Raumzeit - Provokation der Schoepfung
die stets den gleichen Wert hat, sondern zudem ein Maximum ist mit einer oberen Grenzgeschwindigkeit in der mechanischen und elektromagnetischen Welt.«
»Und damit sind wir wieder bei dem schottischen Physiker James Clerk Maxwell angelangt. Albert ist ganz beeindruckt von ihm.« Mileva steht auf und schenkt den Freunden Kaffee nach.
»Ja, es ist tatsächlich so. Maxwells Experimentalergebnisse faszinieren mich, denn sie überzeugen. Nicht nur, dass er alle elektrischen und magnetischen Phänomene in einem einzigen mathematischen System als elektromagnetisches Feld vereint hat, sondern er demonstrierte ja auch, dass elektromagnetische Wellen sich mit einer bestimmten und unveränderlichen Geschwindigkeit ausbreiten, und zwar mit rund 300 000 Kilometern in der Sekunde. Licht bewegt sich also im Vakuum immer mit Lichtgeschwindigkeit.«
»Aber Maxwell war ja auch der Ansicht, dass die Ausbreitung des Lichtes ein Medium erfordert, in dem die elektromagnetischen Wellen sich fortpflanzen können«, ergänzt Habicht.
»Dieser ominöse Äther. Ich muss euch unbedingt mein Gedankenexperiment schildern, das ich mir 1896 als Sechzehnjähriger ausgedacht habe.« Einstein dreht sich eine Haarlocke um den Zeigefinger. »Also, als ich sechzehn war, fragte ich mich: ›Was würde passieren, wenn ich mit Lichtgeschwindigkeit reisen könnte und dabei einen Spiegel vor mich halten würde. Könnte ich dann mein eigenes Spiegelbild sehen?‹ Im vergangenen Jahrhundert war man ja davon überzeugt, dass dieses Äther-Medium eine statische Substanz ist, die das gesamte Universum erfüllt. Wenn sich also das Licht im Äther mit seiner Geschwindigkeit von 300 000 Kilometern in der Sekunde relativ zu mir bewegt, reise ich, also mein Gesicht und mein Spiegel ebenfalls, mit Lichtgeschwindigkeit durch den Äther.
Das Licht versucht also, mein Gesicht zu veranlassen, sich zu meinem Spiegel in der Hand fortzupflanzen. Doch es wird sich ja nie vom Gesicht entfernen und schon gar nicht meinen Spiegel erreichen, weil sich ja alles mit Lichtgeschwindigkeit bewegt.«
Solovine, leicht geschockt: »Wenn das Licht den Spiegel nicht erreichen kann, dann kann es auch nicht reflektiert werden. Also kann Albert sein Spiegelbild nie sehen.«
»Und ein Reisender«, ergänzt Habicht, »der sich mit Lichtgeschwindigkeit bewegt, muss verblüfft feststellen, dass sein Spiegelbild verschwindet.«
»Aber dieses Gedankenexperiment von mir bringt ein Problem mit sich«, sagt Einstein. »Ich war immerhin damals erst sechzehn. Es gibt ja hier nur zwei Möglichkeiten. Entweder ist Galileis Relativitätsprinzip verkehrt oder mein Gedankenexperiment ist falsch, weil ich das Äthermedium voraussetzte. Es gibt für mich nur einen Schluss, um dieses Paradoxon aufzulösen: Und zwar, dass sich das Licht mit einer bestimmten Geschwindigkeit relativ zum Äther ausbreitet, also nicht vom Äther getragen wird, sondern die Lösung ist, dass das Äthermedium überhaupt nicht existiert.«
Die drei Männer werden aus Ihrer intensiven Diskussion jäh herausgerissen, als der kleine Hans Albert in seinem Wagen zu quengeln anfängt.
»Er hat Hunger«, sagt Mileva und nimmt den Kleinen auf den Arm.
»Wisst ihr was, wir drei machen einen kleinen Spaziergang.«
»Gute Idee«, pflichten Habicht und Solovine bei. Die drei Freunde machen sich auf dem Weg.
Anfang des 20. Jahrhunderts befand sich die klassische Physik in einer Krise. Verantwortlich dafür waren herausragende Kapazitäten in der theoretischen Physik, brillante Denker und geniale Wissenschaftler, die hartnäckig für eine Neuordnung unseres bisherigen Weltbildes kämpften. Vor allem eine außerordentlich originelle Arbeit, die am 17. März 1905 in der Fachzeitschrift »Annalen der Physik« publiziert wurde, sollte für Aufsehen sorgen. Ein bis dahin unbekannter Patent-Sachbearbeiter in Bern war der Verfasser. Er schaffte es, das bis dahin gültige Zeit- und Raumverständnis sowie die klassische Auffassung der Physik mit nur 9000 Wörtern drastisch zu verändern. Dieser Mann war Albert Einstein.
Er wurde am 14. März 1879 in Ulm geboren und starb am 18. April 1955 in Princeton, USA. Seine Eltern Hermann Einstein und Pauline, geborene Koch, entstammten beide alteingesessenen jüdischen Familien, die schon seit Jahrhunderten im schwäbischen Raum ansässig waren. Der Vater stammte aus Bad Buchau, einer schwäbischen Kleinstadt, in der bereits seit dem Mittelalter eine bedeutende jüdische Gemeinde existierte. Nach der
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