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Rebecca

Rebecca

Titel: Rebecca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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sie.
    »Danke dir«, sagte Suzan. »Danke, ihr beiden.«
     
    Sie hatten beschlossen, alles aufzuräumen, bevor sie zu Bett gingen, als wollten sie die Beerdigung endgültig hinter sich bringen und alle Spuren beseitigen. Sie waren gerade dabei, die Spülmaschine zu leeren, als sie den Türklopfer hörten. Sie schauten auf die Uhr. Rob war in der Tenne und baute die Bocktische ab.
    »Ich gehe schon«, sagte Rebecca zu Suzan. »Du hast für heute genug um die Ohren gehabt.« Im Flur schaltete sie die Außenbeleuchtung ein, öffnete die Haustür und trat unwillkürlich einen Schritt zurück.
    »Hallo«, sagte Elena. »Es tut mir leid, dass ich so spät noch störe, aber heute Vormittag habe ich es einfach nicht geschafft.«
    Rebecca starrte sie an.
    »Ist Rob da?«, fragte Elena.
    Sie sah cool aus im Licht der Außenlampe. Sie trug einen Lederrock und eine Samtjacke, darunter einen grünen Pulli. Ihr Gesicht war angespannt und nervös. »Das mit deinem Vater tut mir sehr leid«, sagte sie, als Rebecca sie schweigend musterte. »Ich weiß, das nützt dir wenig, aber er war wirklich sehr nett zu mir. Er kam mir gar nicht so vor wie ein …« Sie schwieg.
    »Wie ein Selbstmörder?«, fragte Rebecca.
    »Selbstmord nennt man das heutzutage nicht mehr«, korrigierte Elena sie mit journalistischer Präzision. »Mord setzt Unfreiwilligkeit des Opfers und böse Absicht des Täters voraus. Kann man ein Verbrechen gegen sich selbst begehen?«
    »Ich glaube schon«, sagte Rebecca, noch immer perplex.
    Elena nickte. »Ja, ich glaube auch. Trotzdem sagt man heute Selbsttötung.«
    »Danke für die Information.«
    Elena biss sich auf die Lippen und wirkte zerknirscht. »Ich verstehe, dass du mich nicht leiden kannst. Vielleicht haben wir einfach einen schlechten Start gehabt, und das tut mir leid.«
    »Warum bist du gekommen?«
    »Wegen Rob.«
    »Er braucht kein Mitleid.«
    Rebecca sah Wut in Elenas Augen aufflackern, ganz kurz nur. »Das ist eine Klischeevorstellung«, erwiderte sie. »Jeder braucht manchmal Mitleid, denk nur mal an die eigentliche Bedeutung des Wortes. Du hast keine Ahnung von Rob und mir. Glaubst du vielleicht, ich wäre hierher gekommen, um mich an eurem Kummer zu weiden?«
    Rebecca sah, dass Elena es ernst meinte. Sie war immer schon schnell mit Vorurteilen bei der Hand gewesen und sie hatte gelesen, dass sie nicht mal etwas dafür konnte, weil sich in ihrem Teenagergehirn einige Bereiche langsamer entwickelten als andere. »Es tut mir leid«, sagte sie deshalb ihrerseits. »Ich bin einfach völlig durcheinander.«
    Elena lächelte versöhnlich. »Ich auch. Darf ich reinkommen?«
    »Ja, natürlich, entschuldige.« Rebecca trat beiseite.
    Suzan verhielt sich wesentlich diplomatischer. Sie lächelte erfreut, umarmte Elena und küsste sie auf beide Wangen. »Wie lieb von dir, dass du gekommen bist.«
    »Mein Beileid zum Tod Ihres Mannes«, sagte Elena.
    »Danke«, sagte Suzan. »Lass uns jetzt nicht darüber reden. Hat dich jemand gebracht?«
    »Ich habe mir am Bahnhof ein Taxi genommen.«
    Suzan ließ sie los. »Rob wird sich freuen. Er ist in der Tenne, geh nur zu ihm.«
    Elena ging. Suzan und Rebecca schauten sich an. »Ich glaube, ich lege mich jetzt mal hin«, sagte Rebecca.
    »Ich auch«, sagte Suzan.
    Rebecca meinte zögernd: »Da wartet aber kein Taxi auf dem Deich.«
    Mit einem Lächeln antwortete Suzan: »Ist schon gut. Sie hilft ihm. Er braucht sie.«
     
    Rebecca lag im Bett. Sie schloss die Augen. Ihr Vater war weg, sie würde ihn nie mehr wiedersehen. Alles hatte sich verändert. Und wer hilft mir?, fragte sie sich.
    Sie träumte von Männern, die durch die Nacht liefen und einander umschlugen hielten, als seien sie betrunken. Sie sah die Nacht und die Sterne und einen Zug. Sie wurde von den Geräuschen nebenan geweckt.
    Sie hörte sie durch die Holzwand hindurch. Keine Stimmen, nur Poltern und Knarren, das Bett, sie versuchten, leise zu sein. Rebecca beschloss, am nächsten Tag auf die andere Seite zu ziehen, in das leere Zimmer neben Suzan, von wo keine Geräusche mehr kamen.
    Witwe und Waisen. Das Wasser war zu tief.
    Rebecca stand auf, nahm ihren blauen Bademantel vom Haken an der Tür und schlüpfte in ihre Pantoffeln. Sie hielt die Türe mit beiden Händen fest, als sie sie öffnete und schloss, und sie vermied die Mitte der Treppe, damit die Stufen nicht knarrten.
    Unten war es still. Suzan war längst zu Bett gegangen. Rebecca hatte ihr Gewissen mit der Ausrede besänftigt, sie wolle unten auf

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