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Raum

Raum

Titel: Raum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Donoghue
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Entschuldigung, die haben wir ganz vergessen«, sagt Ma.
    »Kein Problem, ich bringe sie Ihnen aufs Zimmer, ja?«
    »Nicht nötig, wir kommen runter.«
    »Großartig. Jack, ich piepse rasch einen Pfleger an, damit er dich die Treppe herunterträgt.«
    Ich verstehe nicht. Ich verstecke wieder mein Gesicht.
    »Ist schon in Ordnung«, sagt Ma, »er macht es auf seine Weise.«
    Die nächsten sieben rutsche ich auf meinem Popo runter. Unten bindet mir Ma den Bademantel wieder zu, damit wir immer noch der König und die Königin sind so wie in Lavender’s Blue . Noreen gibt mir eine neue Maske, die ich anziehen muss, sie sagt, dass sie eine Schwester ist und von woanders kommt, aus Irland, und dass ihr mein Pferdeschwanz gefällt. Wir gehen in ein großes Teil mit lauter Tischen, so viele habe ich noch nie gesehen, mit Tellern und Gläsern und Messern, und was sticht mich in mein Bäuchlein, ein Tisch, meine ich. Die Gläser sind unsichtbar so wie unsere, aber die Teller sind blau, das ist eklig.
    Es ist wie ein Planet im Fernseher, in dem es nur über uns geht, lauter Personen sagen »Guten Morgen« und »Willkommen bei uns in Cumberland« und »Glückwunsch«. Ich weiß nicht, zu was. Manche haben genauso Bademäntel an wie wir und manche Schlafanzüge und manche ganz verschiedene Uniformen. Die meisten sind riesig, aber sie haben nicht so lange Haare wie wir, sie laufen schnell hin und her und sind plötzlich auf allen Seiten, sogar hinter uns. Sie kommen ganz dicht ran und haben so viele Zähne und riechen falsch. Ein Er mit überall Bart sagt: »Na, mein Kleiner, du scheinst mir ja ein richtiger Held zu sein.«
    Der meint mich. Ich gucke nicht hin.
    »Wie gefällt dir denn die Welt bis jetzt?«
    Ich sage gar nichts.
    »Gar nicht übel, oder?«
    Ich nicke. Ich halte Mas Hand ganz fest, aber meine Finger glitschen ab, sie haben sich nass gemacht. Sie schluckt ein paar Pillen, die Noreen ihr gibt.
    Einen Kopf ganz weit oben mit lauter fusseligen schwarzen Haaren erkenne ich wieder, das ist Dr. Clay mit ohne Maske. Er schüttelt Mas Hand mit seiner weißen Plastikhand und fragt sie, ob wir gut geschlafen haben.
    »Ich war zu aufgedreht«, sagt Ma.
    Andere Uniform-Personen kommen herbei, Dr. Clay sagt Namen, aber ich verstehe sie nicht. Eine hat ihre Haare in lauter Kurven, ganz grau, und sie heißt die Klinikdirektorin, das heißt, sie hat hier zu sagen, aber sie lacht und sagt, schön wär’s, ich weiß nicht, wo was daran harmonisch sein soll.
    Ma zeigt mir einen Stuhl, wo ich mich neben sie draufsetzen soll. Auf dem Teller liegt etwas ganz Verrücktes, es ist silbern und blau und rot, ich glaube, das ist ein Ei, aber kein wirkliches, es ist aus Schokolade.
    »Ach ja, frohe Ostern«, sagt Ma. »Das war mir ja vollkommen entfallen.«
    Ich halte das falsche Ei auf meiner Hand. Ich wusste gar nicht, dass Häschen auch in Gebäude kommen.
    Ma zieht ihre Maske runter bis zum Hals, sie trinkt Saft mit einer komischen Farbe. Meine Maske schiebt sie auf meinen Kopf, damit ich den Saft probieren kann, aber da sind so unsichtbare Stückchen drin, es ist wie wenn Bazillen durch meinen Hals krabbeln, deshalb huste ich ihn ganz leise wieder ins Glas. Es gibt auch Jemands in der Nähe, die so komische Vierecke mit noch kleineren Vierecken und welligem Frühstücksspeck drüber essen. Wie können sie sich nur ihr Essen auf blaue Teller machen lassen, da wird es doch ganz voll Farbe? Riechen tut es lecker, aber zu doll, und meine Hände werden schon wieder glitschig. Ich lege das Ostern wieder genau in die Mitte vom Teller. Dann reibe ich mir die Hände am Bademantel ab, außer meinem gebissenen Finger. Die Messer und Gabeln sind auch falsch, am Griff ist gar nichts Weißes, nur Eisen, das tut bestimmt weh.
    Die Personen haben riesige Augen und Gesichter in allen möglichen Formen, und ein paar haben so Schnäuzer und herunterbaumelndem Schmuck und angemalte Teile.
    »Gar keine Kinder«, flüstere ich zu Ma.
    »Was sagtest du?«
    »Wo sind die Kinder?«
    »Ich glaube, hier gibt es keine.«
    »Du hast aber gesagt, im Draußen gibt es viele Millionen.«
    »Die Klinik ist nur ein ganz kleiner Teil von der Welt«, sagt Ma. »Trink deinen Saft. He, guck mal, da drüben ist doch ein Junge.«
    Ich linse dahin, wo sie hinzeigt, aber der da ist ganz lang wie ein Mann und hat Nägel in der Nase und im Kinn und über den Augen. Vielleicht ein Roboter?
    Ma trinkt irgendein braunes, dampfendes Zeug, dann verzieht sie das Gesicht und stellt das

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