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Rebecca

Rebecca

Titel: Rebecca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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Tabletten verabreicht hatte. In ein Hacksteak für einen Hund konnte man alles Mögliche hineinstecken, aber wie machte man es bei einem erwachsenen Mann mit gesundem Menschenverstand? Mit einem Trick, unter einem Vorwand? Unter Zwang?
    Die Lösung. Ein Plan. Am Samstagvormittag zu einer Telefonzelle. Die Stimme verstellen, ein Taschentuch über den Hörer legen. Abends rechtzeitig mit dem Fahrrad hinfahren, warten, bis Roelof kommt, die Hand heben. Roelof parkt am Straßenrand. Dennis hat sich eine Geschichte zurechtgelegt. Bestimmt wunderst du dich, aber ich habe dich dem Kunden empfohlen, ich habe früher mal für ihn gearbeitet. Er kommt gleich, er hat mich gebeten, dir schon mal alles zu zeigen. Roelof folgt ihm, bleibt unterwegs stehen und betrachtet erstaunt das Haus von Caspers Familie: Hier? Nein, auf der anderen Seite, komm mit.
    In den Tunnel hinein, und dann? Ein Schlag auf den Kopf und dann wegschleifen? Das wäre ziemlich mühselig gewesen. Wie hatte er ihm die Tablette verabreicht? Oder war er einfach mit ihm hinauf auf den Bahndamm geklettert, angeblich um das Gelände besser überblicken zu können? Keep it simple, stupid. Ein Montiereisen in der Tasche, ein Schlag auf Roelofs Kopf. Eine Socke mit einer Kartoffel darin.
    Die Schachtel wäre mir beinahe aus den Händen gefallen, als ich Rebecca laut rufen hörte: »Dennis! Dennis! Jetzt warte doch mal!«
    Ich drückte mich gegen den Schrank und schaute durch die Windschutzscheibe. Ein blonder, junger Mann in einem roten Hemd war, den Rücken zu mir gedreht, mitten auf der Weide stehen geblieben. Rebecca stand vor dem Erdwall neben dem Stall und winkte aufgeregt. Der Mann zögerte und ging dann zu ihr hinüber.
    Auf meiner Uhr war es Viertel nach acht. Kein Film, kein Monopoly, irgendetwas war schief gelaufen oder er hatte Verdacht geschöpft, weil sie sich zu auffällig bemühte. Ich verlor keine Zeit, drückte die Schachtel wieder gegen die Wand und klemmte das Stück Spanplatte zurück in die Leiste. Ich bückte mich nach dem Schlafsack, rollte ihn fest zusammen und schob ihn an seinen alten Platz.
    Ich schaute mir das Glas an und überlegte, dass ich seine Fingerabdrücke eigentlich gar nicht mehr brauchte. Ein unnötiges Risiko. Ich nahm das Glas aus der Plastiktüte und stellte es zurück, steckte die Plastiktüte in die Tasche und hockte mich hinter die Sitze. Dennis hatte Rebecca eine Hand auf die Schulter gelegt und zusammen gingen sie an dem Erdwall vorbei am Stall entlang. Sie umrundeten den Schutthaufen und verschwanden außer Sicht.
    Ich nahm meinen Rucksack vom Fahrersitz und drückte die Tür auf. Keine Ahnung, wie lange Rebecca ihn bei Laune halten konnte, welche Ausrede sie sich hatte einfallen lassen, um mich zu warnen und mir Zeit zu geben, oder was sie vielleicht zur Ablenkung tun musste, womöglich ganz umsonst, weil ich bis dahin längst weg war.
    Ich verdrängte den Gedanken.
    Ich kurbelte das Fenster zur Hälfte hoch, bevor ich aus der Kabine kletterte. Ich schloss die Fahrertür, griff nach innen und drückte den Knopf runter. Ich schaute hinüber zum Stall, der zu dieser Seite hin Fenster hatte. Dennis brauchte nur einmal hinauszuschauen und er würde mich entdecken. Ich hoffte, dass Rebecca sich dessen auch bewusst war und sie ihn davon abhalten konnte. Sie war zwar erst sechzehn, aber sehr gescheit, und ich empfand einen eigenartigen Stolz, obwohl ich ihr gar nichts beigebracht hatte.
    Ich holte einen kleinen Vakuum-Saugheber aus meinem Rucksack, setzte ihn auf die Scheibe, drückte die Luft heraus und zog das Fenster hoch. Als ich den Heber wegnahm, fiel das Fenster ganz hinunter in die Tür. Eine Amsel auf dem Holzstapel verspottete mich mit ihrem Gezwitscher.
    Zwanzig Jahre alt. Ausgehärtete Gummidichtungen, die Fenster zehntausendmal hoch- und runtergekurbelt, der Mechanismus restlos abgenutzt. Ich steckte erneut die Hand in den Innenraum und kurbelte das Fenster wieder hoch, diesmal nicht ganz so weit, um einen größeren Anlauf zu haben. Ich setzte den Saugheber an, blickte hinüber zum Stall und knallte das Fenster zu. Erschrocken schwieg die Amsel.
    Ich ließ den Heber los. Das Fenster blieb oben. Während ich den Saugnapf löste, hielt ich mit einer Hand die Scheibe fest.
    Die Scheibe hielt. Wahrscheinlich würde sie später bei der geringsten Erschütterung runterfallen, vielleicht schon wenn Dennis die Schiebetür öffnete und einstieg, aber bis dahin war ich längst weg.
    Ich suchte Deckung hinter dem Wohnmobil

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