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Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition)

Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition)

Titel: Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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provisorische Fackel entzündete. Raven entschloss sich, alles auf eine Karte zu setzen. Noch einmal führte er einige kraftvolle Hiebe, mit denen er die Angreifer ein paar Schritte zurücktrieb, dann ließ er die Eisenstange fallen und griff stattdessen nach der Fackel, wobei er sich selbstredend kräftig die Hand verbrannte, bevor er sie richtig zu fassen bekam.
    Blitzschnell sprang er vor und rammte dem Vordersten der Untoten das brennende Ende zwischen die Rippen. Das Ergebnis übertraf seine kühnsten Erwartungen.
    Es gab eine grelle Stichflamme, und das Skelett loderte auf, als wäre es mit Benzin übergossen. Erfolglos schlug es mit seinen Knochenhänden auf die Flammen ein, taumelte zurück und prallte gegen einen seiner Kumpane.
    Es dauerte nur Augenblicke, bis alle vier Untoten in hellen Flammen standen. Eine Hitzewelle fauchte Raven entgegen und trieb ihn zurück.
    Er wusste nicht, ob menschliche Knochen, selbst wenn sie so alt und trocken waren, wirklich so brennen konnten. Vermutlich war auch hier Magie im Spiel. Wichtig war nur der Erfolg, und der war durchschlagend. Als lebende Fackeln taumelten die Skelette einige Sekunden blindlings durch die Gruft, dann brachen sie eines nach dem anderen zusammen. Die Flammen erloschen, nur einige angesengte Knochenhaufen blieben von den dämonischen Angreifern zurück.
    Schwer atmend lehnte sich Raven gegen die Wand.
    »Das war eine wirklich zündende Idee«, sagte seine Helferin. Sie streifte sich ihre Kutte über den Kopf und ließ sie achtlos zu Boden gleiten. Darunter trug sie normale Kleidung, Jeans und einen dunklen Pullover, beides anscheinend exklusive Designerstücke, von den jedes, wie Raven verbittert überlegte, vermutlich deutlich mehr gekostet hatte, als er an diesem Auftrag an Honorar erhalten würde.
    Ihr blondes Haar hatte sie hochgesteckt, was die hübschen Züge ihres Gesichts noch betonte. Raven war sich sicher, sie irgendwo schon einmal gesehen zu haben.
    »Aber ohne Ihre Hilfe wäre ich verloren gewesen«, sagte Raven. »Es war sehr mutig von Ihnen, zurückzukommen und mir beizustehen.«
    »Schließlich konnte ich Sie ja nicht einfach Ihrem Schicksal überlassen, Mr. Raven«, erwiderte sie und bestätigte damit, dass auch sie ihn kannte. »Scheint so, als wären Sie mit den Jahren ein wenig außer Form gekommen.«
    Raven starrte in ihr zu einem spöttischen Lächeln verzogenes Gesicht. Ein anderes, jüngeres Gesicht tauchte aus seiner Erinnerung auf und legte sich über ihres. Plötzlich wusste er, wen er vor sich hatte.
    »Hillary?«, stieß er ungläubig hervor. »Hillary Gifford??!«
    ES war zufrieden. Die letzten Kraftreserven des Mittlers hatten ausgereicht, alles so in die Wege zu leiten, wie ES es geplant hatte. Nun war Wilbur Cunningham nicht viel mehr als eine leere, ausgebrannte Hülle, die entsorgt werden musste. Aber auch dafür hatte ES bereits Vorsorge getroffen.
    Mit steifen, eckigen Bewegungen, fast wie die einer Marionette, erhob sich Cunningham und verließ das unterirdische Gewölbe. Irgendwann auf dem Weg durch den Keller bückte er sich mechanisch und hob seinen Schlüsselbund auf. Im Hof angelangt, startete er seinen Wagen und fuhr los.
    Er würde nicht weit kommen. In ein oder zwei Meilen Entfernung würde er die Kontrolle über das Fahrzeug verlieren, einen Abhang hinunterstürzen und dabei ums Leben kommen - sofern man seine seelenlose, nicht mehr zu eigenständigem Denken fähige Existenz überhaupt noch als Leben bezeichnen konnte.
    ES kümmerte sich nicht weiter um ihn. Voller Vorfreude und Gier wartete ES darauf, dass die Falle zuschnappte, die ES errichtet hatte. Schon bald würden weitere Menschen eintreffen, Menschen, die mehr erlebt hatten und mit mehr Wissen und Fantasie ausgestattet waren als der erbärmliche Elektriker.
    SEIN Plan, sie herzuführen, war vielschichtig und kompliziert, nicht einfach zu durchschauen, wie eine gute Geschichte. Es mochte viele unbekannte Faktoren in diesem Plan geben, aber ES hatte keinen Zweifel, dass alles exakt so eintreten würde, wie von ihm gewollt.
    Schließlich stand es bereits so geschrieben ...
    »Hillary Gifford«, murmelte Raven noch einmal. Diesmal war es keine Frage, sondern eine Feststellung. Er wurde sich bewusst, dass er sie schon seit geraumer Zeit unverwandt anstarrte, aber es gelang ihm nicht, den Blick abzuwenden. Wie lange mochte es schon hier sein, dass er sie zuletzt gesehen hatte? Rund zwanzig Jahre, überschlug er in Gedanken.
    »Fast richtig«,

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