Raumschiff 3 - Tia
Doktor Kenny vorgeschlagen hatte, so war es ja wohl dies.
Um sicherzugehen, überprüfte sie auch noch einige weitere Quellen – nicht auf die Richtigkeit des Berichts, sondern darauf, wie weit die Kolonie auf die ›Ratten‹ und das sich verschlimmernde Wetter vorbereitet war.
Alles, was sie entdeckte, stützte die Schilderung des
unbekannten Autors in seiner Notiz an ›Fred‹. Die
Schutzfeldgeneratoren waren Standardware, keine
Hochleistungsgeräte. Die Lagerhäuser besaßen Metalltüren –
und viele Seitenverkleidungen waren aus Plastik oder Holz.
Die Wohnhäuser bestanden aus einheimischem Stein und
waren gegen die Kälte isoliert, hatten aber Plastik-oder Holztüren. Zwar hatte man Lebensmittel gehortet, doch was würden die Kolonisten tun, wenn die ›Ratten‹ sich durch die Lagerhausmauern fraßen, um an die Vorräte zu gelangen? Die vergangenen zwanzig Jahre lang war die Kolonie von
Nahrungsmitteln abhängig gewesen, die auf dem Planeten
angebaut wurden. Es gab keine Infrastruktur zur Einfuhr von Lebensmitteln und keine größeren Synthetisierer. Sie besaß zwar Proteinfarmen – doch was, wenn die ›Ratten‹ in diese hineingelangten und zusammen mit allem anderen auch die Hefebasis auffraßen? Was würden sie tun, wenn die gehorteten Nahrungsmittel aufgebraucht waren? Und selbst wenn es ihnen gelänge, die Nahrungsmittel zu retten – was würden sie tun, wenn die ›Ratten‹, wie Fred schon erwähnt hatte, sich durch ihre Türen fraßen und ihre Kleider, ihre Decken, ihre Möbel vertilgten…
Soviel zu den offiziellen Berichten. Gab es denn irgend jemanden auf dem Planeten, der ihre Leute aus ihrer
Katastrophe retten konnte?
Es kostete sie einen ganzen Tag der Recherche in
Firmenverzeichnissen, bevor sie die Antwort darauf hatte. Ein planetenansässiger Hersteller von spezialisierter
Schutzausrüstung – einschließlich Hochleistungsabschirm-und Schutzfeldgeneratoren – könnte entsprechenden Schutz bieten, sobald der Planetengouverneur das Problem einräumte. Zwar würden die Regierungsmittel möglicherweise nicht ausreichen, um für den Schutz aller Kolonisten aufzukommen – aber über achtzig Prozent der Bewohner hatten eine
Gefahrenversicherung, und die Versicherungsgesellschaften dürften für den Schutz ihrer Kunden bezahlen.
Das war die eine Hälfte der Antwort. Und die andere?
Eine weitere Firma mit Verbindungen zu mehreren Planeten und einem Lager altmodischer Synthetisierer in einem
Lagerhaus in Schiffsflugentfernung. Die Geräte produzierten zwar nicht sonderlich viel, doch wenn man sie mit
Rohmaterialien fütterte, mit Kohlenstoff aus Kohle oder Öl, mit Mineralien, mit Proteinen aus Hefe und Pflanzenfasern sowie aus anderen tankgezüchteten Produkten, so erhielt man Grundstoffe für die Verpflegung, die Kleidung oder die
Herstellung von Wohnutensilien…
Tia begann ihr Netz zu spinnen. Doch nicht durch Beta, ihre Vorgesetzte, sondern durch Lars und seine Verbindungen.
Bevor Alex zurückkehrte, hatte sie bereits alle Arrangements getroffen; und sie hatte auch sorgfältig formulierte Briefe an die beiden von ihr ausgesuchten Firmen beigelegt – dazu sämtliche öffentlich verfügbaren Aufzeichnungen. Sie
versuchte, ihnen eine Warnung zukommen zu lassen, ohne wie eine wahnwitzige Hysterikerin zu klingen.
Natürlich würde die Tatsache, daß sie in ihre Firmen
investierte, wenigstens andeuten, daß sie eine Hysterikerin mit Geld war…
Wenn sie auch nur einen Funken Vernunft hatten, würden sie an Hand der Aufzeichnungen zwei und zwei zusammenzählen und ihr glauben. Hoffentlich waren sie dann vorbereitet, wenn es soweit kam.
Tia übertrug ihre letzten Nachrichten, als Alex an ihrer Luftschleuse eintraf.
»Erbitte Erlaubnis, an Bord kommen zu dürfen, werte
Dame«, rief er fröhlich, als sie die Luke für ihn öffnete. Er lief die Treppe hinauf, und als er schließlich in die Hauptkabine stürmte, sagte sie sich, daß die Mode sich bestimmt bald ändern würde – denn er trug einen chromgelben Kittel mit neonroter Bordüre, dazu neonrote Hosen mit chromgelber
Borte. Beides grell genug, um den Augen weh zu tun und die Aufnahmegeräte zu blenden, und sie war froh über die
Möglichkeit, die Empfindlichkeit ihrer visuellen Rezeptoren herunterdrehen zu können.
»Wie war euer Wiedersehen?« fragte sie, nachdem sie sich an das Leuchten seiner Kleidung gewöhnt hatte.
»Es war nur ein halbes Dutzend von ihnen da«, erzählte er ihr und ging durch den Gang
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