Rebellin der Leidenschaft
Elizabeth hatte sich mit dem Herzog von Clayborough über sie unterhalten! Sicher hatte er sich dabei köstlich amüsiert. Es war einfach zu viel, viel zu viel!
»Jetzt möchte ich Sie jedenfalls zu einer anderen geselligen Veranstaltung am Samstagnachmittag einladen. Ich helfe Hadrians Mutter, der Herzoginwitwe, bei den Vorbereitungen. Sie veranstaltet jedes Jahr ein Picknick, wie es die Amerikaner gerne tun; offenbar ist sie von ihren Verwandten in Boston dazu angeregt worden. Die jungen Damen bringen einen Essenskorb, den die Herren ersteigern müssen. Die Gewinner speisen natürlich mit der Dame, deren Korb sie erstanden haben, und der Erlös geht an eine wohltätige Einrichtung, die sich um die Bedürftigen und Waisen dieser Stadt kümmert.« Elizabeth lächelte. »Es ist immer ein Riesenerfolg und wirklich sehr lustig. Alle machen mit. Wollen Sie nicht auch kommen?«
Nicole war bestürzt. Niemand würde einen von ihr vorbereiteten Essenskorb ersteigern wollen, daran hatte sie nicht den geringsten Zweifel. »Es tut mir Leid, aber ...«
Elizabeth war schneller und fiel ihr ins Wort. »Ich meinte nicht, dass Sie einen Essenskorb mitbringen sollen. Dass Sie das nicht tun möchten, kann ich gut verstehen. Ich meinte nur, dass Sie daran teilnehmen und den Nachmittag genießen sollten. Wahrscheinlich sind Ihre Eltern auch dort, und ich weiß, dass Regina dort sein wird.« »Meine Eltern fahren am Wochenende nach Dragmore«, sagte Nicole schroff.
»Ach ja?«
Nicole war aufgebracht. Elizabeth hatte sie sicher nicht beleidigen wollen, indem sie davon ausging, dass sie es nicht wagen würde, einen Essenskorb mitzubringen, aber trotzdem war sie verletzt: Elizabeth wusste, dass es für Nicole demütigend wäre, wenn niemand ihren Korb kaufen wollte. Nicoles Lippen wurden schmal.
»Ich wollte Sie nicht aufregen«, sagte Elizabeth sanft und sehr besorgt. »Es ist wirklich immer sehr amüsant, und nicht alle bringen etwas zu essen mit. Ich als eine der Organisatorinnen bringe auch nichts mit. Essen Sie doch einfach mit mir und Hadrian!«
»Ich rege mich nicht auf«, sagte Nicole mit allem Stolz, den sie aufbieten konnte. »Und warum glauben Sie, dass ich nicht kommen würde? Mit einem Essenskorb?«
Elizabeths Augen weiteten sich kurz, doch sie fasste sich rasch wieder. »Ach, das freut mich aber sehr!«
Nicole lächelte grimmig. Ihr war klar, dass sie sich soeben für einen Weg entschieden hatte, der nur in eine Katastrophe münden konnte. Aber sie war in ihrem Stolz gefangen und konnte jetzt keinen Rückzieher mehr machen, jedenfalls nicht vor Elizabeth Martindale.
*
Der Samstag war ein herrlicher Spätsommertag mit strahlendem Sonnenschein und einem wolkenlosen Himmel. Die Bäume im Hyde Park strahlten in goldener Pracht. Gut zweihundert bunt herausgeputzte Damen und Herren des Adels hatten sich eingefunden. Der Reitweg durch den Park war gesäumt von einer endlosen Kutschenschlange. Nun versammelten sich alle um eine eigens für dieses Fest errichtete Plattform, an deren Rand die bunt bemalten und mit Schleifen und Spitzen verzierten Picknick-Körbe aufgestellt waren.
Elizabeth und der Herzog standen ganz vorne. Sie hatte sich bei ihm untergehakt und blickte suchend in Menge. »Ob sie in letzter Minute beschlossen hat, doch nicht zu kommen?«, murmelte sie.
»Wer denn?«, fragte der Herzog und trat ungeduldig von einem Bein aufs andere. Er langweilte sich. Momentan beschäftigte ihn eine wichtige Rechtsangelegenheit und er wollte sich noch an diesem Tag mit einigen Anwälten treffen. Seine Nachfrage kam geistesabwesend, und an ihrer Antwort lag ihm nicht sehr viel. Zumindest nicht, bis er sie hörte.
»Nicole Shelton.«
Er erstarrte. Elizabeth hatte ihm doch zu seiner großen Erleichterung mitgeteilt, dass Nicole ihre Einladung, gemeinsam Gedichte zu lesen, abgelehnt hatte. Falls sie die Einladung nicht ausgeschlagen hätte, war er fest entschlossen gewesen, sie zur Rede zu stellen und ihre Absichten in Erfahrung zu bringen. Aber sie hatte sie ausgeschlagen, und sein Eingreifen war nicht nötig geworden. »Ich kann mir kaum vorstellen, dass sie hierher kommt«, sagte er barsch, obwohl sich bei dem Gedanken, dass sie vielleicht ganz in der Nähe war, sein Puls beschleunigte.
»Sie sagte, sie würde kommen, und sie sagte auch, sie würde einen Essenskorb mitbringen.« Elizabeth gab es auf, die Menge nach ihr abzusuchen. »Allerdings wollte ich gar nicht, dass sie an der Versteigerung teilnimmt, ich wollte nur,
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