Raumschiff 3 - Tia
etwas Zeit, um sich ein wenig einzufinden.
»Ich habe die Passagierliste«, sagte sie, nachdem er seine Ausrüstung verstaut hatte. »Möchtest du sie sehen, möchtest du wissen, mit wem wir die nächsten paar Wochen verbringen werden?«
»Na klar«, erwiderte Alex und wurde lebhafter. Er hatte müde ausgesehen, als er kam; Tia vermutete, daß er seinen Landurlaub wohl ein wenig zu heftig gefeiert hatte. Er war zwar nicht verkatert, sah aber so aus, als hätte er seinen zweitägigen Landurlaub bis zum Exzeß ausgelebt, um
zweiundzwanzig von vierundzwanzig Stunden dem Vergnügen zu widmen. Alex ließ sich in seinen Sessel sinken, und sie führte ihm die Liste auf den Schirmen vor.
»Hier ist unser Mannschaftsleiter, Doktor Izak Hollister-Aspen.« Der Leiter der Auswertungsmannschaft war ein älterer Mann; vierfacher Doktor, dünn wie ein Grashalm, glattrasiert, weißhaarig und so zerbrechlich, daß Tia schon befürchtete, er könnte beim ersten scharfen Windstoß in Stücke fallen. »Er hat vier Doktorgrade, hat zwölf Bücher und ungefähr zweihundert Aufsätze veröffentlicht und hat bereits an die zwanzig
Mannschaften geleitet. Er scheint auch durchaus Humor zu haben. Hör mal.«
Sie spielte ein Dateifragment ab. »Ich muß zugeben«, sagte Aspen mit zitternder Stimme, »daß es eine ganze Menge
Kollegen gibt, die der Auffassung sind, ich sollte mich hinter einen Schreibtisch setzen und diese Ausgrabung jüngeren Leuten überlassen. Nun«, fuhr er mit einem Lächeln fort, »ich habe auch vor, etwas Ähnliches zu tun. Ich werde hinter meinem Schreibtisch in meiner Kuppel sitzen und es den
jüngeren Leuten meiner Mannschaft überlassen, die
Grabungsarbeiten durchzuführen. Ich meine doch, das kommt dem wohl nahe genug, um es gelten zu lassen.«
Alex lachte. »Er gefällt mir bereits. Ich hatte schon
befürchtet, daß es eine langweilige Reise wird.«
»Unwahrscheinlich, mit ihm an Bord. Nun, hier ist unser stellvertretender Leiter, Doktor Siegfried Haakon-Fritz. Und wenn dieser Bursche die Leitung gehabt hätte, wäre es wohl wirklich eine ziemlich scheußliche Reise geworden.« Sie zeigte das Bild von Fritz, einem kantigen, stahläugigen Monument mit strenger Miene. Er hätte als Modell für jedes Denkmal eines Helden der Arbeit dienen können. Die Miene des Mannes zeugte von keinerlei Humor. »Mehr habe ich
nicht, nur fünf Minuten stummen Starrens. Er hat kein einziges Wort gesagt. Aber vielleicht hält er ja nichts davon,
aufgenommen zu werden.«
»Weshalb nicht?« fragte Alex neugierig. »Ist er paranoid, was Aufzeichnungen angeht?«
»Er ist Darwinist«, erklärte sie ihm.
»Ach, du meine Güte«, antwortete Alex abgestoßen. Die
Darwinisten hatten ihren eigenen Ruf, und Tia war ehrlich überrascht, überhaupt einen von ihnen im Institut vorzufinden.
Im allgemeinen konzentrierten sie sich auf die weichen
Wissenschaften – sofern sie überhaupt wissenschaftliche Laufbahnen einschlugen. Tia hielt Politikwissenschaft
eigentlich nicht für sonderlich wissenschaftlich…
»Sein politischer Hintergrund ist etwas zweifelhaft«, fuhr sie fort, »aber da ihm niemand etwas anhängen kann, heißt es in seiner Akte lediglich, daß seine politischen Ansichten nicht immer die des Instituts gewesen seien. Das ist eine
weitschweifige Formulierung für jemanden, dem sie lieber nicht vertrauen würden, bei dem aber kein Grund vorliegt, ihn von gewissen Positionen fernzuhalten.«
»Verstanden.« Alex nickte. »Gut, dann werden wir in seiner Gegenwart eben keine Politik erwähnen und dafür sorgen, daß es in der Hauptkabine auf die Leute verbotener Themen gesetzt wird. Wer kommt als nächster?«
»Das sind unsere jungen Talente. Sie haben ihre Doktorgrade in den harten Wissenschaften und arbeiten nun an ihren
archäologischen Dissertationen.« Sie teilte ihren Mittelschirm und zeigte beide gleichzeitig. »Rechts ist Les Dimand-Taylor, menschlicher Herkunft; zur Rechten siehst du Treel rish-Yrnal-Leert, Rayanthaner. Treel ist weiblich. Les hat einen Doktor in Biologie, Treel einen in Xenologie.«
»Wäre Xenologie für Treel nicht eigentlich das Studium der Menschen?« warf Alex ein. Les war ein sehr angespannter Bursche, dünn, sonnengebräunt, sehr muskulös, aber mit
gehetztem Augenausdruck. Treel besaß einen Pelz aus sehr feinem, braunem Haar, der sich bis zu ihren Wangenknochen zog. Ihre runden schwarzen Augen blickten geradewegs in die Linse, schienen alles zu sehen und vermittelten dem
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