Raven (Shadow Force) (German Edition)
Dachkonstruktion lösten und auf sie herabstürzten. Keine Sekunde zu früh hatte er einen bläulich schimmernden Schutzschild um ihre Körper aufgebaut und sie an sich gepresst . Ein schwerer, meterlanger Stützpfeiler schlug nur Zentimeter neben ihnen auf den staubigen Boden. Das war knapp. Sie schloss die Augen und legte ihren Kopf an seine Brust. Seine besonderen Fähigkeiten und Kräfte waren erstaunlich und Respekt einflößend. Sie wollte seine unmittelbare Nähe nie mehr missen müssen. Er machte süchtig.
„Danke“, brachte sie hervor und suchte seinen Blick.
Als Raven langsam und wortlos zurückwich , registrierte sie, wie sich seine Miene wieder verschloss und sein Blick hart und kalt wurde. Auch wenn dieser nach Blut und Tod schreiende Ausdruck der Entschlossenheit nicht ihr galt, begann sie zu frösteln. Er öffnete die Tür des geländegängigen VW T o uareg und schob sie auf den Beifahrersitz, bevor er die breite Tür des Schuppens öffnete, um den Wagen herumlief und selbst einstieg. Dann gab er Gas und der PS- starke Wagen schoss vorwärts.
Sie wagte, sich umzudrehen und in das gewaltige Inferno zu schauen, das zuvor eine Fabrikhalle in einem Industriegebiet gewesen war. Ravens Zuh ause. Sie schluckte schwer. Hell lodernde Flammen wie riesige Feuerzungen und dunkle Rauchwolken stoben in den abendlichen Himmel. Die gleißend pulsierende Feuerwand war so hell, dass ihre Augen tränten und sie meinte, die Höllenglut auf ihrer Haut zu spüren. Der Ort, an dem sie tagelang ausgeharrt hatten, der Ort, an dem sie sich geliebt hatten, verging in diesem infernalischen Feuer und teuflischer Glut. Sehr wahrscheinlich einige der unbekannten Angreifer dazu. Sie konnte sich nicht durchringen, Mitleid mit ihnen zu empfinden, wer auch immer sie waren. Wer Wind sät, wird Sturm ernten, hieß es. Und wenn sie Raven betrachtete, dann braute sich unter der scheinbar ruhigen und gefassten Fassade in seinem Inneren ein gewaltiger und alles verschlingender Tropensturm zusammen. Ein Sturm, bei dessen Entfesselung man am besten das Weite suchen sollte. Vielleicht hätte er gekämpft, wenn sie nicht gewesen wäre. Wenn er ihr Leben nicht ständig schützen müsste . Sie war eine Last für ihn. Die Finger in das weiche Leder ihrer Tasche gekrallt , warf sie keinen weiteren Blick zurück. Sie war sicher, dass der Weg vor ihnen gefährlich, steinig und unwegsam genug sein würde. Wenigstens würden sie diesen Weg zusammengehen, der sie vielleicht zu ihrem Bruder Frank führen würde. Allein das zählte.
„Es tut mir leid“, begann sie. „Deine schöne Wohnung, die Autos …“
„Es ist nicht deine Schuld“, gab Raven knapp zurück, doch sein grimmiger Gesichtsausdruck sprach Bände. „Ich hätte daran denken müssen, dass sie dich überwachen.“
„Ich auch.“
„Wieso du? Du wusstest nichts von alldem.“ Wieder drangen Geräusche von Explosionen an ihr Ohr. „Man kann sowieso nichts mitnehmen.“
„Wie meinst du das?“ Es waren nicht die Worte an sich, die sie aufhorchen ließ en , sondern die Art, wie er sie aussprach.
„Na , wenn man stirbt, ist alles vorbei. Ein tiefes Loch, man wird bestenfalls verscharrt und das war´s.“ Raven warf ihr einen kurzen Blick zu, dann richteten sich seine Augen nach vorn.
Die Endgültigkeit seiner Worte, der fehlende Lebensmut und Glaube machten sie traurig. „Glaubst du nicht daran, dass es danach noch etwas gibt? Dass Menschen eine unsterbliche Seele haben? Etwas in der Art?“
„Alles Humbug.“ In seinem Blick lagen Leere und Dunkelheit.
„Humbug?“
„Schau dir an, was im Namen des Glaubens und der Kirche passiert ist und noch passiert.“
„Das stimmt, aber es ändert nichts an der Rechtschaffenheit und Hilfsbereitschaft vieler Menschen. Ihrer Liebe und Werte.“
„Vielleicht, aber hat irgendjemand bis jetzt beweisen können, dass wir eine Seele haben? Dass es ein Leben danach gibt?“
In dieser Hinsicht hatte er nicht einmal unrecht und sie vermied es, weiter in ihn zu dringen. Gegen eine feste Meinung konnte man nicht argumentieren. Er würde die Erfahrungen machen müssen oder nicht. Die weitere Fahrt verlief somit schweigend und Lianne blickte aus dem Fenster. Die Stadt zog an ihren Augen vorbei, aus dicht besiedelten Straßenzügen wurden irgendwann Alleen, die durch Vororte führten und schließlich Landstraßen, die Felder und grüne Wälder teilten. In einem kleinen Dorf vor London tankten sie und Lianne beobachtete einen Obdachlosen, der
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