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Rattenkoenig

Rattenkoenig

Titel: Rattenkoenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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das Messer abgefangen hätten, wäre ich geliefert gewesen.«
    »Schon gut. Reflexbewegung. Was fangen wir mit ihm an?«
    »Wir holen einen Arzt. Er hat nur einen Anfall gehabt, weiter nichts. Von Messer keine Rede.« Peter Marlowe rieb sich die Streifwunde am Bauch und sah, wie Max sich krampfartig aufbäumte. »Armer Teufel!«
    »Gott sei Dank hast du ihn festhalten können, Tex«, sagte Dino. »Mir bricht jetzt noch der Schweiß aus, wenn ich daran denke.«
    Peter Marlowe sah zu des King Ecke hinüber. Sie wirkte sehr einsam. Unbewußt bewegte er die Finger und den Arm und freute sich am Vollgefühl von dessen Kraft.
    »Wie geht es ihm, Peter?« fragte Tex.
    Peter brauchte lange Zeit, bis er die richtigen Worte fand. »Er lebt, Tex, er lebt – und ist nicht tot.« Dann wandte er sich um und ging aus der Baracke in die Sonne hinaus.
    Als er den King endlich fand, war die Abenddämmerung schon hereingebrochen. Der King saß in dem nach Norden gelegenen Gemüsegarten auf dem Stumpf einer Kokospalme und war halb von Ranken verborgen. Er starrte düster auf das Lager und gab kein Zeichen, daß er Peter Marlowe kommen hörte.
    »Hallo, alter Knabe«, rief Peter Marlowe freudig, aber die Wiedersehensfreude in ihm erstarb, als er des King Augen sah.
    »Was wünschen Sie, Sir?« fragte der King in beleidigendem Ton.
    »Ich wollte mit Ihnen reden. Wollte Sie besuchen.« Oh, mein Gott, dachte er voll Mitleid, als er seinen Freund durchschaute.
    »Na, jetzt haben Sie mich besucht. Und was jetzt?« Der King kehrte ihm den Rücken zu. »Verschwinden Sie!«
    »Ich bin Ihr Freund, erinnern Sie sich?«
    »Ich habe keine Freunde. Verschwinden Sie!«
    Peter Marlowe hockte sich neben dem Kokosstumpf nieder und fischte nach den beiden ›Aktiven‹ in seiner Tasche. »Rauchen Sie. Ich habe sie von Shagata bekommen!«
    »Rauchen Sie sie selbst, Sir!«
    Einen Augenblick wünschte Peter Marlowe, er hätte den King nicht gefunden. Aber er ging nicht weg. Sorgfältig zündete er die beiden Zigaretten an und hielt eine dem King hin. Der King machte keine Anstalten, sie zu nehmen.
    »Bitte, nehmen Sie sie.«
    Der King schlug ihm die Zigarette aus der Hand. »Zum Teufel mit Ihnen und Ihrer gottverdammten Zigarette. Wollen Sie hierbleiben? Na gut!« Er stand auf und wollte davongehen.
    Peter Marlowe packte ihn am Arm. »Warten Sie. Heute ist der größte Tag in unserem Leben. Verderben Sie ihn nicht, nur weil Ihre Leute ein bißchen gedankenlos waren.«
    »Nehmen Sie die Hand weg«, preßte der King zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, »sonst schlag ich sie weg!«
    »Kümmern Sie sich nicht um die andern«, sagte Peter Marlowe, und die Worte begannen aus ihm herauszusprudeln. »Der Krieg ist vorbei, das ist das Wichtigste. Er ist vorbei, und wir haben überlebt. Denken Sie noch daran, was Sie mir immer wieder eingehämmert haben? Daß ich zuerst für mich sorgen soll? Na, es geht Ihnen doch gut! Sie haben es überstanden! Was spielt es da für eine Rolle, was die andern sagen?«
    »Verdammt, die andern sind mir völlig egal! Die haben nichts damit zu tun. Und Sie sind mir so egal wie nur was!« Der King riß seinen Arm los.
    Peter Marlowe starrte den King hilflos an. »Ich bin Ihr Freund, verdammt. Lassen Sie mich Ihnen helfen.«
    »Ich brauche Ihre Hilfe nicht!«
    »Ich weiß. Aber ich möchte, daß wir Freunde bleiben. Sehen Sie«, fuhr er fort, »Sie werden bald zu Hause sein …«
    »Verdammt, das werde ich eben nicht«, unterbrach ihn der King, und das Blut rauschte ihm in den Ohren. »Ich habe kein Zuhause!«
    Der Wind raschelte in den Blättern. Grillen zirpten eintönig. Moskitos umschwärmten sie. Die Barackenlichter begannen scharfe Schatten zu werfen, und der Mond schwamm auf einem samtenen Himmel.
    »Machen Sie sich keine Sorgen, alter Junge«, sagte Peter Marlowe mitfühlend. »Es kommt schon alles in Ordnung.« Er zuckte nicht vor der Furcht zurück, die er in des King Augen sah.
    »Wirklich?« fragte der King gequält.
    »Ja.« Peter Marlowe zögerte. »Ihnen tut es leid, daß es vorbei ist, nicht wahr?«
    »Lassen Sie mich in Ruhe. Gottverdammt, lassen Sie mich in Ruhe!« schrie der King, wandte sich ab und setzte sich auf den Kokosstumpf.
    »Sie werden schon klarkommen«, sagte Peter Marlowe. »Und ich bin Ihr Freund. Vergessen Sie das nie.« Er streckte die linke Hand aus und berührte den King an der Schulter, und er spürte, wie die Schulter bei seiner Berührung wegzuckte.
    »Nacht, alter Freund«, sagte er

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