Raumfahrergarn
strahlendes, simuliertes Tageslicht herausschien. Der Thek schwebte lautlos hinter ihm.
* * *
Winzige Mücken summten ihr in den Ohren. »Lnz. Lnz. Dtr Mspw«
Sie ignorierte sie und weigerte sich, die Augen zu öffnen. Ihre Haut schmerzte, vor allem ihre Ohren und Lippen. Sie streckte vorsichtig die Zunge aus und leckte sich die Lippen. Sie waren sehr trocken. Plötzlich berührte etwas Kaltes und Feuchtes ihren Mund. Sie zuckte zusammen, als ihr ein kalter Tropfen über die Wange ins Ohr rann. Die Mücken summten wieder los, aber ihre Stimmen wurden tiefer und verständlicher. »Lunz. Lunzie. Dr. Mespil. Das ist doch Ihr Name, oder?«
Lunzie schlug die Augen auf. Sie lag auf einem Krankenbett in einem weißen Zimmer ohne Fenster. Drei Menschen standen an ihrer Seite, zwei in weißen Medizinerkitteln, einer im Overall eines Bergarbeiters. Außerdem war ein Thek zugegen. Sie war so erstaunt darüber, daß ein Thek an ihrem Krankenbett wachte, daß sie ihn anstarrte und die anderen ignorierte. Der große Mann in klinischem Weiß beugte sich über sie.
»Können Sie sprechen? Ich bin Dr. Stev Banus. Sie befinden sich auf der Bergbauplattform Descartes Nr. 6, und ich bin der Klinikchef. Wie geht’s Ihnen?«
Lunzie holte tief Luft und gab einen erleichterten Seufzer von sich. »Ja, ich kann nicht klagen. Ein bißchen steif, und mein Kopf ist voller Sägespäne, aber ansonsten geht’s mir gut.«
»Iiiiinnnnn Oooorrrrrddddnnuuuunnng?« rumpelte der Thek. Die anderen hörten respektvoll und aufmerksam zu und widmeten sich wieder Lunzie. Der Thek hatte offenbar eine Frage an sie gerichtet. Sie wünschte, sie hätte mehr Erfahrung mit den Thek, aber bisher hatte sich noch nie einer mit ihr unterhalten. Die anderen schienen zu wissen, was das Wesen fragte.
»Ja, mir ist nichts passiert«, erklärte sie. Sie wünschte, das Ding hätte ein Gesicht oder ein anderes äußeres Merkmal, an dem man seinen Gemütszustand ablesen konnte, aber da war nichts. Es sah wie ein Steinklotz aus. Sie wartete auf eine Antwort.
Der Thek sagte nichts mehr. Die Menschen sahen zu, wie die glatte Pyramide langsam zur Tür und aus dem Zimmer rollte.
»Was hat dieser Thek hier gemacht?« fragte Lunzie.
»Ich weiß es nicht«, erwiderte Stev verwirrt. »Ich habe keine Ahnung, was er da draußen im Asteroidenfeld gesucht hat. Es ist nicht einfach, sich mit ihnen zu verständigen. Der hier ist uns sicher freundlich gesonnen, aber mehr wissen wir nicht. Er hat geholfen, Sie zu finden. Er hat den jungen Bergmann Romsey auf Sie aufmerksam gemacht.«
»Tut mir leid, daß ich mich nicht bei ihm bedankt habe«, sagte Lunzie frech. Sie zog sich in eine sitzende Position. Der Mann in klinischem Weiß eilte herbei, um sie zu stützen, als sie sich gegen das Kopfende des Bettes zurücklehnte. Sie schickte ihn mit einem Wink weg. »Wo bin ich? Ist das die Bergbauplattform?«
»Ganz richtig.« Die Frau im weißen Kittel lächelte sie an. Sie hatte eine perfekte, glatte hellbraune Haut und dunkelbraune Augen. Ihr volles schwarzes Haar war im Nacken zu einem langen Zopf geflochten. »Mein Name ist Satia Somileaux. Ich bin hier geboren.«
Lunzie sah sie neugierig an. »Wirklich? Ich dachte, die Wohnquartiere auf der Plattform seien weniger als fünfzehn Jahre alt. Sie sind doch mindestens zwanzig.«
»Vierundzwanzig«, gestand Satia mit einem freundlichen und amüsierten Lächeln.
»Wie lang habe ich geschlafen?«
Die beiden Ärzte wechselten Blicke und versuchten zu entscheiden, was sie sagen sollten. Lunzie sah sie scharf an. Der dunkelhaarige junge Mann in dem Overall verlagerte sein Gewicht unbehaglich von einem Fuß auf den anderen und räusperte sich. Banus warf ihm aus dem Augenwinkel einen verstohlenen, wissenden Blick zu und drehte sich zu ihm um. »Ich habe Sie nicht vergessen, Illin Romsey. Sie wissen sicher, daß Ihnen für die Bergung einer Fluchtkapsel ein beträchtlicher Finderlohn zusteht.«
»Nun ja«, grinste der junge Mann und kniff nachdenklich die Augen zusammen. »Das entschädigt mich dafür, daß mir dieses Vorkommen entgangen ist. Zumindest halbwegs. Aber ich hätte sie sowieso mitgebracht. Wenn ich verschollen wäre, würde ich auch hoffen, daß sich jemand verpflichtet fühlt, mich heimzubringen.«
»Es ist nicht jeder so selbstlos wie Sie, junger Mann. Selbstsucht ist weit häufiger als Ihre lobenswerte Einstellung. Computer, weise Bergmann Romsey seine Prämie für die Bergung der Fluchtkapsel …?« Der
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