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Rattenkoenig

Rattenkoenig

Titel: Rattenkoenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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Wochen vorher waren die Lagerrationen erneut herabgesetzt worden, deshalb hatte Larkin ihn verkauft. Aber nicht durch den King. Durch einen seiner eigenen Leute, durch Tiny Timsen, den Aussie-Händler. Mit dem Geld hatte er bei dem chinesischen Händler, der von den Japanern die Lagerkonzession bekommen hatte, vier Hühner gekauft und dazu noch zwei Dosen Sardinen, zwei Büchsen Kondensmilch und einen Liter orangefarbenes Palmöl.
    Die Hühner waren gut und legten ihre Eier pünktlich. Aber eines davon starb, und die Männer aßen es. Sie hoben die Knochen auf und steckten sie zusammen mit den Eingeweiden und den Füßen und dem Kopf und dem grünen Papaya, den Mac bei einem Arbeitskommando gestohlen hatte, in einen Topf und machten ein Eintopfgericht. Eine ganze Woche lang waren ihnen ihre Körper rosig und sauber vorgekommen.
    Larkin hatte an dem Tag, an dem sie die Hühner und die Vorräte gekauft hatten, eine Büchse Kondensmilch geöffnet. Jeder hatte, solange sie reichte, einmal am Tag einen Löffel voll bekommen. Die Kondensmilch verdarb nicht in der Hitze. An dem Tag, als es nichts mehr zu löffeln gab, hatten sie die Büchse ausgekocht und die Flüssigkeit getrunken. Sie schmeckte sehr gut.
    Die beiden Dosen Sardinen und die letzte Büchse Kondensmilch waren die Reserve der Einheit. Für den Fall, daß ihnen das Glück einmal einen ganz bösen Streich spielte. Die Büchsen wurden in einem Versteck aufbewahrt, das fortwährend von einem der Einheit bewacht wurde.
    Peter Marlowe blickte sich um, bevor er das Schloß am Hühnerkäfig öffnete, und vergewisserte sich, daß auch niemand in der Nähe war, der sehen konnte, wie das Schloß funktionierte. Er öffnete die Tür und sah zwei Eier.
    »Bravo, Nonya«, sagte er sanft zu ihrer Preishenne, »ich werde dich nicht anrühren.«
    Nonya saß auf einem Nest von sieben Eiern. Die Einheit hatte große Willenskraft aufgebracht, die Eier unter ihr liegenzulassen, aber wenn sie Glück hatten und sieben Küken bekamen, und wenn die sieben Küken lange genug lebten, um zu Hühnern oder zu Hähnen heranzuwachsen, dann würden sie eine gewaltige Schar besitzen. Dann konnten sie immer eine der Hennen entbehren, um sie auf einer Brut sitzen zu lassen. Und sie würden sich nie vor der Krankenstation 6 fürchten müssen.
    Krankenstation 6 beherbergte die Blinden, die durch Beriberi erblindeten Männer.
    Jede Vitaminstärkung war ein Zaubermittel gegen diese fortwährende Bedrohung, und Eier waren eine gewaltige Quelle der Stärkung, für gewöhnlich die einzige, die verfügbar war. So kam es, daß der Lagerkommandant vom Allerhöchsten mehr erbettelte und erfluchte und verlangte. Aber meistens gab es nur ein Ei je Mann und Woche. Einige der Männer erhielten jeden Tag ein Extra-Ei, aber dann war es gewöhnlich schon zu spät.
    So kam es, daß die Hühner Tag und Nacht von einer Offizierswache bewacht wurden. So kam es, daß es ein großes Verbrechen war, ein Huhn anzurühren, das dem Lager oder einem anderen gehörte. Einmal war ein Mann mit einem erwürgten Huhn in der Hand erwischt und von denen, die ihn gefangen hatten, totgeschlagen worden. Die Behörden entschieden, daß es vertretbarer Totschlag gewesen war.
    Peter Marlowe stand am Ende seines Auslaufs und bewunderte die Hühner des King. Es waren sieben, plump und geradezu Riesen im Vergleich mit den übrigen. Im Auslauf befand sich ein Hahn, der Stolz des Lagers. Sein Name war ›Sonnenuntergang‹. Aus seinem Samen wuchsen schöne Söhne und Töchter heran, und alle konnten ihn zum Decken bekommen. Zu einem Preis: erste Wahl der Brut.
    Selbst die Hühner des King waren unverletzlich und wurden genauso bewacht wie die übrigen.
    Peter Marlowe beobachtete, wie ›Sonnenuntergang‹ auf eine Henne sprang und sie in den Staub drückte. Die Henne erhob sich aus dem Staub und lief gackernd herum und hackte zum Ausgleich auf eine andere Henne ein. Peter Marlowe verachtete sich selbst, daß er zusah. Er wußte, daß es Schwäche war. Er wußte, daß er an N'ai denken würde, und dann würden ihn die Lenden schmerzen.
    Er ging zum Hühnerhaus zurück und prüfte, ob das Schloß auch fest war, und ging weg, und auf dem ganzen Weg zum Bungalow zurück hielt er vorsichtig die beiden Eier vor sich.
    »Peter, alter Affe«, grinste Mac, »heute ist unser Glückstag!«
    Peter Marlowe angelte die Packung Kooa heraus und teilte die Zigaretten durch drei. »Um die beiden übrigen wird geknobelt.«
    »Nehmen Sie sie, Peter«, wehrte

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