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Rebellen: Roman (German Edition)

Rebellen: Roman (German Edition)

Titel: Rebellen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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Fiktion.
    Die Ideale der Jugend sind ein geistiger Kokon, dachte er. Erwachsenwerden bedeutet, diesen Kokon aufzubrechen, um in die Welt zu treten. Die Welt zu verstehen, wie sie wirklich ist. Das ist Befreiung. Paul hat das nie geschafft. Er war immer eine Raupe geblieben. War nie ein Schmetterling geworden.
    Paul war nicht dumm gewesen. Das konnte man nicht sagen. Er hätte Techniker werden können. So etwas in der Art. Mit etwas Anstrengung vielleicht sogar Ingenieur.
    Stattdessen war er bei jeder Bewegung vorne mit dabei. Gab das Unruhestiften nicht auf. Auch bei der Besetzung von Häusern, der Besetzung fremden Eigentums also, stürmte Paul immer vorneweg. Heppeler hatte ihn deshalb an die Luft gesetzt.
    Während Paul die Grünen mitgründete, wahrscheinlich Biogemüse anbaute, habe ich geholfen, den Airbag zu entwickeln. In Tonis Augen zählte das natürlich nicht. Für sie war das bloß technisches Zeug. In Wirklichkeit hatte er mehr Leben gerettet als sie.
    Aber es war hart. Die Helmholtz-Gruppe lieferte die Maschinen, die die Gehäuse für den Airbag zurechtschnitten und die beiden Teile zu einem Airbag zusammenfügten. Schneiden und fügen – die Kompetenz der Helmholtz-Maschinen. Erst hatten sie über Monate versucht, das Material mit einer messergestützten Maschine zu schneiden, aber die Schnittkanten zerfaserten, und das hätte die Insassen verletzt, wenn der Airbag in Aktion trat. Aber sie hatten es geschafft. Mit neuester Technologie wurde der exakte Schnitt erreicht, und die Ränder wurden gleichzeitig verschweißt, sodass keinerlei Verletzungsgefahr durch den Airbag mehr bestand.
    Die sinkende Zahl der Verkehrstoten ab den achtziger Jahren war dem Airbag zu verdanken – und damit auch ihm. Aber zählte das etwas bei Leuten wie Paul?
    Diese Leute hatten keine Ahnung, worum es wirklich ging. Man konnte die Globalisierung ablehnen. Konnte man. Das war ein Standpunkt, der akzeptabel war. Aber wenn man die Globalisierung ablehnte, verschwand sie deshalb?
    Er hatte vor zehn Jahren ein Werk in Changchun in der chinesischen Provinz Jilin gebaut und vor vier Jahren eins in Südkorea. Dort herrschte ein anderer Geist. Man merkte, dass diese Völker etwas erreichen wollten. Der Optimismus war ansteckend. Er spürte den Unterschied jedes Mal, wenn er die Werke dort besuchte.
    Wenn Deutschlands Hauptsorge weiterhin biodynamisches Essen, der lächerliche Feinstaub und die Panik vor Großprojekten blieb, würde dieses Land in zwanzig Jahren eine chinesische Kolonie sein. Unabweisbar.
    So einfach war das im Grunde.
    Deutschland besaß keine Rohstoffe. Sein einziges Gut waren das Können und die Kreativität seiner Menschen. Und trotzdem schaffte es das Land nicht, zehn Prozent seiner Ausgaben in Bildung zu investieren.
    Ich lehne einen Staat ab, der unendliches Geld in die Sozialausgaben steckt, aber viel zu wenig für die Ausbildung der Jugend tut.
    Aber ich kämpfe. Ich fahre gern nach China, aber ich will nicht in einer chinesischen Kolonie leben. Ich will nicht, dass meine Kinder in einer chinesischen Kolonie leben müssen. Ich bin Europäer.
    Manchmal versuchte er mit Toni über diese Dinge zu reden. Über die großen Linien. Über die Dinge, die wirklich zählten. Die Globalisierung und ihre Folgen. Sie hörte höflich zu und wechselte elegant das Thema, sobald es möglich war.
    Sie langweilte sich bei den Dingen, die ihm wichtig waren.
    Manchmal sagte sie: »Alexander, du tust das alles nicht, um die Welt zu retten.«
    Alexander Helmholtz fühlte sich dann plötzlich so müde, als habe ihm jemand den Stecker gezogen.

69. Toni
    Ich hatte mir immer gewünscht, dass die extrem revolutionäre Welle verebben würde. Aus egoistischen Gründen, das gebe ich zu. Alexander und Paul, die Revolutionsbürokraten, hasteten von Sitzung zu Sitzung: Betriebszellensitzung, IG -Metall-Ortsjugendausschusssitzung, Redaktionssitzung, Leitungssitzung, Stadtteilkomiteesitzung. In wechselnden Besprechungen trafen sich immer wieder dieselben Leute. Sie hatten keine Zeit mehr für mich. Und wenn, dann waren sie mit ihren Kräften am Ende. Der Sex wurde fade. Mit beiden. Und ich sah mich nach anderen Männern um.
    Ich fuhr mit einem hübschen Sportstudenten nach Paris. Er fühlte sich gut an, ich konnte jedem Muskel mit der Hand folgen, nicht schlecht, wirklich, aber er redete über Tennis, über Muskelaufbau, über Erholungsmanagement – er redete nur über Mist, der mich nicht interessierte. Ich fasste ihn gern an, sein Körper

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