Raumschiff der Rätsel
er. »Immerhin haben wir seit einunddreißig Stunden kein Auge mehr zugetan. Außerdem ist es bestimmt noch da, wenn wir aufwachen.«
»Was ist noch da?« fragte Walters.
»Nichts«, erwiderte Berryman grinsend. »Das unendliche Nichts da draußen.«
»Du und deine Witze«, sagte Walters seufzend und schloß die Augen.
Die drei Männer schwiegen und warteten auf die Wirkung des Schlafmittels. McCulloughs Gedanken wanderten zu dem fast lächerlichen Problem seiner Schiffskameraden zurück, die darauf bestanden, seine Patienten zu sein. Natürlich gefiel ihm die Vorstellung, daß seine beruflichen Fähigkeiten zum Erfolg der Expedition wesentlich beitragen würden, und er hoffte im Verlauf der Reise einige interessante Beobachtungen anstellen und Schlußfolgerungen über die physiologischen, sozialen und vielleicht auch psychologischen Probleme außerirdischer Wesen ziehen zu können – obwohl er eigentlich gar kein Psychologe war. Aber abgesehen von den Namen, Gesichtern, Stimmen und Rangabzeichen wußte McCullough sehr wenig über seine Schiffskameraden und freiwilligen Patienten.
Im Grunde gehörten sie zum introvertierten Menschenschlag, was angesichts der Aufgaben eines Astronauten auch unerläßlich war, und sowohl Captain Berryman als auch Major Walters hatten sich ihm gegenüber stets zuvorkommend und freundlich verhalten.
Mit Colonel Morrison lagen die Dinge jedoch anders. Der Colonel war höflich, aber sehr zurückhaltend, und vor der Reise hatte wenig privater Kontakt zwischen ihnen bestanden. Dasselbe galt für Major Drew. Captain Hollis, der Physiker, vervollständigte Morrisons Mannschaft. Sein militärischer Rang war ebenso wie McCulloughs Einstufung eigentlich bedeutungslos und hatte vermutlich nur den Zweck, die Verwaltungsarbeit der Armee zu regeln und die Befehlsverhältnisse zu klären. Hollis sprach selten, und dann auch nur leise und zögernd. Offensichtlich erschöpften sich seine Leidenschaften darin, Schach zu spielen und die Fernsehapparate seiner Freunde zu reparieren.
Dann war da natürlich noch Lieutenant-Colonel McCullough, eine recht schwierige Persönlichkeit, ein Mann, dessen Beweggründe er zu kennen geglaubt hatte, bis er sich plötzlich freiwillig für diese Expedition meldete. Er hatte vor Jahren ein gewisses astronautisches Grundtraining für den Dienst in einem Kreisbahnlaboratorium absolviert, wo er Studien über das Verhalten von Tieren im schwerelosen Zustand treiben wollte. Er war ebenso wie seine Expeditionskameraden unverheiratet. Obwohl im allgemeinen angenommen wurde, daß die Ehe einen Astronauten stärkte und ihm größere Zuversicht gab, war es in diesem Fall wohl besser, nicht verheiratet zu sein; das Prometheus-Projekt konnte durchaus zur Selbstmordmission werden.
McCullough drehte sich in seiner Koje herum, obwohl im schwerelosen Zustand alle Stellungen gleich bequem waren. Das Sichtfenster zeigte die Erde als dunkle Scheibe, hinter der soeben der Mond verschwand. Die Wolkenfelder und die Umrisse der Kontinente waren nur undeutlich zu sehen. Die Städte und die Sterne jenseits der Erde schimmerten fast im gleichen Licht, so daß der Planet durchsichtig und substanzlos zu sein schien – wie eine Welt aus Ektoplasma.
Es war fast, als hätte er einen Moment nicht hingeschaut und als wäre in diesem Augenblick der alles vernichtende Krieg ausgebrochen und hätte die ganze Welt in den Tod geschickt – eine Welt, die ihre Sonne nun auf ewig als Geisterplanet umkreisen würde ...
McCulloughs Gedanken glitten in den Schlaf hinüber.
Als er einige Stunden später erwachte, hatte die Erde ihre Festigkeit wiedergewonnen und zeigte sich als schimmernde Kugel, die die Fläche der Sichtluke eben noch ausfüllte. Berryman und Walters waren bereits wach, und der Pilot begann die Frühstückstuben zu verteilen. Sie hatten ihre Mahlzeit eben beendet, als der Lautsprecher zum Leben erwachte:
»Hier spricht die Prometheus-Zentrale. Guten Morgen, meine Herren! Falls Sie nichts anderes vorhaben – und das dürfte kaum der Fall sein, nicht wahr? – möchten wir Sie jetzt zu Ihrer ersten Unterrichtsstunde einladen! Wir haben uns im übrigen entschlossen, die Zahl Ihrer täglichen Lektionen von zwei auf drei heraufzusetzen. Der erste Vortrag, der Ihnen bei Erreichen des fremden Schiffes sicherlich zugute kommt, behandelt die Probleme multidimensionaler Mathematik!«
»Eiwei!« sagte Berryman.
»Gehen Sie doch zum ...!« sagte Walters.
»Kein Kommentar«, sagte
Weitere Kostenlose Bücher