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Rebellin unter Feen

Titel: Rebellin unter Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. J. Anderson
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»Eine Lampe und eine Zunderbüchse findest du auf dem obersten Regalbrett. Mach die Tür zu, wenn du liest, und gib mir Bescheid, wenn du fertig bist. Ich muss wieder ins Vorratslager.« Sie verschwand, und Bryony stand allein vor dem Regal und überlegte, wo sie anfangen sollte.
    Es sah so aus, als hätte sie doch noch eine interessante Beschäftigung für den Winter gefunden.
     
    Ab da suchte Bryony die geheime Kammer so oft auf, wie sie konnte. Pechnelke gewöhnte sich an ihre Anwesenheit und ließ ihr sogar ganz selbstverständlich den Schlüssel da. Bis zur Wintersonnenwende hatte Bryony alle Bücher gelesen, einige sogar zweimal.
    Sie wusste jetzt, dass die Einstellung der Eichenfeen zu denMenschen sich seit der Entstehungszeit der Bücher dramatisch verändert hatte. Vor der großen Spaltung waren die Feen bestens über die menschlichen Gepflogenheiten informiert gewesen und hatten sich sehr für die Menschen interessiert. Bestimmt waren sie damals mutiger gewesen, weil sie noch zaubern konnten. Trotzdem war Bryony überrascht, dass sich die Bücher mit allen nur denkbaren Aspekten des menschlichen Lebens und der menschlichen Gesellschaft beschäftigten.
    Unter anderem erfuhr Bryony, dass Menschen gar nicht zaubern konnten. Die vielen Wunder, die sie im steinernen Haus gesehen hatte, waren lediglich das Werk erfindungsreicher Köpfe und geschickter Hände. Die Menschen fraßen auch keine Feen und jagten sie auch nicht zum Zeitvertreib. Offensichtlich glaubten nur wenige, dass es überhaupt Feen gab. Sie kannten Feen nur aus albernen Märchen. Bryony las die Märchen mit einer Mischung aus Belustigung und Abscheu. Männer brachten Feen darin durch List dazu, sich mit ihnen zu vermählen, oder Feen raubten Kinder der Menschen und schoben ihnen stattdessen hässliche Missgeburten unter. In einer Geschichte stellte eine Fee sogar eine menschliche Hebamme dazu an, ihr bei der Geburt zu helfen – ein absurder Gedanke, wo doch alle wussten, dass Feen aus Eiern schlüpften und dass die Mutter sterben musste, bevor die Tochter geboren werden konnte!
    Bryony las auch, dass die Männer und Frauen der Menschen sich manchmal gegenseitige Treue schworen und lebenslang zu einem Paar verbanden. Vielleicht hatten die beiden aus dem steinernen Haus deshalb nicht miteinander gehandelt, sondern sich beieinander bedankt, als sei das ganz normal. Trotzdem verstand Bryony nach wie vor nicht, wie man sich so sehr an eine andere Person binden konnte. Es war doch auf jeden Fall besser, frei zu sein und niemandem etwas zu schulden.
    Die Bücher über die Menschen faszinierten Bryony, doch je länger sie las, desto weniger verstand sie, warum die Feen, die sich einst so sehr für die Menschen interessiert hatten, jetzt nichts mehr von ihnen wissen wollten und solche Angst vor ihnen hatten. Was hatte diesen Wandel bewirkt? Hatte die große Spaltung damit zu tun?
     
    Wochenlang blieben die Äste der Eiche braun und kahl. Die Wintervorräte der Feen schrumpften zusehends, und frisches Fleisch war kaum noch aufzutreiben. Bryony saß allabendlich grübelnd über ihren Büchern, bis ihr der Kopf rauchte, doch kam sie einer Antwort auf ihre Frage nicht näher. Sie überlegte, ob sie Pechnelke fragen sollte, aber dann musste sie ihr wahrscheinlich auch von ihrem Besuch im Haus der Menschen erzählen, und sie wusste nicht, ob die ältere Fee das Geheimnis für sich behalten konnte. Eines Tages gab sie den Schlüssel zur Kammer einfach zurück, ohne das Rätsel gelöst zu haben, und beschäftigte sich stattdessen wieder mit den Gewohnheiten der Krähen.
    Dann kam endlich der Frühling. Er kündigte sich zuerst durch hier und da verstreute Schneeglöckchen an und dann durch Krokusse, die ihre goldenen und lilafarbenen Köpfe durch das Laub am Fuß der Eiche streckten. Die Tiere krochen aus ihren winterlichen Behausungen, Vogelgezwitscher erfüllte die Luft. Sobald die Sonne schien, eilte auch Bryony nach draußen und streckte wonnevoll die Flügel. Eines Tages schoss sie eine Wühlmaus. Sie häutete sie gerade, da trat Dorna zu ihr.
    »Ich habe dir alles beigebracht, was ich weiß«, sagte sie.
    Bryony hob überrascht den Kopf. »Was?«
    »Ich sagte, ich kann dir nichts mehr beibringen.« Dorna schüttelte sich mit einer heftigen Kopfbewegung die schwarzen Haare aus der Stirn. »Du weißt jetzt genauso viel wie ich, und die Eichebraucht nur eine Jägerin. Meinetwegen kannst du die Arbeit ganz übernehmen.«
    Bryony starrte sie sprachlos an. So

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