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Rebellen der Ewigkeit

Rebellen der Ewigkeit

Titel: Rebellen der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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er das Zimmer des Präsidenten betrat, waren der Erste und der Zweite Sekretär bereits eingetroffen. Sie standen mit einem Mann, den er nicht kannte, am Fenster und beobachteten das Spektakel auf dem Platz. Der Präsident war nirgends zu sehen.
    Der Fremde drehte sich um. Er hatte volles, weißes Haar und kalte Augen.
    »Ah, Osvaldo!«, rief der Mann.
    Osvaldo blieb verwirrt stehen. »Was ist hier los?«, fragte er und sein Blick wanderte von dem fremden Mann zu den beiden Sekretären und wieder zurück. Unwillkürlich bewegte sich seine rechte Hand hinter den Körper, wo er, wie alle engen Mitarbeiter des Präsidenten, einen Revolver unter dem Jackett trug. Von draußen waren laute Sprechchöre zu vernehmen. Der Fremde und die beiden Sekretäre eilten zurück ans Fenster. Osvaldo folgte ihnen zögernd.
    Wo war der Präsident? Was machte dieser Mann hier, der ihn so vertraut mit dem Vornamen angeredet hatte? War hier etwa eine Verschwörung im Gange? Osvaldo war zwar in vielen politischen Fragen anderer Meinung als der Präsident, aber er war absolut loyal. Und wenn hier tatsächlich etwas faul war, dann würde er dafür sorgen, dass es ans Licht kam. Vor allem, wenn der Erste und Zweite Sekretär darin verwickelt waren, zwei Männer, die er seit jeher mit Argwohn betrachtet hatte. Und das nicht nur, weil sie einen höheren Rang einnahmen als er.
    Er musste sich auf die Zehenspitzen stellen, um über die drei Männer vor ihm hinweg durch das Fenster blicken zu können. Die Menge vor dem Palast skandierte wütend Parolen, die er nur halb verstand. Aber er sah jetzt, worum es ging.
    Am anderen Ende des Platzes waren ein gutes Dutzend Panzer aufgefahren. Ihre Rohre waren auf den Palast gerichtet. Wie fette Frösche hockten sie dort. Frösche, die tödliches Gift spucken konnten. Es ging hier nicht um Forderungen der Gewerkschaft. Was gerade geschah, war ein handfester Putsch.
    Das war für Osvaldo genug. Er würde nicht stumm dabei zusehen, wie ein Fremder die Macht an sich riss, wenn er auch die Unterstützung des Militärs haben mochte. Er zog seine Waffe und richtete sie auf die drei Rücken vor ihm.
    »Wo ist der Präsident?«, rief er.
    Die Männer fuhren herum. Der Erste und der Zweite Sekretär hatten ein furchtsames Flackern in den Augen. Nur der Fremde ließ sich durch die Waffe nicht beeindrucken.
    »Aber Osvaldo«, sagte er. »Seit wann erkennen Sie Ihren Präsidenten nicht mehr?«
    Die Hand des Ersten Sekretärs wanderte langsam hinter seinen Körper.
    »Halt!«, schrie Osvaldo und spürte Panik in sich aufsteigen. Für einen Moment wusste er nicht, was er hier eigentlich machte. Wieso richtete er eine Waffe auf das argentinische Staatsoberhaupt? Aber dann wurde ihm wieder bewusst, was hier vorging.
    »Seien Sie vernünftig, Osvaldo«, sagte der Präsident. »Sie haben zu viel gearbeitet und sind überspannt. Legen Sie die Waffe weg. Dann rufen wir Doktor Ramirez und werden beraten, wie Sie sich am besten von dem Stress der letzten Monate erholen.«
    Ramirez war der Leibarzt des Präsidenten. Oder halt – war das nicht Doktor Sanchez? Osvaldos Verwirrung wuchs von Sekunde zu Sekunde.
    »Wo ist der Präsident?«, brüllte er erneut, und seine ganze Verzweiflung lag in seiner Stimme.
    »Jetzt reicht es, Gardel!«, sagte der Erste Sekretär. »Was fällt Ihnen ein, den Präsidenten mit Ihrer Waffe zu bedrohen?«
    Er machte einen Schritt auf Osvaldo zu. Auch der Präsident bewegte sich. Osvaldo wich einen Schritt zurück. In seinem Hirn überschlugen sich die Bilder und Gedanken.
    »Halt!«, schrie er noch einmal und machte einen weiteren Schritt nach hinten.
    Und kam ins Stolpern.
    Unwillkürlich ruderte er mit den Armen, um sein Gleichgewicht zu halten.
    Ein Schuss löste sich.
    Der Fremde – nein, der Präsident –, nein, der Fremde fasste sich mit einem erstaunten Gesichtsausdruck an die Brust und stürzte vornüber.
    Osvaldo starrte ihn entsetzt an. Er hatte einen Menschen erschossen!
    Seine Finger öffneten sich und er ließ den Revolver fallen. Zwei eiserne Fäuste boxten ihn in die Brust, und als er nach unten blickte, sah er, wie sich sein Hemd rot verfärbte. Er sackte in die Knie.
    Er hatte gewusst, dass heute etwas Schreckliches passieren würde.

11.
    Bei ihrer Rückkehr wurden Karelia und Willis bereits von Valerie und Holmes erwartet. Karelia berichtete in kurzen Worten von der aktuellen Entwicklung. »Haben wir eine konkrete Spur, die wir weiterverfolgen können?«, fragte sie. »Immerhin ist

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