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Raum

Raum

Titel: Raum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Donoghue
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und schmeckt zu scharf. Das Brot hat so Stückchen, die in meinem Hals kratzen, ich versuche sie rauszupulen, aber danach sind da Löcher, Ma sagt, ich soll es einfach liegen lassen. Es gibt Erdbeeren, und Ma sagt, die schmecken einfach himmlisch , woher weiß sie, wie der Himmel schmeckt? Wir können nicht alles aufessen. Ma sagt, die meisten Leute stopfen sowieso viel zu viel in sich rein, und wir sollen nur essen, was wir wollen, und den Rest liegen lassen.
    Mein Lieblingsding im Draußen ist das Fenster. Jedes Mal ist es anders. Ein Vogel düst direkt vorbei, bsssst , ich weiß nicht, was für einer es war. Die Schatten sind jetzt wieder ganz lang, meiner winkt durch den ganzen Raum bis an die grüne Wand. Ich gucke zu, wie das Gesicht von Gott ganz langsam runterfällt, diesmal sogar noch orangener, und die Wolken haben alle möglichen Farben, und danach gibt es so Streifen, und dann kommt Stückchen für Stückchen das Dunkel, aber ich sehe es erst, als es fertig ist.
     
     
     
    Ma und ich stoßen die ganze Nacht immer wieder gegeneinander. Als ich das dritte Mal aufwache, will ich Jeep und Fernsteuerung haben, aber sie sind nicht da.
    Jetzt ist keiner mehr in Raum, nur noch Sachen, alles liegt ganz still da, und Staub fällt drauf, weil Ma und ich in der Klinik sind und Old Nick im Gefängnis. Er muss für immer da eingesperrt bleiben.
    Mir fällt wieder ein, dass ich ja den Schlafanzug mit den Astronauten anhabe. Ich berühre mein Bein durch den Stoff, es fühlt sich gar nicht an wie meins. Unsere ganzen Sachen, die uns gehört haben, sind in Raum eingesperrt, außer meinem T-Shirt, das hat Ma hier in den Müll geworfen, und jetzt ist es weg. Vor dem Schlafen habe ich nachgeguckt, eine Reinefrau muss es mitgenommen haben. Ich dachte, Reinefrau heißt, dass sie sauberer ist als alle anderen, aber Ma hat mir gesagt, dass sie sauber macht . Ich glaube, die sind so unsichtbar so wie Elfen. Ich wünschte, die Reinemachefrau würde mir mein altes T-Shirt wiederbringen, aber dann wäre Ma bestimmt wieder sauer.
    Wir müssen in der Welt sein, wir gehen nie wieder zurück zu Raum, sagt Ma, so ist das nun mal, und ich soll mich darüber freuen. Ich weiß nicht, warum wir da nicht mehr hinkönnen, wenigstens zum Schlafen. Müssen wir immer in der Klinik bleiben, frage ich mich, oder können wir auch mal in andere Teile vom Draußen, zum Beispiel in das Haus mit der Hängematte, aber der wirkliche Grandpa ist ja in Australien, und das ist zu weit weg. »Ma?«
    Sie stöhnt. »Jack, gerade war ich endlich mal eingenickt …«
    »Wie lange sind wir schon hier?«
    »Erst 24 Stunden. Es kommt einem nur länger vor.«
    »Nein, ich meine … wie lange müssen wir nach heute noch hierbleiben? Wie viele Tage und Nächte?«
    »Ehrlich gesagt, weiß ich das selbst nicht.«
    Aber Ma weiß doch immer alles. »Sag es mir.«
    »Psst.«
    »Aber wie lange?«
    »Nur noch ein bisschen«, sagt sie. »Und jetzt sei leise, du weißt doch, dass nebenan Leute sind, und du störst sie.«
    Ich sehe die Personen nicht, aber sie sind trotzdem da, es sind die aus dem Raum zum Essen. In Raum habe ich nie einen gestört, nur manchmal Ma, wenn Schlimmerzahn ganz schlimm war. Sie sagt, die Personen sind hier im Cumberland, weil sie ein bisschen krank im Kopf sind, aber nicht doll. Manche können nicht schlafen, weil sie sich so Sorgen machen, oder sie können nicht essen, oder sie waschen sich die Hände zu oft, ich wusste gar nicht, dass man sich zu oft waschen kann. Manche haben sich den Kopf gestoßen, und jetzt wissen sie nicht mehr, wer sie sind, ein paar sind auch die ganze Zeit traurig und ritzen sich sogar mit Messern in die Arme, keine Ahnung, warum. Die Ärzte und Schwestern und Pilar und die unsichtbaren Reinemachefrauen sind nicht krank, die sind zum Helfen da. Ma und ich sind auch nicht krank, wir sollen uns nur ausruhen, und wir wollen auch nicht von den Paparazzi gestört werden, das sind die Geier mit den Kameras und den Mikrofonen, weil wir jetzt berühmt sind wie Rap-Stars, nur haben wir es nicht extra gemacht. Ma sagt, wir brauchen eigentlich nur ein bisschen Hilfe, damit wir alles wieder auf die Reihe kriegen. Ich weiß nicht, was alles.
    Ich greife unter das Kissen und fühle, ob Schlimmerzahn sich schon in Geld verwandelt hat, aber nein. Ich glaube, die Fee weiß nicht, wo die Klinik ist.
    »Ma?«
    »Was?«
    »Sind wir eingesperrt?«
    »Nein!« Sie bellt beinahe. »Natürlich nicht! Wieso, gefällt es dir hier nicht?«
    »Ich

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