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Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Titel: Raven - Schattenreiter (6 Romane) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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schattenhaften Körper des Dämons und bohrte sich tief in seine Brust.
    Der Unheimliche schrie auf. Sein Säbel fiel klappernd zu Boden, während er rückwärts taumelte und die Hände um den Messergriff krampfte. Dunkles, zähflüssiges Blut sickerte zwischen seinen Fingern hervor.
    Langsam, wie in Zeitlupe, brach der Schattenreiter in die Knie. Eine unbegreifliche, grauenhafte Veränderung ging mit seinem Körper vor. Das Schwarz der Schatten schien sich zu vertiefen, wurde kompakter, massiger, fester. Das unheimliche Leuchten in seinen Augen erlosch.
    Sein Körper festigte sich weiter. Er war nicht länger eine nebelhafte Erscheinung, sondern ein verwundbares, lebendes Wesen aus Fleisch und Blut.
    Er starb.
    Ein seltsamer, halb erstaunter, halb anklagender Blick traf Raven. Dann fiel er vornüber und blieb reglos liegen.
    Aber die Veränderung ging weiter. Der Körper schien zu schrumpfen, wurde kleiner, dünner und zerbrechlicher. Die Haut verfärbte sich grau und zerfiel.
    Darunter erschienen die weißen Knochen seines Skeletts, aber auch sie zerfielen innerhalb weniger Augenblicke zu feinem Staub ...
    »Was ist passiert?«, fragte Card verwirrt, als Raven ihn wenig später mit Hilfe eines fünfstöckigen Whiskys ins Bewusstsein zurückbrachte.
    Raven grinste, obwohl ihm bei den Schmerzen in seinen Händen eher zum Heulen zu Mute war.
    »Sie haben das Spannendste verschlafen«, sagte er spöttisch. »Er ist tot.«
    »Der Schattenreiter?«
    Candley nickte. Er sah unsicher von Card zu Raven und suchte sichtlich nach Worten. »Sie - Sie haben mir das Leben gerettet, Raven«, sagte er schließlich. »Mir und Carol. Wie kann ich Ihnen danken?«
    Raven überlegte einen Moment. Schließlich hob er seine zerschundenen, blutigen Hände. »Ganz einfach«, sagte er. »Rufen Sie mir einen Krankenwagen.«
    Er konnte nicht ahnen, dass dies erst der Anfang gewesen war und er erst einen der Schattenreiter vernichtet hatte ...

 
Zweiter Teil
DAS
SCHWERT DES BÖSEN

 
    F reunde nannten ihn Lance.
    Aber es gab nicht viele Menschen, die sich dieses Privilegs rühmen konnten. Die Wenigen, die es besessen hatten, waren tot, hinterrücks ermordet, gefallen in irgendeiner sinnlosen, blutigen Schlacht, hingemetzelt auf dem Feld der Ehre, das so wenigen wirklichen Ruhm und so vielen den Tod gebracht hatte.
    Für die anderen war er Sir Lancelot.
    Lancelot du Lac. In einer kurzen, bitteren Vision sah er das vor sich aufsteigen, was die Menschen vielleicht eines Tages beim Klang dieses Namens empfinden mochten. Heldenmut. Unerschütterlichkeit. Treue und Ritterlichkeit, Ergebenheit und Mut.
    Aber all das stimmte nicht. Er war nichts von alledem. Er hatte es nie sein wollen. Man hatte ihm diese Rolle aufgezwungen. Das Schicksal hatte ihn zum Helden bestimmt, und er hatte sich nicht wehren können. Er hätte es tun sollen - das begriff er mittlerweile.
    Aber jetzt war es zu spät.
    Er schloss die Augen, legte den Kopf in den Nacken und genoss für Augenblicke die letzten wärmenden Strahlen der Sonne. Kalter Wind war aufgekommen, fuhr raschelnd durch das Gras zu seinen Füßen. Irgendwie hatte dieser Wind eine fast symbolische Bedeutung für Lance. Für dieses Land, vielleicht für die ganze Welt. Es war Abend, aber es schien nicht nur der Abend eines Tages zu sein, sondern der Sonnenuntergang einer Epoche, die kurze Dämmerung, der Jahrhunderte der Finsternis folgen sollten.
    Lancelot du Lac ... Er wusste, dass er eines Tages ein Held sein würde. Was würden all diese nachfolgenden Generationen wohl sagen, dachte er, wenn sie ihn jetzt sehen könnten? Einen gebrochenen, verbitterten Mann, der mit gebeugten Schultern auf den letzten Ausläufern der Kreidefelsen stand und weinte.
    Gegen seinen Willen musste er lachen. Helden weinen nicht. Das war einer der Grundsätze, die sie ihm immer und immer wieder eingehämmert hatten. So lange, bis er schließlich selbst daran geglaubt hatte.
    Und was hatte er davon gehabt? Alles, wofür er je gekämpft und gelebt hatte, war zerstört. Die beiden Frauen, die er in seinem Leben geliebt hatte, waren fort: die eine tot, die andere unerreichbar, schlimmer noch als tot. Das Wissen, dass sie lebte, dass sie da war und doch unerreichbar für ihn und dass alles, was er ihr je geben konnte, ein paar flüchtige, zärtliche Blicke waren, war quälender als alles andere.
    Er öffnete die Augen und trat dicht an den Felsabbruch heran. Das Meer rollte zweihundert Fuß unter ihm donnernd gegen die schwarzen

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