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Rebecka Martinsson 02 - Weisse Nacht

Rebecka Martinsson 02 - Weisse Nacht

Titel: Rebecka Martinsson 02 - Weisse Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Asa Larsson
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fragte ganz nebenbei, was denn die Schwarzarbeit mache, ganz wie geplant.
    »Das ist nicht so gut gegangen«, sagte sie.
    Dann strömte es aus ihr heraus, wie ihr von Teddys Vater unterstellt worden war, sie sei zum Schnüffeln hergekommen.
    »Es war so schön, nicht mehr die ›Frau, die drei Männer umgebracht hat‹, sein zu müssen«, sagte sie. »Ich habe es nicht geheim gehalten, aber es gab auch keine Gelegenheit, darüber zu sprechen. Das Schlimmste ist, dass ich losgefahren bin, ohne meine Rechnung zu bezahlen.«
    »Die kannst du doch sicher überweisen oder so«, sagte Måns.
    Rebecka lachte.
    »Ich glaube nicht.«
    »Soll ich das für dich übernehmen?«
    »Nein.«
    Nein, natürlich nicht, dachte er. Kann sie alleine.
    »Dann solltest du hinfahren und bezahlen«, sagte er.
    »Ja.«
    »Du hast nichts verbrochen, du brauchst nicht den Kopf einzuziehen.«
    »Nein.«
    »Und auch, wenn man etwas verbrochen hat, sollte man nicht den Kopf einziehen«, sagte Måns jetzt.
    Jetzt verstummte sie ganz und gar.
    »Jetzt wirst du sehr wortkarg, Martinsson«, sagte Måns.
    Jetzt reiß dich zusammen, sagte Rebecka zu sich selbst. Führ dich nicht dauernd auf wie ein Fall für die Klapse.
    »Verzeihung«, sagte sie.
    »Ach, vergiss es«, sagte Måns. »Ich ruf dich morgen früh an und bring dich auf Trab. In irgendeinem Kaff eine Rechnung bezahlen, das schaffst du doch mit links. Weißt du noch, wie du es mit Axling Import aufnehmen musstest?«
    »Mmm.«
    »Ich ruf dich morgen an.«
    Er ruft nicht an, dachte sie, als sie aufgelegt hatten. Warum sollte er?
    Die Taucher von der Lebensrettungsgesellschaft fanden an diesem Abend um fünf nach zehn Stefan Wikströms Leichnam. Er wurde mit einem Netz hochgehievt, war aber schwer. Er war mit einer Eisenkette umwickelt. Seine Haut war weiß und aufgeschwemmt, aufgeweicht und wässrig. In Stirn und Brust hatte er Einschusslöcher von der Größe eines halben Zentimeters.

GELBBEIN
    ES IST ANFANG MAI. Das Laub, das unter dem Schnee gelegen hat, ist auf dem Boden zu einer braunen Schale gepresst worden. Hier und dort lugt vorsichtiges Grün hervor. Warme Winde von Süden. Vogelzüge.
    Die Wölfin ist noch immer auf Wanderschaft. Ab und zu wird sie von der großen Einsamkeit überwältigt. Dann hebt sie den Kopf gen Himmel und lässt alles auf sich zukommen.
    Fünfzig Kilometer hinter Sodankylä liegt eine Stadt mit einer offenen Müllhalde. Dort wühlt sie eine Weile herum, findet Reste und buddelt verängstigte fette Ratten aus. Schlägt sich ordentlich den Bauch voll.
    Ein Stück außerhalb der Stadt ist ein karelischer Bärenhund angekettet. Als die Wölfin den Waldrand erreicht, bellt er nicht wie besessen los. Er fürchtet sich auch nicht, er macht keinen Fluchtversuch. Er bleibt stumm da stehen und wartet einfach auf sie.
    Der Menschengeruch macht ihr zwar Angst, aber jetzt war sie schon so lange allein, und dieser furchtlose Bärenhund kommt ihr wie gerufen. Drei Tage lang kehrt sie bei Einbruch der Dämmerung zu ihm zurück. Traut sich an ihn heran. Beschnüffelt ihn und lässt sich beschnüffeln. Sie machen einander den Hof. Dann kehrt sie an den Waldrand zurück. Dort bleibt sie stehen und schaut den Hund an. Wartet darauf, dass er ihr folgt.
    Und der Hund reißt an seiner Kette. Tagsüber hört er auf zu fressen.
    Als die Wölfin am vierten Tag zurückkehrt, ist er nicht mehr da. Sie bleibt eine Weile am Waldrand stehen. Dann läuft sie wieder in den Wald. Und zieht weiter.
    Es liegt kein Schnee mehr. Der Boden dampft und zittert vor Sehnsucht nach Leben. Es kribbelt und krabbelt, keimt und sprosst überall. Das Laub sprengt sich einen Weg aus den schmerzenden Bäumen. Der Sommer kommt von unten her, wie eine grüne, unbezwingliche Welle.
    Sie wandert zwanzig Kilometer am Torneälv nach Norden. Kommt über die Menschenbrücke bei Muonio.
    Kurz darauf kniet zum zweiten Mal in ihrem Leben ein Mann vor ihr. Sie liegt im Birkenwald, und die Zunge hängt ihr aus dem Maul. Ihre Beine scheinen verschwunden zu sein. Die Bäume über ihr sieht sie nur als vagen Nebel.
    Der kniende Mann ist Wolfsforscher bei den Naturschutzbehörden.
    »Du bist so schön«, sagt er und streichelt ihre Seite und ihre langen gelben Beine.
    »Ja, sie ist klasse«, stimmt die Tierärztin zu.
    Sie gibt ihr eine Vitaminspritze, überprüft ihre Zähne, bewegt vorsichtig ihre Gelenke.
    »Drei Jahre, vielleicht vier«, schätzt sie. »In hervorragendem Zustand, keine Krätze, gar nichts.«
    »Eine echte

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