Rebellin der Leidenschaft
einfach zu erregt und zu wütend, um an den wunden Ballen ihres Pferdes zu denken. Der Herzog packte sie abermals; diesmal zerrte er sie von ihrem Pferd weg.
»Was tust du da?«, schrie sie schäumend vor Wut.
Er hob sie hoch. »Nicht das, was du jetzt vielleicht erwartest«, sagte er kühl.
Kreischend wand sich Nicole in seinen Armen und versuchte, ihn zu schlagen. Er duckte sich, aber da er beide Hände brauchte, um sie zu tragen, landete doch eine Faust mitten auf seinem Kinn. »Das ist der dritte Schlag, den du mir versetzt hast«, knurrte er finster.
»Aber nicht der letzte!«, erwiderte Nicole empört.
Sie schaffte es allerdings nicht mehr, ihm das Gesicht zu zerkratzen, denn er ließ sie fallen und sie landete mitten in dem eisigen Bach. Sie konnte gerade noch Luft holen, dann ging sie unter wie Blei. Gottlob schloss sie noch rasch den Mund und schluckte deshalb nicht allzu viel Wasser. Noch bevor sie etwas tun konnte, packte er sie am Kragen und zog sie aus dem Wasser. Während er sie ans Ufer zerrte, schnappte sie noch immer nach Luft. Er klopfte ihr kräftig auf den Rücken, bis sie das Wasser wieder ausspuckte, das sie geschluckt hatte.
Rasch hatte sie sich wieder so weit gefasst, dass sie ihn mit einem mordlüsternen Blick bedenken konnte. »Ich bringe dich um!«
Er hatte die Arme verschränkt und betrachtete sie ohne erkennbare Regung. »Du warst ziemlich weit zurückgefallen und wolltest dein Pferd tränken. Ich habe nach dir gesucht. Dein Pferd scheute, du bist in den Bach gefallen und ich habe dich herausgezogen.«
Ihre einzige Antwort war ein unartikuliertes Schnauben ohnmächtiger Wut.
*
Auf dem Rückweg begegneten ihnen zwei Stallburschen, die losgeschickt worden waren, um nach ihnen zu suchen. Der Herzog berichtete ihnen prompt, was passiert war, beziehungsweise die Geschichte, die er sich ausgedacht hatte. Da er und Nicole völlig durchnässt waren, nahmen sie die frischen Pferde der beiden Burschen und ließen sie ihre eigenen zurückführen.
Als sie am Herrenhaus ankamen, standen noch einige Gäste im Hof und sprachen über die Abenteuer dieses Morgens. Nicole und der Herzog wurden erleichtert begrüßt. Wieder erzählte der Herzog sein Märchen und niemand bezweifelte auch nur ein Wort davon. Zumindest nicht so lange, bis sie ins Haus gingen.
Isobel hatte sich in dem Salon gleich neben dem Foyer zu schaffen gemacht und eilte den beiden nun besorgt entgegen. Ihr Blick wanderte zwischen ihrem Sohn und Nicole hin und her. »Was ist passiert?«
»Nicoles Pferd hat gescheut und sie ist in einen Bach gefallen. Ich war zurückgeritten, um nach ihr zu suchen, und da musste ich in den Bach steigen, um sie herauszuholen«, sagte der Herzog sehr sachlich.
»Aber mir ist nichts passiert«, fügte Nicole rasch hinzu und bewerkstelligte der Herzoginwitwe zuliebe ein munteres Lächeln. Doch diese erwiderte es nicht, sondern musterte sie nur von oben bis unten. Nicole war sich sicher, dass sie den Worten ihres Sohnes nicht den geringsten Glauben schenkte. Scham überkam sie und bestärkte ihr brennendes Bedürfnis zu fliehen, nicht nur vor der Herzoginwitwe und ihrem allzu wissenden Blick, sondern auch vor ihrem Sohn.
»Sie gehen jetzt besser nach oben und ziehen sich um!«, sagte Isobel schließlich.
Nicole nickte.
Sie war nur zu froh, ihr zu entkommen. Doch da hörte sie ihre Mutter rufen. Aller Mut verließ sie, als sie Jane und ihren Vater die breite, gewundene Treppe herabkommen sah. »Mein Schatz, geht es dir gut?«, rief Jane und flog auf sie zu, dicht gefolgt von ihrem Gatten.
»Es geht mir gut«, tröstete Nicole ihre Eltern und versuchte, ihre Unsicherheit zu verbergen. Man konnte zwar allen möglichen Leuten weismachen, dass sie vom Pferd gefallen wäre, aber würden sich ihre Eltern mit so einem Märchen abspeisen lassen? Bemüht, den Vater nicht anzublicken, erzählte sie Jane, wie sie vom Pferd gefallen wäre und der Herzog sie gerettet hätte.
»Du bist vom Pferd gefallen?«, fragte Jane ungläubig. Ihr Vater starrte sie nur an.
»Ich dachte, ich sei ganz allein«, log Nicole ungerührt. »Und ich saß ja in diesem elenden Damensattel, den ich sonst nie benutze, das wisst ihr ja. Hadrian hat nicht nur mein Pferd erschreckt, sondern auch mich. Und dann ist es eben passiert.« Der strengen Miene ihres Vaters konnte sie nur allzu gut entnehmen, dass er wusste, dass sie nach Strich und Faden log.
»Du musst diese nassen Kleider ausziehen!«, sagte Jane nüchtern und nahm sich
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