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Raum

Raum

Titel: Raum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Donoghue
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Jungs kenne ich mich aus, schließlich war ich selber mal einer. Jetzt komm schon, Jack.«
    Er hat meinen Namen gesagt.
    »Komm raus, und du kriegst einen Lolli.«
    Einen Lolli!
    »Lass uns einfach ins Bett gehen.« Mas Stimme ist ganz komisch.
    Old Nick lacht ein bisschen. »Das ist es also, was dir fehlt, Mädchen.«
    Was Ma fehlt? Ist es was auf der Liste?
    »Komm schon«, sagt sie noch einmal.
    »Hat dir deine Mutter keine Manieren beigebracht?«
    Lampe geht aus.
    Aber Ma hat doch gar keine Mutter.
    Bett ist laut, das macht er beim Draufsteigen.
    Ich ziehe Mummeldecke über meinen Kopf und halte mir fest die Ohren zu, damit ich nichts höre. Ich will die Quietscher nicht zählen, aber ich mache es trotzdem.
     
     
     
    Als ich aufwache, bin ich immer noch in Schrank, und es ist total dunkel.
    Ich frage mich, ob Old Nick immer noch da ist. Und der Lolli?
    Die Regel heißt: in Schrank bleiben, bis Ma kommt und mich holt.
    Ich frage mich, welche Farbe der Lolli hat. Gibt es im Dunkel Farben?
    Ich versuche mich wieder auszuschalten, aber ich bin ganz an.
    Ich strecke meinen Kopf raus, nur mal …
    Ich drücke die Türen auf, ganz langsam und leise. Das Einzige, was ich höre, ist das Summen von Kühli. Ich stehe auf und mache einen Schritt, zwei Schritte, drei. Ich stoße mit der Zehe gegen irgendwas, auuuuu . Ich hebe es auf, und es ist ein Schuh, ein riesiger Schuh. Ich gucke zu Bett, und da ist Old Nick, sein Gesicht ist aus Felsen, glaube ich. Ich strecke meinen Finger vor, berühren will ich es nicht, nur beinahe.
    Seine Augen blitzen ganz weiß. Ich springe zurück und lasse den Schuh fallen. Zuerst denke ich, jetzt schreit er, aber er grinst mit großen, glänzenden Zähnen und sagt: »Hallo, Söhnchen.«
    Ich weiß nicht, was das …
    Dann ist Ma lauter, als ich sie jemals gehört habe, sogar beim Geschreispielen: »Bleib weg, bleib weg von ihm!«
    Ich renne zu Schrank, ich stoße mir den Kopf, auaaaa, und sie kreischt immer weiter: »Bleib weg von ihm!«
    »Halt die Klappe«, sagt Old Nick, »halt einfach die Klappe.« Dann sagt er ihr irgendwelche Sachen, die ich
wegen dem Gekreisch nicht hören kann. Ihre Stimme irgendwie wuschelig. »Hör auf, so einen Radau zu machen«, sagt er.
    Statt Wörtern sagt Ma mmmmmmm . Ich halte mir den Kopf an der Stelle, wo ich mich gestoßen habe, dann tue ich ihn in beide Hände.
    »Du bist wirklich das Letzte«, sagt er.
    »Ich kann auch ganz leise sein«, sagt sie, sie flüstert fast. Ich kann ihren Atem hören, er ist ganz kratzig. »Du weißt, wie leise ich sein kann, wenn du ihn nur in Ruhe lässt. Mehr habe ich nie von dir verlangt.«
    Old Nick schnaubt. »Du willst doch jedes Mal was Neues von mir, sobald ich auch nur die Tür aufmache.«
    »Es geht doch nur um Jack.«
    »Dann vergiss mal lieber nicht, von wem du den hast.«
    Ich spitze die Ohren, aber Ma sagt nichts.
    Dann irgendwelche Geräusche. Sucht er seine Kleider zusammen? Seine Schuhe, ich glaube, er zieht sich die Schuhe an.
    Als er weg ist, schlafe ich nicht ein. Ich bin die ganze Nacht in Schrank wach. Ich warte Hunderte von Stunden, aber Ma holt mich nicht.
     
     
     
    Ich schaue hoch zu Dach, als es plötzlich hochgeht und der Himmel reinsaust und alle Raketen und Kühe und Bäume mir auf den Kopf krachen …
    Nein, ich bin in Bett. Oberlicht fängt an, Helles runterzutropfen, also muss Morgen sein.
    »Das war nur ein böser Traum«, sagt Ma und streichelt mir die Backe.
    Ich kriege was, aber nicht viel. Dafür aus der leckeren Linken.
    Dann fällt es mir wieder ein und ich strampele in Bett hoch und suche nach neuen Flecken auf ihr drauf, aber ich sehe keine. »Tut mir leid, dass ich in der Nacht aus Schrank gekommen bin.«
    »Ich weiß«, sagt sie.
    Ist das dasselbe wie verzeihen? Mir fällt noch mehr wieder ein. »Was ist eine kleine Missgeburt?«
    »Ach, Jack.«
    »Warum hat er gesagt, dass mit mir was nicht stimmt?«
    Ma seufzt. »Mit dir stimmt alles, du bist von Kopf bis Fuß perfekt.« Sie küsst mich auf die Nase.
    »Aber warum hat er es dann gesagt?«
    »Er versucht nur, mich in den Wahnsinn zu treiben.«
    »Warum versucht … ?«
    »Du weißt doch, wie gern du mit Autos und Ballons und solchen Sachen spielst. Na ja, und er spielt nun mal gern mit meinem Kopf.« Sie macht tock tock .
    Ich weiß nicht, wie man mit Köpfen spielt. »Ist feuern wie Feuer machen?«
    »Nein, es bedeutet, dass er seine Arbeit verloren hat.«
    Ich dachte, verlieren kann man nur Sachen, zum Beispiel die eine von

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