Rausfliegen mit Erfolg

einen einschlägigen Anwalt konsultieren, erhalten Sie in einem ersten Schritt natürlich das bitter notwendige Mitgefühl, Verständnis und den gewünschten Zuspruch. Gleich darauf allerdings gebietet es die Berufsehre, Ihnen folgenden Rat zu erteilen: Betrachten Sie die Sache von Anfang an mit der nötigen Distanz. Halten Sie den nötigen Abstand. Eine Krisensituation kann man nicht analysieren, geschweige denn steuern, wenn man emotional mittendrin steckt. Denken Sie an den Sanitäter. Sie leisten sich selbst am besten Erste Hilfe, wenn Sie sich in eine halbwegs komfortable Ruhestellung begeben. Dann können Sie über die Lösung des aufgetretenen Problems nachdenken.
    Ihr Rechtsbeistand wird Sie darauf hinweisen, dass es sich bei einer Ehe um einen im wahrsten Sinne des Wortes lösbaren Vertrag handelt. Bei der Auflösung ist Köpfchen leider mehr gefragt als Herz. Letztendlich geht es um ein Geschäft. Im juristischen Sinne steht bei einer Scheidung die Aufteilung des ehelichen Vermögens im Vordergrund.
    Dieser durchaus wohlgemeinte Rat ist ebenso vernünftig wie unannehmbar. Zu viel Gefühl steckt in einer privaten Beziehung, wie problematisch sie auch immer sein mag. Es bedarf einer gehörigen Anstrengung, Sach- und Gefühlsebene bewusst auseinander zu halten. Auf diese Herausforderung treffen Sie in Ihrem Innersten ebenso wie in der Kommunikation mit Ihrem zukünftigen Ex-Partner. Jeder Schritt des Gegenübers wird emotional betrachtet. Je inniger die Verbindung noch erlebt wird, desto schwerer fällt das Loslassen. Daher lockt die Versuchung, die noch empfundene Zuneigung durch großzügige finanzielle Gesten zu unterstreichen. Oft in der Hoffnung, doch noch ein Umdenken herbeizuführen. Dabei müssten Sie es besser wissen: Ehrliche Gefühle lassen sich nicht kaufen. Selbst plötzlich auftretende Existenzängste sind nicht dazu geeignet, sich auf die eigene materielle Zukunft zu konzentrieren. Anwälte haben bei emotional engagierten Mandanten alle Hände voll zu tun, den Sinn für das Materielle zu schärfen.
    So gesehen lässt sich eine Dienstgeberkündigung als Musterbeispiel für eine private Scheidung darstellen. Denn die Auseinandersetzung ist rein wirtschaftlicher Natur. Zumindest aus Sicht Ihres Arbeitgebers. Wenn Sie für ein profitorientiertes Unternehmen arbeiten, dürfen Sie den geforderten Geschäftssinn durchaus voraussetzen. Er ist in den Firmenrichtlinien niedergeschrieben.
    Vergegenwärtigen Sie sich bitte Ihren Dienstvertrag.
    Sie wurden engagiert, um eine Funktion zu erfüllen, um eine Aufgabe zu erledigen. Sie bekamen Geld dafür, um eine klar definierte Leistung für Ihren Arbeitgeber zu erbringen. Sie haben ein Geschäft abgeschlossen. Sie SIND ein Gegengeschäft, Teil eines klassischen ökonomischen Kreislaufs. Wenn dieser Kreislauf ins Stocken gerät, weil Sie Ihrem Unternehmen zu wenig bringen oder der mit Ihrem emsigen Schaffen entstandene Gewinn Ihre Kosten nicht rechtfertigt, dann sind Sie für Ihren Dienstgeber kein lukratives Geschäft mehr. Und nicht zufriedenstellende Geschäftsbeziehungen gibt man einfach auf.
    Es ist nicht persönlich.
    Ãœberlegen Sie sich, wer bei einer dienstlichen Trennung als Ihr Gegenüber am Verhandlungstisch sitzt. Sind es Menschen? Ja.
    Agieren Sie menschlich? Nein, können sie gar nicht!
    Lassen Sie uns Folgendes klarstellen:
Bei Ihrem Gegenüber handelt es sich um Arbeitgebervertreter. Diese üben eine Funktion aus und sind ihrem Vorgesetzten verantwortlich. Der wiederum hat auch einen Vorgesetzten. Und so weiter und so weiter. Wenn Sie ganz oben angelangt sind, dann finden Sie dort den obersten Arbeitgebervertreter. Und der ist allein den Zielen des Unternehmens verpflichtet. Er muss in der Aktionärsversammlung Rede und Antwort stehen oder der Eigentümerfamilie Bericht erstatten. Steht Ihre Beschäftigung aus welchem Grund auch immer den Unternehmenszielen entgegen, ist Ihre Freisetzung unausweichlich. Es ist nicht persönlich.
Wenn Sie ein Schriftstück zu Gesicht bekommen, das die Auflösung eines Dienstverhältnisses dokumentiert, achten Sie bewusst auf die vertragsübliche Eingangsformulierung:
Zwischen der Firma XY, im folgenden Dienstgeber (DG) genannt, und Herrn Mustermann, im folgenden Dienstnehmer (DN) genannt,… Diese Formel dient nicht nur der Einfachheit, sondern symbolisiert klar die Anonymisierung.