Rebellin der Leidenschaft
wollen, doch da erlahmte seine Hand. Musste sein Gewissen ihm ausgerechnet jetzt sagen, wer sie war - und wer er war? Aber es war schon zu spät. Er schloss die Augen und kämpfte mit sich, dachte viel zu klar. Er hatte ihr zu ihrem ersten Höhepunkt verholfen, und wenn er so weitermachte, würde er ihr erster Liebhaber sein. Doch das durfte nicht sein, es war einfach nicht recht.
Wortlos löste er sich von ihr und ließ sich rücklings ins feuchte Gras fallen.
15
Nicole richtete sich auf. Sie war bis ins Mark erschüttert. Auch wenn sie über Sexualität sicher mehr wusste als die meisten ihrer Altersgenossinnen, hatte sie niemals auch nur im geringsten die Möglichkeit erwogen, dass es eine derart erdbebengleiche Erfahrung sein könnte. Noch immer atemlos sah sie den Herzog von Clayborough an.
Er lag in der sumpfigen Wiese auf dem Rücken, steif wie ein Brett abgesehen davon, dass auch er außer Atem war. Als sie daran dachte, wie abrupt er sich von ihr abgewandt hatte, wurde ihr klar, dass sie zwar alles erlebt hatte, was die körperliche Liebe zu bieten hatte, er jedoch nicht.
Sie zitterte, als sie ihn betrachtete. Er war der prächtigste, männlichste Mann, den sie je gesehen hatte; ihn so daliegen zu sehen im Zustand des reinen Verlangens fachte ihren Hunger, den sie eigentlich für gestillt gehalten hatte, erneut an. Und noch etwas anderes regte sich in ihr, etwas Süßes, Schmerzhaftes, schrecklich Zartes. »Hadrian?«, flüsterte sie, überschwemmt von einer Welle von Liebe. Sie berührte seine Wange.
Er zuckte zusammen, entzog sich ihrer Berührung und sprang auf. »Rühr mich nicht an!«
Erschrocken zog sie die Hand zurück. Warum war er so wütend?
»Und schau mich nicht an, als hätte ich dir gerade einen Tritt versetzt!«
Nicole erstarrte. »Es tut mir Leid.«
Er ignorierte sie und ging zum Bach. Dabei fiel ihr unwillkürlich auf, dass er noch immer erregt war. Er watete in die Mitte des Baches und tauchte unter.
Nicole schrie auf. Das Wasser war eisig kalt. War er denn völlig von Sinnen? »Hadrian!«, keuchte sie, als er zitternd wieder auftauchte. »Du wirst dir noch den Tod holen!«
»Du bist mein Tod.«
Sie musterte ihn unsicher. »Meinst du den Tod ... den Tod, den du vorhin erwähnt hast?«
»Nein, den meine ich nicht!«
»Warum bist du so wütend? Was habe ich dir denn getan?«
»Alles«, knurrte er und starrte sie böse an.
Nicole verstand überhaupt nichts mehr. Sie musste tatenlos Zusehen, wie er ein weiteres Mal in den eisigen Bach tauchte. Langsam stand sie auf. Schreckliche Angst machte sich in ihr breit. Sollte sie nie wieder die Wärme und Nähe spüren, die sie soeben miteinander geteilt hatten? Zwischen ihnen schien sich soeben ein unendlich tiefer Abgrund aufzutun. Sie musste unbedingt seine unerklärliche Wut beschwichtigen, und zwar rasch. Sie nahm seine Jacke, und als er wieder aufstand und das Wasser an seinem muskulösen, harten Körper abperlte, sagte sie: »Komm her!«
In seinem Blick lag Ablehnung, aber wenigstens kam er jetzt zitternd aus dem Bach. Nicole legte ihm die Jacke um die Schultern und rieb ihn damit ab wie mit einem Handtuch, bis er ihr die Jacke entriss. »Versuchst du etwa, mich zu verführen?«, knurrte er und trat einen Schritt zurück.
Tat sie das? »Wäre das denn so schrecklich?«
»Du bist die einzige Frau, die ich kenne, die so etwas zugeben würde. Das ist nicht recht!«
»Wenn wir zusammen sind«, sagte sie sehr leise, »dann kann mir nichts rechter sein.«
Er starrte sie rätselhaft an.
Nach außen hin gab sie sich mutig, doch innerlich bebte sie vor Angst; es stand so viel auf dem Spiel. Wieder näherte sie sich ihm und berührte ihn. Diesmal wich er nicht vor ihr zurück. »Warum hast du dich vorhin von mir abgewendet? Ich bin nicht so töricht, wie du offenbar glaubst. Ich weiß ganz genau, dass da mehr ist. Willst du mich etwa nicht?«
Er schwieg lange, und Nicole fürchtete sich vor seiner Antwort. »Ich wünschte, es wäre so«, sagte er schließlich schroff.
Er wirkte alles andere als glücklich. Sie griff nach seiner Hand. »Ich will dich, Hadrian, ich will dich noch immer.«
Er entzog sich ihr nicht, er stand nur reglos da. »Du bist einfach gnadenlos. Begreifst du denn nicht, dass ich nur versuche, ehrenhaft zu handeln?«
»Im Moment pfeife ich auf Ehrenhaftigkeit«, murmelte sie, und ihr Griff wurde fester.
Er löste sich daraus. »Das ist einfach unerträglich, so darf es nicht weitergehen. Ich nehme die Schuld
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