Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition)
vierte wurde durch eine hohe Mauer mit einem zweiflügeligen Portal darin begrenzt.
Raven und Janice stiegen aus.
»Einfach wundervoll«, schwärmte sie und ließ ihren Blick umherwandern. »Gegen so ein Häuschen hätte ich auch nichts. Alles noch ein bisschen kahl, aber das lässt sich mit ein paar Blumenkübeln und etwas Efeu, das an den Wänden hochrankt, schnell beheben.« Sie atmete tief durch. »Und die Luft hier draußen ist fantastisch, ganz anders als der Smog in London.«
Im mit einem kleinen Turm gekrönten Hauptgebäude wurde eine Tür geöffnet. Hillary, Sir Anthony und Hives kamen heraus. Hinter ihnen nahmen die drei Leibwächter neben der Tür Aufstellung. Wie Raven vermutet hatten, trugen sie an diesem Tag Sonnenbrillen.
»Einfach wunderschön haben Sie es hier«, sagte Janice, nachdem sie sich begrüßt hatten. »Ich muss gestehen, dass ich anfangs skeptisch war, was den Ausflug hierher betrifft, aber nachdem ich nun einmal hier bin, bedauere ich nicht, Raven begleitet zu haben. Was war das ursprünglich für ein Gebäude? Es sieht fast wie ein kleines Schloss aus.«
»Ein Kloster«, erklärte Sir Anthony. Er deutete zur Spitze des Hauptflügels. »Der Glockenturm zeugt noch davon, dass dies einst heiliger Grund war. Leider sind große Teile des Hauses vor rund hundert Jahren ausgebrannt, und seither stand es leer. Deshalb konnte ich es sehr günstig erwerben, obwohl die Renovierungsarbeiten ein Vermögen verschlungen haben. Allein die ...«
»Daddy, damit solltest du unsere Gäste jetzt wirklich nicht langweilen«, fiel Hillary ihm ins Wort. »Ich freue mich, dass Sie gekommen sind, aber Sie sind so spät, dass ich schon befürchtete, Sie könnten es sich im letzten Moment anders überlegt haben.«
»Der Weg war nicht ganz einfach zu finden, wir haben uns einige Male verfahren«, berichtete Raven und schluckte mühsam eine Spitze gegen Janice' Künste im Kartenlesen hinunter.
»Hauptsache, Sie sind da«, sagte Sir Anthony. »Leider bleibt jetzt keine Zeit mehr, Sie ein bisschen herumzuführen. In zehn Minuten gibt es Essen, und Mrs. Baltimore ist sehr penibel, was Pünktlichkeit anbelangt. Übrigens habe ich mir erlaubt, noch jemanden einzuladen, der Ihnen ebenfalls kein Unbekannter ist. Sie werden ihn beim Essen treffen. Jetzt wird Hives Ihnen erst einmal Ihre Zimmer zeigen und Ihr Gepäck hinaufbringen.«
Da der Sportwagen nicht viel Platz bot, hatten sie sich - besonders zu Janice' Leidwesen - auf zwei Reisetaschen mit dem Nötigsten beschränkt.
»Bitte folgen Sie mir«, sagte der Butler, nachdem er die beiden Gepäckstücke aus dem Wagen geholt hatte.
Raven und Janice schlossen sich ihm an. »Kusch!«, konnte sich der Privatdetektiv nicht verkneifen zu sagen, als sie an den drei Bodyguards vorbeigingen. Diesmal durchsuchte ihn niemand nach Waffen, offenbar hatte Sir Anthony entsprechende Weisung erlassen.
Durch die Eingangstür gelangten sie in eine große Halle. Durch Buntglasfenster fiel Sonnenlicht herein und schuf beeindruckende Lichteffekte auf dem Boden und den Wänden. Über eine breite Treppe stiegen sie in den ersten Stock hinauf.
»Hier, bitte.« Hives öffnete die erste Tür in einem langen Gang. Sie traten in ein großes, lichtdurchflutetes Zimmer, das mit antiken Möbeln eingerichtet war, unter denen vor allem ein gewaltiges Himmelbett hervorstach. »Ursprünglich befanden sich hier die Unterkünfte der Mönche«, erklärte der Butler. »Es waren nur kleine Zellen, aber Sir Anthony hat ein paar Zwischenwände entfernen lassen, um die Räume größer zu machen. In dem abgetrennten Bereich dort vorne finden Sie auch ein kleines Badezimmer. Ich hoffe, Sie sind zufrieden?«
»Vollauf«, bestätigte Raven. »Hier werden wir es schon aushalten.«
»Ahm, ich meinte eigentlich Miss Land«, entgegnete Hives mit leicht pikiertem Gesichtsausdruck. »Dies ist ihr Zimmer. Ihres befindet sich nebenan, Mr. Raven. Bitte folgen Sie mir, dann führe ich Sie hin.«
Entgeistert starrte Raven ihn an.
»Das ist ja wohl die Höhe«, wetterte er. Natürlich war er unverzüglich durch eine Verbindungstür zwischen den beiden Räumen in Janice' Zimmer zurückgekehrt, kaum dass Hives ihn allein gelassen hatte. »Sei gut fünfundzwanzig Jahren sind wir jetzt verlobt und wohnen zusammen, aber hier gibt man uns getrennte Zimmer!«
»Ich weiß gar nicht, warum du dich so aufregst«, erwiderte Janice. Sie hatte bereits begonnen, ihre Sachen aus der Reisetasche in den Schrank zu packen. »Wir
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