Raumschiff 4 - Channa
abwirft. Aber selbst dann könnte man sich nicht sicher sein, daß man sie auch wirklich alle vernichtet hat.«
»Sehr deprimierend, danke, darf ich jetzt noch etwas
ausruhen?«
Als sie später in der Nacht immer noch nicht schlafen konnte, rief Channa leise seinen Namen.
»Du solltest schlafen, Channa.«
»Ich weiß, aber ich muß erst einmal meinen Kopf wieder klar kriegen. Unterhältst du dich mit mir?«
Eine Pause schwebte in der Luft. Sie atmete durch und fuhr fort. »Ich weiß, daß ich kein so guter Partner gewesen bin wie…«
»Das ist doch Vorgeschichte«, warf Simeon ein. »Du bist mit einer wahrlich furchtbaren Notsituation weitaus besser zurechtgekommen, als die allermeisten es getan hätten. Ich kann durchaus zuhören. Was geht dir denn durch den Kopf?«
»Er«, erwiderte sie, als deckte das Wort das Problem völlig ausreichend ab.
»Aha. Nicht ganz, was du erwartet hast, wie?«
Sie seufzte. »Nein, im Gegenteil. Viel zu sehr, was ich erwartet habe. Er ist… ich fürchte, ich werde nicht mit ihm zusammenarbeiten können.«
Warum bin ich nur nicht überrascht? fragte sich Simeon.
»Weshalb? Was stimmt denn nicht?«
»Abgesehen davon, daß er selbstzufrieden, aufdringlich und ich bezogen ist, meinst du? Nun, er hat kein Vertrauen in meine Kompetenz, und ich rechne damit, daß ich mit ihm streiten muß, damit er nicht meine Position besetzt. Er reißt die Dinge ziemlich gern an sich, darin hattest du recht. Und er respektiert Frauen nicht.«
»Wie kommst du denn darauf?« Mal hören, wie du zu dieser schwierigen Schlußfolgerung gelangt bist. Simeon genoß die Herausforderung, ihren Denkprozessen zu folgen.
»Na, das Offensichtlichste ist ja wohl, daß er von mir erwartet hat, daß ich für ihn koche! Ja, das hat er schon überwunden. Er ist immer schnell dabei mit einer
Entschuldigung wegen ›unterschiedlicher Sitten‹. Aber tief in seinem Inneren glaubt er nicht wirklich daran. Er denkt, daß es bei ›Sitten ‹ darum geht, ob man auf dem Boden sitzt oder auf einem Stuhl. Aber er begreift es nicht, wenn kulturelle Ansichten fundamental verschieden sind.«
»Channa, meine Liebe, auf Bethel gibt es eben keine
fundamentalen Unterschiede. Dieser Streit, den er mit den Ältesten hatte… es fällt schwer zu begreifen, worum es dabei eigentlich genau ging… aber denen scheint er von
überwältigender Bedeutung zu sein.«
»Oh, ich begreife schon, weshalb er so ist«, erwiderte Channa und schlug frustriert mit der Faust gegen das Kissen. »Und es ist ja auch nicht so, als wäre er dumm. Er ist intelligent und aufmerksam, aber das macht es ja noch irritierender und nicht etwa weniger. Was ein dummer Mensch tut, kann man gut
ignorieren. Und was hinzukommt – plötzlich rückt er mir auf die Pelle. Ich wundere mich ein wenig, daß er nicht erst noch verlangt hat, sich die anderen Zimmer anzuschauen, um sich eins auszusuchen, das ihm gefällt.« Plötzlich nahm ihr Gesicht eine bezaubernde rötliche Färbung an.
Simeon bemerkte es. Schließlich konnte er ja auch im
Dunkeln sehen. »Und er ist über dich gekommen wie das
Kolonienschiff, auf dem er geflogen ist, nicht wahr?«
»Da hast du verdammt recht«, murmelte sie halblaut. ›»Ich mag anziehende Frauen‹«, sagte sie in übertriebener Imitation seines Verhaltens und Akzents. »Was tut er wohl, wenn er sich mit einer nicht anziehenden Frau abgeben muß? Stülpt er ihr vielleicht eine Tüte über den Kopf? Ich verabscheue solche Männer!« Sie unterstrich ihre Worte, indem sie mit beiden Fäusten auf das Bett einhämmerte.
»Ich dachte, du fühltest dich von ihm angezogen«, meinte Simeon in einem ruhigen und leicht neugierigen Ton.
»Tue ich auch«, sagte sie empört. »Das mißfällt mir ja auch am meisten daran.«
»Jetzt bin ich ein bißchen verwirrt. Wie kannst du dich zu jemandem hingezogen fühlen, den du nicht ausstehen kannst?«
»Ich weiß es nicht«, erwiderte sie grimmig.
»Pheromone?« fragte Simeon heimtückisch.
»Vielleicht. So etwas kommt vor.« Sie seufzte.
Die geheimnisvollen Pheromone schlagen wieder zu, dachte er. Es gibt Zeiten, da bin ich außerordentlich froh darüber, ein Hüllenmensch zu sein. Ich kann wenigstens meinen eigenen Hormonspiegel justieren. Der Gedanke daran, daß seine Biochemie auf unberechenbare Weise durch emotionale
Faktoren durcheinandergebracht werden könnte, war nicht auszuhalten.
»Du meinst«, fragte er vorsichtig, »daß dir so etwas schon mal passiert ist?«
Ein
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