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Rebecca

Rebecca

Titel: Rebecca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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war abgeschlossen. Das Schloss mochte kaputt sein; er brauchte nur von innen den Knopf runterzudrücken. Ich versuchte, mein Taschenmesser zwischen Dichtgummi und oberen Scheibenrand zu schieben. Die Dichtung war alt und ausgetrocknet und zerkrümelte teilweise, bis es mir gelang, das Messer hineinzukriegen. Als ich ein wenig Druck ausübte, fiel die Scheibe mit einem Schlag herunter.
    Ich zog den Knopf hoch, öffnete die Tür und kletterte in die Kabine. Ich schaute in das Handschuhfach. Kaugummi, angebrochene Pfefferminzbonbons, Sonnenbrille, Tankquittungen und ein Jagdmesser in einer Lederscheide. Ein verschlissenes Mäppchen mit Autopapieren auf den Namen Dennis Galman, mit Fahrgestell- und Motornummer und der Adresse in Wijk-en-Aalburg, die es nicht mehr gab. Eine europäische Versicherungskarte. Das Wohnmobil war zwanzig Jahre alt und seit vier Jahren in Galmans Besitz. Den letzten TÜV hatte es noch geschafft. Eine Rechnung von einer Werkstatt in Breda über 186,35 Euro plus Mehrwertsteuer für Öl, Filter und Verschleißteile. Breda?
    Ich steckte das Mäppchen wieder ganz unten ins Handschuhfach, ließ meinen Rucksack auf dem Fahrersitz liegen und kletterte zwischen den Vordersitzen hindurch nach hinten. Der Innenraum war schäbig und unordentlich und stank nach ungewaschener Kleidung und feuchtem Moder. Ich konnte mir Rebecca kaum hier drin vorstellen.
    Durch die geschlossenen Fenster fiel genügend Licht. Ich fasste so wenig wie möglich an und stellte alles, was ich mir ansah, wieder zurück an seinen Platz. Die meisten Leute kennen sich in ihrem eigenen Chaos gut aus, schließlich hocken sie jeden Tag mittendrin. Ich öffnete sämtliche Schränke und kroch über die Matratze und den olivgrünen Schlafsack, um unter die Bänke zu gucken. Keine Spur von den großen Schuhen, die Rebecca gesehen hatte, auch nicht unten im Schrank. Vielleicht hatte er sie inzwischen verschwinden lassen, um Scherereien zu vermeiden. Wenn er das wirklich getan hatte, verhielt er sich taktisch klug und ich würde hier nur wenig finden.
    Auf der kleinen Anrichte türmte sich das schmutzige Geschirr, darunter zwei Becher und fünf, sechs verschieden große Gläser. Ich fragte mich, ob es ihm auffallen würde, wenn eins fehlte. In Anbetracht der Tatsache, dass ich auch nicht genau wusste, was an Gläsern in meiner Küche stand, beschloss ich, es darauf ankommen zu lassen. Ich fuhr mit drei Fingern in ein halbhohes Exemplar und ließ es, ohne die Außenseite zu berühren, in eine der Plastiktüten fallen, die ich mitgebracht hatte.
    Ein paar alte Zeitungen, eine Zeitschrift. Nur wenige Bücher. Eine Anleitung für das Beschneiden von Bäumen und Sträuchern. Fünf amerikanische Krimis und ein abgegriffenes Taschenbuch mit friesischen Erzählungen.
    Sein Portmonee trag Dennis wahrscheinlich bei sich und einen Reisepass konnte ich nirgends entdecken. Auf dem Regal über dem Kleiderschrank lag ein neues Mäppchen mit zwei Kontoauszügen von einer Bank in Leerdam. Galman hatte ein Konto eröffnet und zwölftausend Euro darauf eingezahlt; als Herkunftsnachweis diente lediglich eine Bankleitzahl. Ich notierte sie mir. Die jungen Damen bei meiner Bank konnten mir sicher sagen, zu welcher Bank sie gehörte. Der zweite Auszug besagte, dass achttausend Euro an die Baufirma Need, in Acquoy überwiesen und zweimal dreihundert Euro an Bankautomaten abgehoben worden waren.
    Ich legte alles zurück an Ort und Stelle. Das konnte doch nicht alles sein! Ich suchte das ganze Wohnmobil nach Verstecken ab. Ich musste mich beeilen. Ich hatte alles durchsucht, die Schränke, die Schlafbänke und die Zwischenräume darunter, die trostlose kleine Küche. Vielleicht in dem Reserveschlafsack, der oben auf dem Schrank verstaut war. Er rollte sich auseinander, als ich ihn herunterzog. Nichts. Ich hielt den Schlafsack mit einer Hand fest, während ich mich auf die Zehenspitzen stellte, um auf den Schrank zu schauen. Ich sah eine kahle Rückwand aus Sperrholz. Als ich den Schlafsack wieder zusammenrollte, um ihn an seinen Patz zu legen, wusste ich plötzlich, was nicht stimmte.
    Das Sperrholz war dicker als die Wand des Wohnmobils.
    Ich legte den Schlafsack auf den Boden. Das flache Sperrholzrechteck war von einer Holzleiste eingerahmt wie ein Bild. Ich steckte mein Messer in die Leiste und bewegte es hin und her. Die Holzplatte war nur lose hineingeklemmt und fiel auf den Schrank. In dem Hohlraum zwischen Platte und Wand steckte eine flache, weiße Pappschachtel.

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