Rebellin der Leidenschaft
verbergen, umgehen musste. Er hasste es, hasste sie. »Was bist du nur für ein Dummkopf! Jetzt hätte ich dich beinahe verletzt!«
»Mir ist nichts passiert«, flüsterte sie. »Und du wirst mir auch nichts antun.«
Schroff wandte sich Hadrian von ihr ab. Er zitterte.
»Ich weiß, dass du verletzen kannst«, murmelte sie. »Ich weiß, du schlägst auf mich ein, weil du niemand anderen hast, auf den du einschlagen kannst. Aber das macht mir nichts. Ich denke auch, dass es schrecklich ungerecht ist. Wie konnte so etwas nur passieren? Noch dazu einem so liebenswürdigen, so aufrichtigen Menschen?«
»Lass das!« Hadrian starrte in den Kamin, dessen Hitze ihn mehr und mehr schmerzte. Er schloss die Augen. Sie war alles, was Elizabeth nie gewesen war, und dass sie jetzt hier war, so leibhaftig, so vital und voller Leben, schmerzte ihn fast noch mehr. Und Elizabeths Bild verblasste, wurde verdrängt von verzehrendem Verlangen. An seine Stelle trat Nicole.
»Ich werde Woodward bitten, uns Tee zu bringen«, sagte sie schließlich. Hadrian hörte, wie sie das Zimmer verließ, und spürte einen Augenblick lang Panik, obwohl er dachte, er müsse eigentlich erleichtert sein. Er versuchte, sich Elizabeth wieder vorzustellen, doch es wollte ihm nicht wirklich gelingen. Mit einem tiefen Atemzug versuchte er, seine Gefühle unter Kontrolle zu bringen. Er musste kämpfen, er hatte keine andere Wahl.
Nicole kam zurück. Sobald sie die Tür öffnete, begann sein Herz wild zu flattern. »Du siehst sehr müde aus, Hadrian. Bitte, komm her und setz dich. Woodward wird gleich heißen Tee bringen. Wann hast du zuletzt gegessen?«
Langsam wandte er sich zu ihr um. Ihre Blicke trafen sich und blieben lange aufeinander gerichtet. Er hatte sich diesen Ausdruck in ihren Augen nicht eingebildet. Nein, er war echt. Er war für ihn. Hadrian hatte Angst, ihr nahe zu kommen. Denn in diesem Augenblick erfasste ihn das Verlangen mit unbezwingbarer Gewalt.
»Hadrian?«
Stumm wandte er sich erneut von ihr ab; er lehnte sich an den Kaminsims und starrte in die Flammen. So sehr er es auch versuchte, er konnte sich Elizabeths Gesicht nicht mehr klar ins Gedächtnis rufen.
Woodward klopfte und brachte den Tee. Hadrian hörte, wie der Butler das Tablett abstellte und Nicole fragte, ob sie noch einen Wunsch habe, doch er drehte sich nicht um. Er hatte Angst, Angst vor sich selbst und davor, was passieren könnte, wenn er sich bewegte.
Die Tür wurde geschlossen. Die Stille im Raum wurde nur durch die große Standuhr an der Wand und das gelegentliche Knacken und Prasseln des Feuers unterbrochen. Er hörte, wie Nicole aufstand und auf ihn zuging. Sein ganzer Körper spannte sich an.
Sie stand so dicht hinter ihm, dass er ihre Wärme spüren konnte. »Hadrian? Willst du dich nicht zu mir setzen?«
»Nein.«
»Möchtest du nach oben gehen und dich schlafen legen? Es macht mir Angst, dich so zu sehen.«
Es machte ihm Angst, so zu sein. Er stand reglos da und klammerte sich an den steinernen Kaminsims. Eigentlich wollte er ihr noch einmal sagen, sie solle gehen und ihn allein lassen - er wollte ihr befehlen, ihn allein zu lassen. Aber er sagte nur: »Ich kann nicht schlafen, Nicole. Wenn ich es könnte, glaub mir, dann wäre ich jetzt nicht hier und nicht in diesem Zustand.«
Sie seufzte gequält. Hadrian hatte fast das Gefühl zu explodieren, als sie sanft seinen Rücken berührte. Wieder schloss er die Augen; er hörte kaum, was sie sagte, er wünschte sich nur, dass sie die Arme um ihn legte und ihn festhielt wie ein Kind. Aber sie tat es nicht.
Er konnte nicht mehr kämpfen.
»Hadrian, du kannst bestimmt schlafen, du musst es nur versuchen. Ich sehe es dir an, dass du sehr erschöpft bist. Am besten, ich hole Woodward.«
Ihre Hand auf seinem Rücken zitterte. Hadrian atmete tief. Er konnte keinen Gedanken fassen, in seinem Inneren gellte nur ein Wort: Gefahr! »Tu es nicht!«, sagte er barsch.
Nicole biss sich auf die Lippen; dann begann sie, mit beiden Händen seinen Nacken zu massieren. Hadrian bewegte sich nicht mehr; sein Körper spannte sich noch mehr an. Als sich ihre Hände in seine Muskeln gruben, spürte er, wie er zu zittern begann. Er konnte es nicht mehr aushalten. Er hatte den Kampf verloren.
»Nicole!«, schrie er auf, drehte sich abrupt um und schloss sie in seine Arme.
Sie erstarrte, aber sie versuchte nicht, ihn von sich zu stoßen. Ihre Augen waren weit aufgerissen, doch sie zeigten keinen Schrecken. Er presste sie an
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