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Raum

Raum

Titel: Raum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Donoghue
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mit seiner Ma und seinem Vetter und seiner Grandma, aber Gott ist in echt, er sieht mit seinem gelben Gesicht durch Oberlicht rein, nur heute nicht, da ist alles grau.
    Ich will bei Ma in Bett sein, aber anstatt sitze ich auf Teppich und habe nur meine Hand auf der Beule von ihrem Fuß unter Zudeck. Mein Arm wird müde, deshalb lasse ich ihn eine Zeit lang baumeln, dann tue ich ihn wieder hin. Ich wickle das Ende von Teppich auf und lasse es wieder zurückrollen. Das mache ich Hunderte Male.
    Als es dunkel wird, versuche ich, noch mehr Baked Beans zu essen, aber sie sind ekelhaft. Anstatt esse ich ein bisschen Brot und Erdnusscreme. Ich mache Frierer auf und stecke meinen Kopf zwischen die Tüten mit Erbsen und Spinat und den schrecklichen grünen Bohnen. Ich lasse ihn da, bis ich ganz taub bin, sogar meine Augenlider. Dann springe ich weg und mache die Tür zu und reibe meine Backen, damit sie warm werden. Ich kann sie mit den Händen fühlen, aber ich kann sie nicht meine Hände auf sich fühlen fühlen, komisch.
    In Oberlicht ist es jetzt dunkel, ich hoffe, Gott steckt sein silbernes Gesicht rein.
    Ich ziehe mein Schlaf-T-Shirt an und überlege, ob ich dreckig bin, weil ich nicht gebadet habe. Ich versuche mich zu riechen. In Schrank mummele ich mich in Mummeldecke, aber mir ist kalt. Ich habe heute vergesst, Thermostat hochzustellen, deswegen, es ist mir gerade erst eingefallen, aber jetzt bei Nacht kann ich es nicht machen.
    Ich würde unheimlich gern etwas kriegen, den ganzen Tag habe ich nichts gekriegt. Sogar aus der Rechten, aber die Linke wäre mir lieber. Wenn ich mich jetzt zu Ma kuscheln und was kriegen könnte … aber dann schubst sie mich vielleicht weg, und das wäre noch schlimmer.
    Und was ist, wenn ich bei ihr in Bett bin, und dann kommt Old Nick? Ich weiß nicht, ob es schon neun ist, zum Uhr sehen ist es zu dunkel.
    Ich schleiche mich in Bett, gaaanz langsam, damit Ma nichts merkt. Ich lege mich nur daneben. Wenn ich das Piep piep höre, kann ich ja ganz schnell wieder in Schrank springen.
    Was ist, wenn er kommt und Ma nicht aufwacht? Ist er dann noch mehr wütender? Macht er ihr dann noch schlimmere Flecken?
    Ich bleibe wach, damit ich ihn kommen höre.
    Er kommt nicht, aber ich bleibe trotzdem wach.
     
     
     
    Der Abfallbeutel steht immer noch neben Türe. Ma ist heute Morgen vor mir aufgestanden, hat ihn aufgeknotet und die Bohnen reingetan, die sie aus dem Schälchen gekratzt hat. Wenn der Beutel immer noch da ist, heißt es, dass er nicht gekommen ist, also jetzt schon zwei Abende nicht, hurra.
    Freitag ist Matratzen-Tag. Wir drehen sie so gut von hinten nach vorne und von einer Seite zur anderen, dass sie keine Rumpel kriegt. Sie ist so schwer, dass ich meine ganzen Muskeln brauche, und als sie runterfloppt, haut sie mich auf Teppich. Ich sehe den braunen Fleck auf Matratze, der ist von damals, als ich zum ersten Mal aus Mas Bäuchlein rausgekommen bin. Danach machen wir ein Staub-Rennen. Staub, das sind klitzekleine, unsichtbare Teilchen von unserer Haut, die wir nicht mehr brauchen, weil uns neue wächst wie bei den Schlangen. Ma niest ganz hoch wie die Opernsängerin, die wir mal in Fernseher gehört haben.
    Wir machen unsere Einkaufsliste, aber beim Sonntagsgutti wissen wir nicht, was. »Frag nach Süßigkeiten«, sage ich. »Und nicht bloß Schokolade. Süßigkeiten, die wir noch nie gekriegt haben.«
    »So was richtig Klebriges, damit du auch solche Zähne kriegst wie ich?«
    Ich kann es nicht leiden, wenn Ma Sarkasmus macht.
    Jetzt lesen wir Sätze aus den Büchern ohne Bilder, zuerst aus Die Hütte , da gibt es ein gruseliges Haus und ganz weißen Schnee. »Seitdem«, lese ich, »haben wir häufig zusammen ›herumgehangen‹, wie die Kinder es heute nennen, und einen Kaffee zusammen getrunken – oder für mich einen Chai-Tee, extra heiß mit Sojamilch.«
    »Hervorragend«, sagt Ma, »Aber Chai reimt sich auf Brei.«
    Die Personen in Büchern und im Fernseher haben immer Durst, sie trinken Bier und Saft und Champagner und Latte und alle möglichen anderen Flüssigkeiten, manchmal stoßen sie ihre Gläser an die von den anderen, wenn sie gut gelaunt sind, aber sie machen sie nicht kaputt. Ich lese den Satz noch einmal, er ist immer noch schwer zu verstehen.
    »Wer sind der Er und der Ich, sind das die Kinder?«
    »Hmm«, macht Ma und liest über meine Schulter. »Ich glaube, mit die Kinder meint er junge Leute im Allgemeinen.«
    »Was heißt im Allgemeinen ?«
    »Viele junge

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