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Raumschiff 3 - Tia

Raumschiff 3 - Tia

Titel: Raumschiff 3 - Tia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCaffrey
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ein Querschnittgelähmter. Kein Kind mit
    einem brillanten, flexiblen Verstand, der in einem
    bewegungslosen Körper feststeckte. Brillanter Verstand.
    Bewegungsloser Körper. Brillanter…
    Plötzlich hatte er einen Gedankenblitz, der ihm für kurze Zeit die Sicht raubte. Er war doch nicht der einzige, der Tia beobachtete – es gab noch jemanden. Jemanden, der jeden Patienten hier beobachtete, jeden Arzt, jede
    Krankenschwester… Jemanden, den er nicht allzu oft
    konsultierte, weil Lars kein Mediziner oder Psychiater war…
    Aber in diesem Fall war Lars’ Meinung höchstwahrscheinlich präziser als jede andere auf dieser Station. Seine eigene eingeschlossen.
    Kenny drückte mit dem Daumen auf einen Knopf. »Lars«,
    sagte er knapp. »Hast du einen Augenblick Zeit?«
    Er mußte eine Weile warten. Lars war ein vielbeschäftigter Bursche – obwohl seine konventionellen Schaltkreise zu dieser Stunde hoffentlich nicht allzusehr belastet wurden. »Gewiß doch, Kenny«, erwiderte Lars nach einigen Sekunden. »Wie kann ich dem neurologischen Wunderkind der
    Medizinalstation Stolz von Albion der Zentralwelten behilflich sein?« Die Stimme war voll und klang ironisch; Lars liebte es, jeden an Bord etwas aufzuziehen. Er bezeichnete es als
    ›therapeutische Deflation der Egos‹. Besonders mochte er es, Kennys Ego zu deflationieren – er hatte schon mehr als einmal gesagt, daß jeder soviel Angst davor hatte, »schlecht zu dem armen Krüppel« zu sein, daß sie einen wahren Eiertanz
    vollführten, um ihm bloß nichts zu sagen, wenn er sich mal ziemlich hochnäsig benahm.
    »Schenk dir den Sarkasmus, Lars«, antwortete Kenny. »Ich habe ein ernstes Problem, zu dem ich gern deine Meinung hören würde.«
    »Meine Meinung?« Lars klang ehrlich überrascht. »Das muß wohl meine persönliche Meinung sein – jedenfalls bin ich ganz bestimmt nicht für eine medizinische qualifiziert.«
    »Ja, ganz eindeutig eine sehr persönliche Meinung, die
    abzugeben du am geeignetsten bist. Nämlich über Hypatia Cade.«
    »Ah.« Kenny meinte den Eindruck zu haben, daß Lars’ Ton merklich weicher wurde. »Das kleine Kind in der Neuro-Einheit, mit dem unkindlichen Holo-Geschmack. Sie denkt immer noch, daß ich die KI bin. Ich habe sie noch nicht eines Besseren belehrt.«
    »Gut, ich möchte, daß sie in deiner Gegenwart sie selbst ist, denn die Raumgötter wissen, daß sie es in unserer nicht ist.«
    Kenny merkte, wie heftig sein eigener Ton geworden war, und riß sich wieder zusammen, bevor er fortfuhr. »Du kennst ihre Berichte, und du hast das Kind selbst beobachtet. Ich weiß, daß sie etwas alt dafür ist – aber wie würde sie mit einem Schalenprogramm zurechtkommen?«
    Eine lange Pause. Länger, als Lars sie eigentlich brauchte, um nur auf Krankenberichte zuzugreifen und sie zu
    begutachten. »Hat sich ihr Zustand stabilisiert?« fragte er vorsichtig. »Wenn er es nicht getan haben sollte, wenn sie auf halber Strecke während ihrer Ausbildung eine Hirnlähmung bekommt, dann würde das nicht nur für jeden anderen
    Schwierigkeiten bedeuten, den du dort so spät noch
    einschleusen willst, es wäre auch ein ziemlich schlimmes Trauma für die anderen Schalenkinder. Sie kommen nicht gut mit dem Tod zurecht. Ich möchte nicht daran teilhaben, sie zu erschrecken, gleich wie unbeabsichtigt.«
    Kenny massierte seine Schläfe mit den langen, klugen
    Fingern, die schon so viele chirurgische Wunder für andere vollbracht hatten, für dieses kleine Mädchen aber nichts tun konnten. »Sofern wir überhaupt etwas über diese…
    Krankheit… aussagen können, ist sie stabil«, sagte er
    schließlich. »Sieh einmal hinein, dann wirst du feststellen, daß ich ein Flächenbombardement angeordnet habe, als wir
    Versuche mit ihr machten. Sie hat jedes neurologische
    Virenmittel bekommen, das man heute kennt. Und auch
    nichtbakteriologische Mittel wie beispielsweise Ultra-… na ja, du kannst es ja nachlesen. Ich glaube, wir haben es abgetötet, was immer es war.«
    Zu spät, um ihr zu helfen. Verdammt.
    »Sie ist brillant«, meinte Lars vorsichtig. »Sie ist flexibel. Sie hat die Fähigkeit, zum Multithreading, also mehrere Dinge zugleich zu tun. Und sie hatte in der Vergangenheit gute, positive Reaktionen auf Kontakte zu Hüllenmenschen.«
    »Und?« fragte Kenny ungeduldig, während die Sterne ihre Bahn zogen, gleichgültig gegen das Schicksal eines kleinen Mädchens. »Deine Meinung!«
    »Ich denke, sie könnte den Übergang schaffen«, meinte Lars

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