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Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition)

Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition)

Titel: Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Kurve, und vor ihnen tauchte Karghill aus den treibenden Regenschleiern auf, ihr Ziel. Voll Unbehagen erkannte Raven, dass Target trotz des heranrasenden Ortsschilds keinerlei Anstalten machte, die Geschwindigkeit zu verringern.
    »Jeff?«, begann Raven einigermaßen zögernd. Wie vielen Briten lag ihm rasche Vertraulichkeit nicht, aber Target hatte ihn mit seinem ›Nennen Sie mich doch einfach Jeff‹ förmlich überrannt, und nachdem Raven im Stillen seinen Kontostand überschlagen hatte, war es dabei geblieben. Man verprellt schließlich nicht gerade die besten Kunden. »Jeff, ich finde ...«
    »Prima Wagen«, sagte Target um seinen Kaugummi herum. »Ganz prima Wagen. Zu schade, dass es hier keine vernünftigen Highways gibt, sonst könnte man noch ganz was anderes aus dem Maschinchen rausholen.«
    »Jeff, ich finde wirklich ...«
    Ravens Stimme wurde von dem Kreischen der Reifen übertönt, als sie in die schmale Hauptstraße Karghills einbogen, die zugleich auch die einzige Straße des ganzen Orts war, die diesen Namen verdiente. Der Maserati zog eine gischtende Fahne aus hochgewirbeltem Wasser und Schlamm hinter sich her, ehe er mit quietschenden Bremsen vor der Polizeiwache anhielt. Die wenigen Passanten, die sich trotz des schlechten Wetters auf der Straße aufhielten, warfen Target und Raven verwunderte oder missbilligende Blicke ob so viel Unverfrorenheit zu, aber wenigstens Jeff Target schien das nicht zu stören.
    Er sprang aus dem Wagen, schlug die Tür so wuchtig hinter sich zu, dass es Raven in der Seele weh tat, und eilte, den Kopf zum Schutz vor dem Regen und dem eisigen Wind zwischen die beiden Schultern gezogen, mit weit ausgreifenden Schritten auf die Polizeiwache zu. Raven folgte etwas langsamer.
    Target musste den Kopf einziehen, um sich nicht am niedrigen Türbalken zu stoßen, und seinem grimmigen Gesichtsausdruck nach hätte jeder unvoreingenommene Zeuge schließen müssen, dass dies nicht die einzige Unbequemlichkeit war, die er auf dem Wege hierher erlitten hatte. Er schien offenbar fest entschlossen, eine tüchtige Show abzuziehen, um die ortsansässigen Polizisten bis ins Mark zu erschrecken.
    Er knallte die Tür hinter sich und Raven mit einem schmetternden Schlag zu, der durch das ganze Haus hallte, sah sich kampflustig um und schüttelte sich zuerst einmal das Wasser aus Jacke und Haar, ehe er auf eine der zahlreichen niedrigen Türen zueilte, die von der Eingangshalle abzweigten. Dahinter lag ein kleines, dunkles Büro, an dessen Decke eine viel zu schwache Glühbirne gegen die von draußen hereindringende Dämmerung ankämpfte und dessen Einrichtung noch aus der Zeit König Artus' zu stammen schien.
    Ein kleiner, graugesichtiger Beamter der Gattung ›Gemeiner Polizist‹ sah von einem Berg von Papieren auf, als der Besucher so vehement hereingestürmt kam. Er lächelte - nicht, ohne eine Spur von Missbilligung ob des ungestümen Auftretens des Fremden auf seine Stirn zu zaubern; den hinter Target dreinzottelnden Raven beachtete er dabei gar nicht, weil ihm schon auf den ersten Blick unverkennbar klar geworden sein musste, wo hier die Hauptkampflinie verlief.
    Er stand umständlich auf und ging dann betont langsam zu der altmodischen Holztheke, die das Büro von dem für Besucher reservierten Teil des Raumes abgrenzte. »Was kann ich für Sie tun, Gentlemen?«, fragte er betont höflich.
    Der missmutige Ausdruck auf dem Gesicht Jeff Targets vertiefte sich noch. Raven bewunderte seine schauspielerischen Fähigkeiten rückhaltlos. »Ich suche den Bürgermeister«, sagte er knapp. »Oder den Polizeipräsidenten. Am besten beide.«
    Der Beamte lächelte sanft.
    »Sie sind fremd hier, nicht wahr?«, fragte er.
    Target grinste, aber es war ein Grinsen, das den Beamten unwillkürlich einen halben Schritt von der Theke zurückweichen ließ. Er warf Raven, den er erst jetzt wahrzunehmen schien, einen beinahe Mitleid heischenden - oder vielleicht gar Hilfe suchenden? - Blick zu, aber der verzog keine Miene.
    »Nein«, raunzte Target. »Ich bin in diesem Kaff aufgewachsen und zur Schule gegangen, und ich frage nur aus Langeweile.«
    Das leicht maskenhafte Lächeln des Beamten wurde um eine Spur kälter und gleichzeitig nervöser. »Es ist nur«, sagte er vorsichtig, »weil Karghill ein sehr kleiner Ort ist, und ...«
    »Ach?«, machte Target. »Ist mir gar nicht aufgefallen. Zwischen all den Hochhäusern und Freizeitparks übersieht man das schon mal, wissen Sie? Was ist nun mit dem

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