Raus mit der Sprache
Manchen fällt es schwerer, etwas vorzulesen und dafür leichter, etwas mit eigenen Worten zu sagen. Bei anderen ist es genau umgekehrt.
Unabhängig davon, ob Sie mit einer Gruppe oder allein üben – das wichtigste ist, dass Sie Übungsgelegenheiten schaffen und nutzen.
Eine politische Gruppierung, ein Sportverein, ein Arbeitsverhältnis geben gute Situationen ab zum Üben – und dann natürlich alle Veranstaltungen, die Sie an der Universität besuchen. Auch hier lässt sich jeweils differenzieren, welche Situationen leichter und welche schwerer sind.
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Die Lernschritte
Die Lernschritte folgen auch dem Prinzip von leichter bis schwerer: vom Vorlesen eines einfachen Textabschnitts bis hin zu einem freien Kurzvortrag vor der Videokamera. Die Schwierigkeit bestimmt sich zusätzlich danach, in welcher Situation der Lernschritt durchgeführt wird.
1. Lernschritt
Die erste Aufgabe besteht darin, nach fünf Minuten Vorbereitungszeit einen kurzen Text vorzulesen und während des Vorlesens einmal in die Runde zu schauen und Blickkontakt aufzunehmen. Es kommt nicht auf den Inhalt des Textes an. Damit Sie sich eine Vorstellung von Länge und Schwierigkeit machen können, sei exemplarisch ein Text hier aufgenommen:
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Schüchternheit als Ausrede
Bei Partys stehen sie schweigend in den Ecken herum und halten
sich an ihrem Weinglas fest. Wenn der Chef beim Betriebsfest
sie mit lautem Hallo begrüßt, möchten sie am liebsten
Reißaus nehmen. Bei Bewerbungsgesprächen oder beim Rendezvous
fällt ihnen gewöhnlich erst hinterher ein, was sie eigentlich
sagen wollten. Sie leiden sehr – die Schüchternen.
Die Erforscher der Schüchternheit – oder der sozialen Angst,
wie sie es nennen – sind der Ansicht, dass schüchterne Menschen
ihre Fähigkeiten, mit anderen umzugehen, unterschätzen
. In Gesellschaft sind sie befangen, weil sie sich in Gedanken
dauernd damit beschäftigen, welchen Eindruck sie auf die
Anwesenden machen.
Legen Sie sich jetzt fest, in welcher Situation Sie Ihre erste Aufgabe durchführen wollen, und zwar nach folgendem Schema:
Wo
z.B. Freundeskreis
Wann
genaue Zeitangabe
Was
Vorlesen eines Abschnitts aus einem Zeitungsartikel
Außerhalb des Redetrainings ist mehr Eigeninitiative erforderlich, weil der feststehende Teilnehmerkreis, der festgelegte Zeitpunkt und die Anleitung durch den Übungsleiter nicht vorgegeben sind, sondern selbst organisiert werden müssen. Allerdings hat ein Kurs in erster Linie Anregungsfunktion. Die eigentliche Arbeit – die ›Hausaufgaben‹ zwischen den Sitzungen – leistet auch da jeder einzelne vor Ort nach seinen Gegebenheiten.
Das primäre Ziel ist,
dass
Sie die Aufgabe ausführen, das
Wie
ist dem nachgeordnet. Wenn Sie sich der Aufgabe gestellt haben, anstatt sie wie bisher zu vermeiden, sollten Sie sich das auch uneingeschränkt honorieren und erst beim zweiten Hinschauen registrieren, was Ihnen gefallen hat und was noch verbessserungsbedürftig ist. Wenn Sie sogleich mit harscher Selbstkritik bei der Hand sind, lassen Sie den Fortschritt, dass Sie reden statt schweigen, unter den Tisch fallen, und Sie nehmen sich den Elan zum Weitermachen.
|67| Für den Fall, dass Sie trotz guter Vorbereitung geschwiegen haben, sollten Sie sich das nicht übel nehmen. Analysieren Sie stattdessen sorgfältig, wie Sie sich am Reden gehindert haben, schreiben Sie die Gedanken auf, debattieren Sie sie anhand der bekannten drei Fragen, und formulieren Sie eine positive Alternative.
Erst wenn Sie die erste Aufgabe absolviert haben, sollten Sie zur nächsten weitergehen. Es wäre wünschenswert, dass Sie jede Woche einen Lernschritt machen.
2. Lernschritt
Im zweiten Lernschritt sollen Sie bereits einen kleinen selbstständigen Beitrag leisten. Sie nehmen einen etwas längeren Text und zehn Minuten Vorbereitungszeit. Sie sollen dann den Inhalt des Textes paraphrasieren, also in eigenen Worten wiedergeben. Sie können einen Stichwortzettel benutzen. Textbeispiel:
Schwangerschaft als Stigma
Schwangerschaft sollte eigentlich etwas Erfreuliches sein. Jedenfalls
tun die meisten Menschen so, als ob sie sich nichts Natürlicheres
und Schöneres vorstellen könnten als eine schwangere
Frau. In Wirklichkeit wird eine Schwangere oft so behandelt,
als ob sie einen körperlichen Defekt hätte. Besonders Männer
verhalten sich gegenüber Schwangeren oft seltsam.
Zwei Psychologinnen haben beobachtet, wie sich Menschen
im Lift, in dem auch eine Schwangere mitfuhr,
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