Rebellin der Leidenschaft
schon einige Körbe versteigert worden, die meisten für zehn bis zwanzig Pfund. Nicole überlegte sich fieberhaft, ob sie einfach feige sein und flüchten sollte, bevor ihr Korb zur Auktion anstand. Doch wieder ertappte sie sich, wie sie den Herzog anstarrte.
Einen kurzen Augenblick, der eine Ewigkeit zu dauern schien, trafen sich ihre Blicke. Diesmal wandte er sich als Erster ab und sagte etwas zu Elizabeth. Aber nun schaute Elizabeth direkt zu ihr herüber und winkte fröhlich. Nicole wusste nicht, ob sie reagieren sollte. Sie wusste nur, dass sie jetzt nicht mehr fliehen konnte, jetzt nicht. Mit einem entschlossenen Seufzer wandte sie sich wieder der Plattform zu.
*
»Hast du Robert gesehen?«, fragte Elizabeth besorgt. »Es sind nicht mehr viele Körbe übrig, und ich habe ihn noch nirgends entdeckt.«
Der Herzog war angespannt. »Wahrscheinlich hat er gestern Abend einen über den Durst getrunken und sein nettes Versprechen dir gegenüber völlig vergessen.« Das sähe Robert zumindest ähnlich, und eigentlich wäre es dem Herzog auch ganz recht gewesen, wenn der gut aussehende Junggeselle nicht auftauchte, um Nicoles Korb zu ersteigern.
»Stacy!«, rief Elizabeth, denn sie hatte soeben ihre Cousine entdeckt, die sich mit ihrem Verehrer, der gerade ihren bunt geschmückten Korb erstanden hatte, durch die Menge drängte.
Stacy kam zu ihnen und begrüßte sie. »Das ist Lord Harrington«, sagte sie und lächelte ihm kokett zu. »Er hat meinen Korb für fünfunddreißig Pfund ersteigert!«
»Wie schön«, sagte Elizabeth und nahm sich trotz ihrer Sorgen die Zeit, ihn förmlich zu begrüßen. Dann führte sie ihre Cousine ein paar Schritte weg. »Stacy, wo steckt dein Bruder? Wo ist Robert?«
»Ach, ich habe ganz vergessen, dir etwas auszurichten«, sagte Stacy lächelnd. »Er hatte nicht daran gedacht, dass er für heute schon eine Verabredung hatte, die er unmöglich absagen konnte. Es tut ihm sehr Leid.«
Elizabeth erbleichte.
Stacy lachte. »Keine Sorge, er hat mir von eurem Plan erzählt und lässt dich jetzt nicht im Regen stehen. Er hat nämlich einen Freund gebeten, ihn zu vertreten.«
»Wen denn?«, fragte Elizabeth.
Stacy deutete auf einen Rotschopf in einem weißen Leinenanzug. »Siehst du den Mann dort drüben, neben dem im karierten Anzug? Er heißt Chester Soundso und wird Nicoles Korb ersteigern«, sagte sie kichernd.
Elizabeth starrte den zerzausten jungen Herrn und seinen Freund an. Beide wirkten ziemlich angetrunken. »Ich bringe Robert um«, sagte sie.
Stacy lachte.
»Ich muss jetzt weiter, Elizabeth. Viel Spaß noch!« Sie wollte das Ende der Auktion auf keinen Fall verpassen.
Elizabeth kehrte zutiefst besorgt zum Herzog zurück und berichtete ihm, was passiert war.
*
Ihr Picknickkorb war an der Reihe. Nicoles Herz schlug ihr bis zum Hals. Als der Versteigerer ihn hochhielt, wäre sie am liebsten im Erdboden versunken. Sie hatte zwar gewusst, dass es besser wäre, ihn wie Reginas zu dekorieren, aber ihre Versuche waren kläglich gescheitert. Die Bänder und Schleifen waren ihr einfach nur albern vorgekommen, die Spitzen erst recht. Blumen hatte sie noch schlimmer gefunden, und schließlich hatte sie ihren Korb einfach nur tiefrot angemalt. Alle anderen Körbe waren weiß oder pastellfarben, mit Schleifchen und Bändern und anderem weiblichen Flitterkram verziert. Nicole war klar, dass ihr Korb hier ein grässlicher Schandfleck war.
Als der Auktionator ihn hochhielt, wurden seine Augen immer größer, und aus der Menge ertönte lautes Kichern. »Nun, was haben wir denn da?«, murmelte er. »Aber was immer sich in diesem ungewöhnlichen Korb befindet, es riecht hervorragend! Wer bietet als Erster?«
Niemand rührte sich, und Nicole wurde heiß. Sie versuchte, sich auf den plumpen Versteigerer zu konzentrieren, der ihren schrecklich bemalten Korb noch immer hochhielt.
»Nun kommen Sie schon, meine Herren, trauen Sie sich!«, rief er. »Wer fängt an? Höre ich da irgendwo fünf Pfund? Fünf Pfund, meine Herren ...«
»Wessen Korb ist es denn?«, rief jemand laut.
Die Namen der Mädchen, von denen die Körbe stammten, waren nicht offiziell bekannt, aber meist bedurfte es keiner Nachfrage, denn die Verehrer bemühten sich schon im Vorfeld, die richtigen Körbe auszumachen. Nun ertönten ein paar abfällige Rufe, denn so eine Frage war hier zum ersten Mal gefallen. Am liebsten hätte sich Nicole in Luft aufgelöst, als der Auktionator auf das kleine Etikett auf dem Tisch blickte
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