lächeln. »Du vergißt, daß ich Erkenntniszauberer bin. Es ist meine Kunst, die Dinge zu sehen, die ein anderer Mann nicht sieht.«
Wie die Basels hatten auch seine Worte etwas Warnendes. Der Beschwörer lachte leise und klopfte Procopio auf den Rücken, als gratuliere er einem alten Freund, der einen Witz besonders gut erzählt hatte.
»Ja, das sagst du immer wieder«, meinte er jovial. »Du bist dich in einer guten Position. Wenn niemand sonst all die Geheimnisse sehen kann, auf die du anspielst, wer sollte da schon deine Behauptungen anzweifeln können?«
Procopio reagierte mit einem flüchtigen Lächeln, konnte sich aber nicht dazu durchringen, während der restlichen Unterhaltung mehr als knappe Antworten zu geben. Schließlich durchdrang sein Mangel an Höflichkeit den dicken Panzer, den Basel Indoulur um sich gelegt hatte. Dann machte sich der stämmige Kerl auf den Weg, um einem anderen auf die Nerven zu gehen.
Der Erkenntniszauberer ging in sein Arbeitszimmer. In einer Hand hielt er eine strahlend gelbe Perle, die bis vor wenigen Augenblicken noch einen von Basels zahllosen Zöpfen geziert hatte. Ein einfacher Zauber hatte sie gelöst, ein weiterer hatte sie in Procopios Hand gebracht. Anhand dieses persönlichen Gegenstands würde er in kürzester Zeit Basel Indoulurs Geheimnisse in Erfahrung bringen.
Procopio verbrachte den restlichen Nachmittag in wachsender Frustration, während er etwas suchte, das er gegen seinen Widersacher benutzen könnte. Basel hatte weder Feinde, noch hegte jemand einen Groll gegen ihn. In seiner Kugel des Sehens ließ Procopio Bilder des ehemaligen Schülers Indoulurs entstehen. Sobald er sie an ihren ehemaligen Meister denken ließ, zeichnete sich auf ihrem Gesicht ein Lächeln ab. Das gleiche galt für seine Diener, die städtischen Bediensteten, seine Kollegen. Es schien, als sei außer Procopio niemand von denen, die mit Basel Umgang hatten, gegen diesen Mann eingestellt.
Dann hatte er eine Idee. Procopio bündelte seine eigene Abneigung in gerichtete Energie, die er als blauschwarze Kugel losschickte, um überall in Halruaa nach einem Spiegelbild zu suchen. Als sich die Kugel zu lichten begann und sich eine Geschichte vor Procopios Augen abspielte, mußte er lächeln.
So unmöglich es auch schien, aber es gab tatsächlich jemanden, der Basel Indoulur noch mehr haßte als er selbst.
* * *
Nach jedem Sieg wird ebenso getrauert wie gefeiert. Ein großer Teil der Trauer in Halruaa fand Ausdruck in einem großartigen, ernsten Ritual, doch überall im Land wurden auch im privaten Kreis Tränen vergossen und Schwüre ausgesprochen.
Eine der schönsten alten Villen in Halarahh
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