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Raum

Raum

Titel: Raum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Donoghue
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Riesenfortschritte«, sagt die Frau mit den plusterigen Haaren. »Eben sagten Sie, Jack sei einfacher zu ›kontrollieren‹ gewesen, als Sie in Gefangenschaft waren …«
    »Nein, unsere Welt war einfacher zu kontrollieren.«
    »Da müssen Sie ja jetzt – verständlicherweise – ein fast krankhaftes Bedürfnis haben, Jack vor der Welt zu beschützen.«
    »Stimmt. Wie bei Müttern üblich.« Ma faucht beinahe.
    »Vermissen Sie es vielleicht in mancher Hinsicht auch, dass Sie nicht mehr hinter einer verschlossenen Tür leben?«
    Ma dreht sich zu Morris um. »Hat die das Recht, mir dermaßen bescheuerte Fragen zu stellen?«
    Die Frau mit den plusterigen Haaren streckt ihre Hand aus, und eine andere Person gibt ihr eine Flasche Wasser, sie trinkt ein Schlückchen.
    Dr. Clay hebt die Hände hoch. »Wenn Sie gestatten … ich glaube, wir können alle sehen, dass meine Patientin am Ende ihrer Kraft ist, eigentlich schon darüber hinaus.«
    »Wenn Sie eine Pause benötigen, können wir später weiter aufzeichnen«, sagt die Frau zu Ma.
    Ma schüttelt den Kopf. »Bringen wir es einfach hinter uns.«
    »Nun gut«, sagt die Frau mit noch so einem breiten Grinsen, das so unecht ist wie das von einem Roboter. »Auf einen Punkt würde ich gern noch einmal zurückkommen, wenn Sie gestatten. Als Jack geboren wurde … ein paar unserer Zuschauer haben sich gefragt, ob es Ihnen eigentlich nie in den Sinn gekommen ist …«
    »Was? Ihm ein Kissen aufs Gesicht zu drücken?«
    Meint Ma etwa mich? Kissen gehören doch unters Gesicht!
    »Nein, aber ihn vielleicht vor einem Krankenhaus ablegen zu lassen, damit jemand ihn adoptieren konnte. Das Glück hatten Sie selbst doch auch, wenn ich richtig informiert bin.«
    Ich kann sehen, wie Ma schluckt. »Warum hätte ich das tun sollen?«
    »Na ja, damit er frei gewesen wäre.«
    »Frei und ohne mich?«
    »Es wäre natürlich ein Opfer gewesen … das größtmögliche Opfer überhaupt … aber wenn Jack dadurch eine normale, glückliche Kindheit bei einer liebevollen Familie hätte haben können?«
    »Er hatte mich.« Ma sagt das ganz abgehackt. »Er hatte eine Kindheit bei mir, ob Sie das nun normal nennen oder nicht.«
    »Aber Sie wussten doch, was ihm alles entging«, sagt die Frau. »Von Tag zu Tag brauchte er eigentlich eine größer werdende Welt, und die, die Sie ihm bieten konnten, wurde stattdessen immer enger. Die Erinnerung an all die Dinge, von denen Jack noch nicht einmal wusste , dass man sie wollen konnte, muss Sie doch entsetzlich gequält haben. Freunde, die Schule, Schwimmen, zur Kirmes gehen …«
    »Warum kommen eigentlich alle immer mit Kirmes?« Mas Stimme ist ganz heiser. »Als ich klein war, habe ich die Kirmes gehasst.«
    Die Frau lacht ein bisschen.
    Ma kommen Tränen am Gesicht runter, sie hebt ihre Hände hoch und will sie auffangen. Sofort bin ich vom Stuhl runter und renne zu ihr, etwas fällt um, krawumm , dann bin ich bei Ma und umarme sie ganz fest, und Morris ruft: »Der Junge darf nicht gefilmt werden.«
     
     
     
    Als ich am Morgen aufwache, ist Ma Verschwunden.
    Ich wusste nicht, dass sie in der Welt auch so Tage haben würde. Ich schüttele ihren Arm, aber sie stöhnt nur ein bisschen und tut ihren Kopf unter das Kissen. Dabei habe ich so viel Durst. Also krabbele ich ganz dicht bei sie bei und versuche was zu kriegen, aber sie dreht sich nicht um, und ich komme nicht dran. Hunderte von Stunden bleibe ich eingerollt neben ihr liegen.
    Ich weiß nicht, was ich machen soll. Wenn Ma in Raum Verschwunden war, dann konnte ich alleine aufstehen und was frühstücken und Fernseher gucken.
    Ich schnüffele, aber in meiner Nase ist nichts. Ich glaube, ich habe meinem Schnupfen verloren.
    Ich gehe rüber und ziehe an der Kordel, damit die Jalousie ein bisschen aufgeht. Es ist hell, das Licht prallt von den Autofenstern ab. Eine Krähe fliegt vorbei und erschreckt mich. Ich glaube nicht, dass das Licht Ma gefällt, deshalb mache ich die Kordel wieder wie vorher. Mein Bäuchlein macht mroaaaaar .
    Dann fällt mir die Klingel neben dem Bett ein. Ich drücke drauf – nichts passiert. Aber nach einer Minute macht die Tür klopf klopf.
    Ich mache sie nur ein kleines bisschen auf, es ist Noreen.
    »Hallo, Schätzchen, wie geht’s dir heute?«
    »Hungrig. Ma ist Verschwunden«, flüstere ich.
    »Na, dann gehen wir sie mal suchen, oder? Ich bin sicher, sie ist nur für einen Moment rausgehuscht.«
    »Nein, sie ist da, aber nicht wirklich.«
    Noreens Gesicht ist

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