Raumschiff 4 - Channa
da, während Channa ihre Checkliste beendete. Unter dem natürlichen Braun schien seine Haut von schlammigem Grau geworden zu sein, und es sah auch so aus, als würde er leise zittern.
»… und die Abweichungen betragen mehr als dreißig Prozent über der Zulässigkeitsgrenze«, sagte sie forsch.
»Miss Hap…« sagte der glücklose Bürokrat und versuchte einmal mehr, das Heft an sich zu reißen. »… diese Langstreckensysteme dienen doch ausschließlich der
Rücksicherung. Die sind nicht mehr benutzt worden, seit die SSS in Dienst gestellt wurde!« Als er ihre hochgezogenen Augenbrauen bemerkte, fuhr er hastig fort: »Außerdem fehlt es mir an Personal und…«
»Chief Doak«, fuhr sie fort. »Regelmäßige persönliche
Inspektionen gehören bei allen Installationen dieser Art zur Standardprozedur. Es ist mir völlig gleichgültig, ob das Gerät nur selten eingesetzt wird. Sicherheitssysteme existieren für den Notfall, und dann sollten sie besser auch die Funktionen erfüllen, für die man sie gebaut hat. Und es ist mir auch völlig egal, daß Sie immer wieder mal ferngelenkte Servos hineinschicken. Maschinen tun, was man ihnen sagt, ob es das Richtige ist oder nicht. Erfahrene Techniker sollten ein Gespür für ihr Gerät haben. Ihre Leute haben das offensichtlich nicht.
Das ist unzufriedenstellend. Haben Sie mich verstanden?«
»Jawohl, Miss Hap«, erwiderte er hölzern.
Aas, las sie in seinem Blick. Das ist schon in Ordnung. Du hast ein Recht darauf, deine eigene Meinung von mir zu haben, und ich habe ein Recht darauf, von dir zu erwarten, daß du deine Arbeit tust, dachte sie, machte kehrt und schritt forsch zur Tür.
»Es ist mir völlig gleichgültig, was irgend jemand meint und sagt, Miss Hap. Ich finde, daß Sie großartige Arbeit leisten.«
Das war eine der Funktechnikerinnen. Channa lächelte sie freundlich an und sagte leise, nachdem sie einen Blick auf ihr Namensschild geworfen hatte: »Ehrlich gesagt, Miss… Foss, es ist mir verdammt egal, was Sie denken. Mir geht es nur um die Qualität Ihrer Arbeit. Der Sie übrigens im Augenblick nicht nachkommen.« Sie eilte den Gang weiter.
»Entschuldigung«, sagte Simeon zu Channa, als sie außer Hörweite war.
»Ja?«
»Mußten Sie unbedingt so gehässig zu ihr sein?«
»Simeon, es wäre unprofessionell, wenn ich zuließe, daß die Leute auf diese Weise Partei ergreifen. Wir können einem Sektionsleiter durchaus den Kopf abreißen, aber sich derart in die Befehlskette einzumischen ist kleinlich, zersetzend und gefährdet die Arbeitsmoral. Vielleicht bin ich nicht sehr lange hier, dann möchte ich um so weniger einem anderen ein derartiges Durcheinander übergeben müssen. Solche
Tendenzen muß man im Keim ersticken.«
»Ersticken ist eine Sache. Aber Sie haben ihr die Beine an den Knien amputiert.«
»Ach so, ich verstehe. Sie glauben, daß ich unfreundlich war.«
»Das waren Sie allerdings! Genau genommen waren Sie
sogar verdammt grausam.«
Channa blieb einen Augenblick stehen, die Hände in die Hüfte gestemmt. Nachdenklich blickte sie zu Boden. Dann verlagerte sie ihr Gewicht und verschränkte die Arme.
»Simeon, mir ist aufgefallen, daß Tell Radon zwölf Jahre über die normale Pensionsgrenze hinaus an Bord geblieben ist.«
»Er wollte eben nicht gehen«, erwiderte Simeon mißtrauisch.
»Aber vor sechs Jahren hat er seine Pensionierung
beantragt.«
»Er hat es sich anders überlegt und den Antrag
zurückgezogen. Und ich hatte nicht vor, ihn hinauszudrängen.
Er ist mein Freund.«
»Nun, als ich einige der Konferenzberichte der letzten Jahre durchgegangen bin, blieb mir nichts anderes übrig als zu bemerken, daß alle sich so benahmen, als sei er überhaupt nicht da. In den wenigen Fällen, in denen er etwas zu den Beratungen beisteuerte, wurde es sofort in Zweifel gezogen.
Oder klingen Ihnen die Worte ›tatsächlich, Simeon‹ vielleicht unvertraut?«
»Worauf wollen Sie hinaus?«
»Ich will auf einen grundlegenden Unterschied hinaus, was unseren Stil angeht, Simeon. Wenn ich grausam bin, dann geschieht es, um späteren Schmerz zu verhindern. Wenn Sie grausam sind, dann geschieht es, um sich durchzusetzen.«
»Wie bitte?«
»Sie wissen doch bestimmt, daß die Sorge um einen Freund durchaus aus zwei Richtungen betrachtet werden kann?
Vielleicht ist Tell Radon ja nur geblieben, weil er wußte, daß Ihnen das lieber wäre. Der ganze Laden läuft schon ziemlich lange so, wie Sie es gern haben. Ich kann mir nicht
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