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Rebecka Martinsson 03 - Der schwarze Steg

Rebecka Martinsson 03 - Der schwarze Steg

Titel: Rebecka Martinsson 03 - Der schwarze Steg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åsa Larsson
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wartet darauf, dass sie ihn besänftigt, Öl auf die Wogen gießt.
    Aber das tut sie nicht. Sie zieht ihre Zigaretten hervor und steckt sich eine an.
    Er ist sauer. Fühlt sich abgewiesen und beleidigt. Möchte sie verletzen.
    »Was ist los mit dir«, fragt er und lässt aus seiner Stimme heraushören, dass er zum Heuchler geworden ist.
    Seine Frauen und einige wenige Männer hat er immer auf seine sanfte Art geliebt. Er hat die Sache mit Gewalt und hartem Zupacken nie begriffen. Aber er hat nie das Gefühl gehabt, sich verteidigen zu müssen. Wenn er mit Leuten zusammen war, die das wollten, hat er immer höflich abgelehnt und viel Vergnügen gewünscht. Einmal hat er sogar zugesehen. Aus purer Höflichkeit. Und vielleicht, weil er keine Lust hatte, hinaus in die Nacht zu wandern.
    Aber Inna. Sie hat fast alles gemacht. Und seht sie euch jetzt an. Was ist eigentlich mit ihr los?
    Das fragt er.
    »Was ist eigentlich mit dir los?«, fragt er. »Fährst du im Moment nur auf richtig perversen Kram ab? Brauchst du als Drogennutte Prügel?«
    »Hör auf«, sagt sie mit etwas Müdem und Bittendem in der Stimme.
    Aber jetzt ist Diddi fast verzweifelt. Er spürt, dass er wirklich dabei ist, sie zu verlieren. Dass er sie vielleicht schon verloren hat. Sie ist in einer Welt verschwunden, die von alten, übel riechenden Männern mit seltsamen Gelüsten bevölkert wird, er sieht Bilder vor sich, von großen scheußlichen Wohnungen in teuren Vierteln in Europas Hauptstädten. Wo die stickige Luft von Ablagerungen und Dreck in den Abflüssen der großen Badezimmer gesättigt ist. Wohnungen, in denen die schweren Portieren immer zugezogen sind, um das Sonnenlicht auszusperren.
    »Was findest du bloß an den alten Widerlingen?«, fragt er und lässt seine Stimme ganz bewusst vor Abscheu triefen.
    »Hör doch auf.«
    »Ich weiß noch, wie du zwölf Jahre alt warst und …«
    »Hör auf! Hör auf! Hör auf!«
    Inna springt auf. Jetzt haben die Medikamente sie von den Schmerzen befreit. Sie fällt vor ihm auf die Knie, nimmt sein Kinn zwischen die Finger und mustert ihn mitleidig. Fährt ihm über die Haare. Tröstet ihn. Während sie mit sanfter Stimme das Allerentsetzlichste sagt:
    »Du hast es verloren. Du bist kein Junge mehr. Und das ist so traurig. Frau, Kind, Haus, Essen mit anderen Ehepaaren, Feste, Einladungen auf Landgüter, das steht dir tatsächlich. Und deine Haare werden dünn. Dieser strähnige lange Pony, der ist wirklich jämmerlich. Bald musst du dir die Haare über den Schädel kämmen. Deshalb brauchst du die ganze Zeit Geld. Siehst du das nicht selbst? Früher hast du alles gratis bekommen. Partnerinnen, Kokain. Jetzt bist zu zum Käufer geworden.«
    Sie erhebt sich. Zieht an ihrer Zigarette.
    »Woher nimmst du das Geld? Wie viel verbrauchst du? Achtzig im Monat? Ich weiß, dass du bei der Gesellschaft Geld abgezweigt hast. Als Quebec Invest verkauft hat und der Wert von Northern Explore sank. Ich weiß, dass du dafür gesorgt hast. Ein Journalist von Norrländska Socialdemokraten hat mich angerufen und jede Menge Fragen gestellt. Mauri würde ausrasten, wenn er davon erführe. Das wird er tun!«
    Diddi ringt mit den Tränen. Wie konnte es nur so weit kommen? Wann ist es so zwischen ihm und Inna geworden?
    Er möchte hinausstürzen und sie verlassen. Zugleich ist es das Letzte, was er will. Wenn er jetzt geht, kann er nie mehr zurückkommen, so empfindet er das.
    Sie waren immer treulos, er und Inna. Oder nicht treulos, aber sie haben sich niemals von anderen einengen lassen. Menschen kommen und gehen im Leben. Man öffnet sich ganz und lässt wieder los, wenn es an der Zeit ist. Und es ist immer an der Zeit. Früher oder später. Aber Diddi hatte immer das Gefühl, dass er und Inna füreinander die Ausnahme bilden. Während Mama eine Pappkulisse war, der es nur um Geld und gesellschaftliche Stellung ging, war Inna Fleisch, Blut, Leben.
    Er ist nicht Innas Ausnahme. Er hat sich von ihr gelöst. Sie hat es zugelassen.
    »Geh jetzt«, sagt sie mit ihrer freundlichen Stimme, der Stimme, die sie für alle Welt hat.
    Sie ist überaus sanft und umgänglich.
    »Wir reden morgen darüber.«
    Er schüttelt den blonden Schopf, spürt, wie die Haare über seine Stirn streichen. Sie werden morgen nicht darüber reden. Alles ist gesagt, und alles ist vorbei.
    Er schüttelt unentwegt den Kopf, auf dem ganzen Weg die Treppe hinunter, über den Hofplatz und durch die Dunkelheit nach Hause zu seiner Frau und seinem kleinen

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