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Rebellen: Roman (German Edition)

Rebellen: Roman (German Edition)

Titel: Rebellen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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Schluck trinkst, tupfst du dir die Lippen ab.«
    »Warum?«

    »Damit keine Fettflecken auf die Gläser kommen.«
    »Damit deine Mutter weniger Arbeit beim Spülen hat?«
    »Meine Mutter spült nicht.«
    »Wer spült bei euch?«
    »Frau Ebersbach, die macht bei uns den Haushalt. Was ist los, Paul?«
    »Meine Mutter arbeitet auch im Haushalt bei jemandem. Kein Mensch kümmert sich darum, ob die Gläser schmutzig sind oder nicht.«
    »Es ist halt eine Regel.«
    »Scheißregel.«

23. Maximilian
    Maximilian drückte das schlechte Gewissen. Er hatte seinen kleinen Bruder verpfiffen. Richtig schmierig. Nicht fair. Er hatte in seinem Bett gelegen und lange nachgedacht. Und dann hatte er entschieden, dass Alexander eine Strafe verdient hatte. Mehr als verdient. Er hatte die Schnauze voll, wie sich Alexander bei den Schulaufgaben vordrängte, sich wichtigmachte und die Lösungen rausplärrte, die ihm selbst gerade nicht einfielen. So verhält sich ein kleiner Bruder einfach nicht. Es wird Zeit, dass er das lernt.
    »Gott sei Dank hat Alexander ja jetzt einen besten Freund«, sagte er wie beiläufig zur Mutter.
    Sie zog die Augenbrauen hoch und wollte wissen, wer das ist.
    »Ach, so ein Junge aus dem Waisenhaus. Mit dem geht er jeden Morgen gemeinsam ins Kepler. Mir ist das recht, da muss ich mich nicht um ihn kümmern.«
    Er wusste genau, wie wichtig der Mutter der richtige Umgang ihrer Söhne war. Und ein Bastard aus dem Waisenhaus war nun ganz sicher nicht das, was sie sich für ihren Lieblingssohn vorstellte.
    Sie reagierte, wie er es sich ausgerechnet hatte. Während des Verhörs beim Mittagessen tat er so, als ginge ihn das alles nichts an.
    Als die Mutter sagte, Alexander solle seinen Freund doch mal zum Essen mitbringen, begriff Maximilian sofort ihrenPlan. Sie wollte Alexander vorführen, dass der Bastard sich nicht richtig zu benehmen wusste. Bestimmt konnten die da drüben nicht einmal richtig mit Messer und Gabel essen. Sie wollte den Bastard fertigmachen, Alexander vor Augen führen, dass ein Heimkind kein Umgang für ihn war.
    Und dann kam der Tag, und Paul erschien. Es klingelte an der Tür, und Frau Ebersbach öffnete. Da stand ein Junge mit Haaren, die über die Ohren und über den Kragen eines weißen Nyltesthemdes ragten.
    In der Hand hielt er einen Wiesenstrauß. »Die habe ich für Sie gepflückt«, sagte er und reichte den Strauß Alexanders Mutter.
    Als Maximilian sah, wie seine Mutter plötzlich verlegen wurde, ahnte er schon, dass etwas schieflaufen könnte an diesem Abend. Seine Mutter war nie verlegen.
    Es lief alles irgendwie anders, als er es sich gedacht hatte. Der Bastard tupfte sich die Lippen mit der Serviette ab, er goss Weißwein nach. Er war schüchtern, am Anfang. Als die Mutter ihn aber fragte, warum er in einem Waisenhaus wohne, legte er los. Seine Eltern hätten ein großes Hotel besessen, er sei in Damast und Seide groß geworden, aber dann sei sein Vater gestorben. Die Mutter habe den Fehler gemacht, einem entfernten Onkel zu vertrauen, der innerhalb kürzester Zeit alles ruiniert habe. Die Mutter sei darüber zerbrochen. »Die Nerven, wissen Sie«, sagte er und führte die Serviette an die Augen und tupfte auch sie leicht damit ab.
    »Aber dann kommen Sie ja aus einem guten Stall«, flüsterte Mutter.
    »Weiß Gott«, sagte der Kerl, »aus einem guten Stall.«
    »Ich bring ihn rüber«, sagte Alexander später. Der Bastard verbeugte sich vor den Eltern.
    »Sie sind uns jederzeit willkommen«, sagte Mutter.
    Maximilian rannte hoch in sein Zimmer. Er gab ihm nichtdie Hand. Ich bin der Einzige, der nicht auf den Schwindel reinfällt, dachte er.
    Er stand hinter der Gardine, als Alexander mit dem Bastard das Haus verließ. Sie gingen ein paar Meter, und dann blieben sie stehen und lachten. Sie lachten und wollten gar nicht mehr aufhören.
    »Damast und Seide, das war Klasse«, schrie Alexander.
    »Ich komm aus einem guten Stall«, schrie der andere. Dann lachten sie, als hätten sie den Verstand verloren.
    Der Mercedes des Vaters stand auf der Straße. Alexander machte den Anfang. Er stellte sich vor die Fahrertür und pisste auf den Griff. Maximilian stand hinter dem Fenster und sah es. Der verhasste kleine Bruder pisste auf den Griff, den Vater morgen in die Hand nehmen würde.
    Und dann der Bastard. Der pisste direkt auf die Kühlerhaube. »I wanna see it painted black, painted black«, schrie er.
    Maximilian beobachtete noch eine besondere Gemeinheit seines Bruders. Alexander hielt

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