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Rausfliegen mit Erfolg

Rausfliegen mit Erfolg

Titel: Rausfliegen mit Erfolg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Nentwich
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bis an den Rand. Die Großzügigkeit ist ebenso beachtlich wie die Größe der abzubauenden Belegschaft.
    Als Führungskraft sind Sie in Personalangelegenheiten zum Spagat aufgefordert. Einerseits appellieren Sie täglich an das Kostenbewusstsein Ihres Teams, verweigern Gehaltserhöhungen, predigen Sparmaßnahmen und kürzen Fortbildungsprogramme. Andererseits verabschieden Sie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit einem von der Geschäftsleitung verordneten goldenen Handschlag, der oft mit Fassungslosigkeit erwidert wird. Es ist für den Einzelnen schwer nachzuvollziehen, aus Kostengründen gefeuert zu werden und gleichzeitig mit dem Ausscheiden Zahlungen in einer Größenordnung zu verursachen, die für das normale Gehalt viele, viele Monate gereicht hätten.
    Der Unterschied zu den meisten privaten Scheidungen besteht im schnöden alten Spruch: „Über Geld spricht man nicht, Geld hat man.“ So mag es nicht verwundern, dass viele generös abgefertigte Arbeitnehmer mit dem Erhalt des Geldes ihr Versprechen abgeben müssen, über die Trennungsdetails den Mantel des Schweigens zu breiten.
    Eine private Scheidung kostet auch immer Zeit. Die Zeitrechnung schaut folgendermaßen aus:
Formel PSZ:
K n = t x wobei n = x 2
K … Krisenfaktor
n … Anzahl der relevanten Krisenfaktoren
t … Zeitfaktor
x … Anzahl der Krisenfaktoren zum Quadrat
    Der Zeitrahmen eines privaten Trennungsprozesses wird von drei Krisenfaktoren bestimmt: Kohle, Kinder, Kränkungsgrad.
    Allein die Existenz der Faktoren ist bestens dazu geeignet, den Prozess in die Länge zu ziehen. Die einzelnen Variablen selbst können sowohl positive als auch negative Ausprägungen haben. Es ist nicht automatisch gesagt, dass dort, wo besonders viel Kohle im Spiel ist, die Ehepartner am gehässigsten miteinander umgehen. Aber es gibt keinen Zweifel darüber, dass die Zahl der Einflüsterer umso größer wird, je mehr Relevanz die Faktoren besitzen.
    Das ohnehin mühsame Ringen wird von einer weiteren Zeitkomponente wesentlich bestimmt. Die aktuelle Gesetzgebung lässt eine einvernehmliche Scheidung formal erst zu, wenn die Lebensgemeinschaft bereits vor mindestens sechs Monaten faktisch beendet wurde, die Ehe wirklich kaputt ist und bereits Einvernehmen über Vermögensteilung, Kinderbetreuung und Unterhalt erzielt ist. Womit wir wieder bei Formel PS1 angelangt wären.
    Auch die Freisetzung von Mitarbeitern scheint auf den ersten Blick nicht so einfach zu sein. Gesetzliche Kündigungszeiten und ein engagierter Betriebsrat haben durchaus Potenzial, den Trennungsprozess bei Arbeitnehmern in die Länge zu ziehen. Betrachtet man allerdings die diskutieren Krisenfaktoren, dann geht es bei einer beruflichen Scheidung ausschließlich um Geld. Und diesen Faktor steuern Unternehmungen perfekt.
    So werden Kündigungsfristen und Resturlaube in Abschlagszahlungen umgewandelt, Betriebsräte mit vernünftigen Sozialplänen besänftigt und den Betroffenen selbst Prämien für das sofortige Akzeptieren einer einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses angeboten.
    Während bei einem privaten Trennungsprozess von der Äußerung des Trennungswunsches eines Partners über die verschiedenen Vermittlungsversuche Dritter, die Aushandlung einer für beide Seiten akzeptablen finanziellen Lösung bis hin zur Unterfertigung der Scheidungspapiere Monate vergehen, dauert eine dienstliche Trennung für gewöhnlich nicht länger als Ihre Hochzeitsreise. Selbst bei einer Dienstgeberkündigung erhält der Betriebsrat die Information lediglich fünf Tage vor der Umsetzung. Einige Unternehmen sind stolz darauf, die Sache wie einen Tagesausflug abzuhandeln. Statt eines Tourist-Guides begleitet Sie am Ende die firmeneigene Security zur Türe.
    Eh Sie sich versehen, genießen Sie als ehemaliger Arbeitnehmer einen langen und doch nicht wirklich erholsamen Urlaub. Ein unfreiwilliges Last-Minute-Angebot, für das Sie sich dem verkäuferischen Geschick Ihres Gegenübers folgend letztendlich selbst entschieden haben. Sie denken zurück an die Zeit, die sich das Unternehmen genommen hat, um eine endgültige Entscheidung über Ihre Einstellung zu treffen. Sie rechnen nach, wie viel Zeit Ihres Lebens Sie in der Firma verbracht haben. Am Ende war der Prozess auffällig kurz. So als hätten Sie Ihre Hochzeit in monatelanger Vorbereitung geplant

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