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Rattenkoenig

Rattenkoenig

Titel: Rattenkoenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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hin.«
    »Glauben Sie, daß irgendwo etwas durchgesickert ist – daß jemand uns verpfiffen hat?«
    »Könnte sein. Vielleicht ist es auch nur Zufall.« Der King biß sich wütend auf die Lippen.
    »Wie wäre es mit der Latrinengegend?«
    »Zu gefährlich.«
    Sie warteten. Dann sahen sie Grey noch einmal über den Zaun hinweg zu ihnen hinsehen und davongehen. Sie beobachteten ihn, bis er hinter der Gefängnismauer verschwunden war.
    »Könnte ein Trick sein«, erklärte der King. »Wir wollen ihm ein paar Minuten Zeit lassen.«
    Die Sekunden dehnten sich zu Stunden, der Himmel wurde immer heller, und die Schatten begannen sich aufzulösen. Jetzt war niemand in der Nähe des Zauns, niemand in Sicht.
    »Jetzt oder nie, kommen Sie.«
    Sie liefen auf den Zaun zu; in Sekundenschnelle waren sie unter dem Zaun durch und im Graben.
    »Sie gehen zur Baracke, Rajah. Ich warte hier.«
    Trotz seiner Größe war der King behende, und er legte die Strecke zu seiner Baracke schnell zurück. Peter Marlowe stieg aus dem Graben. Irgend etwas in ihm drängte ihn, sich auf den Grabenrand zu setzen und über den Zaun hinweg ins Freie zu sehen. Dann sah er aus dem Augenwinkel heraus Grey um die Ecke biegen und stehenbleiben. Er wußte, daß er sofort entdeckt worden war.
    »Marlowe.«
    »Ach, hallo, Grey. Können Sie auch nicht schlafen?« fragte er und streckte sich.
    »Wie lange sitzen Sie schon hier?«
    »Ein paar Minuten. Ich bin vom Gehen müde geworden und ruhe mich etwas aus.«
    »Wo ist Ihr Kumpan?«
    »Wer?«
    »Der Amerikaner«, höhnte Grey.
    »Keine Ahnung. Vermutlich pennt er.«
    Grey sah auf die Kleidung in chinesischer Machart. Die weite, tunikaähnliche Jacke war an den Schultern aufgerissen und naß von Schweiß. Schlamm und Laubfetzen klebten auf Bauch und Knien. Ein Schlammstreifen im Gesicht.
    »Wie sind Sie denn so schmutzig geworden? Und warum schwitzen Sie so? Was haben Sie vor?«
    »Ich bin schmutzig, weil – ein wenig ehrlicher Schmutz ist nichts Schlimmes. Es ist nichts so herrlich«, sagte Peter Marlowe, während er aufstand und Knie und Sitzfläche seiner Hose abklopfte, »wie das Sauberkeitsgefühl, nachdem man sich den Schmutz abgewaschen hat. Und ich schwitze, weil Sie schwitzen. Sie kennen das doch, Tropen, Hitze und so!«
    »Was haben Sie in den Taschen?«
    »Nur weil Sie ein argwöhnisches Käfergehirn haben, heißt das noch lange nicht, daß jeder Schmuggelware mit sich herumschleppt. Es gibt kein Gesetz, das einem das Spazierengehen im Lager verbietet, wenn man nicht schlafen kann.«
    »Stimmt«, erwiderte Grey, »aber es gibt ein Gesetz, das das Herumspazieren außerhalb des Lagers verbietet.«
    Peter Marlowe sah ihn gelassen an, fühlte sich aber keineswegs gelassen und versuchte zu ergründen, was dieser verdammte Grey meinte. Wußte er es? »Man müßte ja ein Idiot sein, wenn man das versuchen würde.«
    »Jawohl.« Grey blickte ihn lange und hart an. Dann wandte er sich schnell um und ging davon.
    Peter Marlowe starrte hinter ihm her. Dann drehte er sich um, ging in die entgegengesetzte Richtung und sah nicht ein einziges Mal zur amerikanischen Baracke hinüber. Heute sollte Mac aus dem Lazarett entlassen werden. Peter Marlowe lächelte, als er an das Willkommensgeschenk dachte.
    Von der Geborgenheit seines Bettes aus sah der King Peter Marlowe davongehen. Dann richtete er den Blick auf Grey, den Feind, der aufrecht und bösartig im heller werdenden Licht stand.
    Dünn wie ein Skelett, zerfetzte Hosen, grobe Holzpantinen, ohne Hemd, seine Armbinde, seine fadenscheinige Panzermütze. Ein Sonnenstrahl ließ das Regimentsabzeichen auf der Mütze funkeln und verwandelte es aus einem Nichts in flüssiges Gold.
    Wieviel weißt du, Grey, du verdammter Hund? fragte sich der King.

15
    E s war kurz nach dem Morgengrauen.
    Peter Marlowe lag halb eingeschlafen auf seinem Bett.
    War es ein Traum? fragte er sich und war plötzlich hellwach. Dann berührten seine vorsichtig tastenden Finger den kleinen Stoffetzen, der den Kondensator enthielt, und er erkannte, daß es kein Traum gewesen war.
    Ewart warf sich im oberen Bett herum und erwachte stöhnend, »'mahlu auf die Nacht«, sagte er, als er die Beine über den Bettrand hängte.
    Peter Marlowe erinnerte sich, daß seine Einheit an der Reihe war für das Latrinenkommando. Er ging aus der Baracke und rüttelte Larkin wach.
    »He? Ach Sie, Peter«, sagte Larkin noch halb schlafend. »Was ist los?«
    Es fiel Peter Marlowe schwer, nicht gleich mit der

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