Rebellion Der Engel
ausgeschlossen hatte, lag ich in seinem frisch bezogenen Bett. Akashiel hatte die Tür nur angelehnt und das Licht auf dem Gang eingeschaltet gelassen, damit ich mich leichter orientieren konnte. Ein wenig fühlte ich mich dabei wie ein kleines Kind, das ein Nachtlicht brauchte, um schlafen zu können. Gleichzeitig fand ich es süß, dass er sich so viele Gedanken um meine Nachtruhe machte.
Obwohl ich davon überzeugt war, dass ich nach all dem, was heute geschehen war und was ich gehört und erfahren hatte, kein Auge zu tun würde, war ich eingeschlafen, noch bevor Akashiel zur Tür hinaus war.
Ich träumte wieder von der Höhle. Der Geruch von Salz und Meerwasser stieg mir in die Nase, eine eisige Brise zerrte mit solcher Gewalt an meinen Kleidern, als wolle sie mich auf etwas aufmerksam machen, doch ich war nicht in der Lage, meinen Blick von der Felswand abzuwenden. Dieses Mal brauchte ich mich nicht zu konzentrieren, um die Umrisse ausmachen zu können, die sich unter den Schatten im Fels verbargen. Ich wusste, dass sie da waren. Ihre Gegenwart war so greifbar, dass es unmöglich war, sie nicht zu spüren. Ich betrachtete die im Stein gefangenen Gestalten, meine Sinne erfüllt von brennendem Zorn, der von den Felswänden aufloderte wie riesige Stichflammen undmeine Seele zu versengen drohte. Sie würden mich umbringen, bei lebendigem Leib auffressen, so, wie sie alles in ihrem Umkreis verschlingen würden. Ich krümmte mich vor Angst und versuchte zu schreien, doch kein Laut wollte über meine Lippen kommen.
»Hab keine Angst«, vernahm ich eine hallende Stimme. »Du bist, wo du hingehörst.«
Dann löste sich eine der Gestalten aus dem Fels und zerquetschte mich wie ein Insekt unter seiner riesigen Fußsohle.
Ich schreckte mit einem unterdrückten Schrei hoch. Licht zeichnete sich in einem kantigen Umriss auf dem Boden ab und einen Augenblick lang rechnete ich damit, jeden Moment die Gesichter im Fels zu sehen. Dann wurde mir bewusst, dass es das Ganglicht war, das durch den Türspalt in mein Schlafzimmer fiel. Akashiels Schlafzimmer. Ich atmete tief durch und wartete darauf, dass sich mein Herzschlag wieder beruhigte. Die grüne Leuchtanzeige des Weckers auf dem Nachttisch zeigte 2:37 Uhr – ich hatte gerade mal etwas über eine Stunde geschlafen.
Du bist, wo du hingehörst.
Die Träume hatten nach dem Unfall begonnen; keine drei Tage, nachdem ich die Schmerzmittel endgültig abgesetzt hatte. Beinahe so, als habe mein Unterbewusstsein nur darauf gewartet, dass die Drogen aus meinem Blut verschwanden, ehe es begann, mir Nachrichten zu senden. Hatte ich die ersten beiden Male nichts anderes als Angst verspürt, so begriff ich nun zumindest, was ich im Traum sah: die ersten Nephilim. Die Riesen der Vorzeit in ihrem Gefängnis aus Stein.
Frustriert darüber, dass ich wohl doch keine Ruhe finden würde, setzte ich mich auf. Mein Blick fiel auf den Fernseher, der am Fußende des Bettes auf einer Kommode stand. Vielleicht würden mir ein paar alte Filme oder Serienhelfen, wieder einzuschlafen. Die Fernbedienung lag auf dem Fernseher und ich hatte nicht die geringste Lust, aufzustehen und das verflixte Ding zu holen. Akashiel hatte mich gewarnt, meine Kräfte nur einzusetzen, wenn meine Signatur verborgen war. Er hatte mich abgeschirmt, das hatte er selbst gesagt. Also war ich auf der sicheren Seite. Ich streckte die Hand aus und murmelte: »Komm her, Fernbedienung!«
Sie rührte sich nicht.
»Mach schon! Zwing mich nicht, dich zu holen.« Wie hatte ich es mit dem Kakao gemacht? Ich konnte mich nur noch erinnern, dass ich die Hand ausgestreckt hatte, kurz darauf war er mir auch schon entgegengeflogen.
Ich schloss die Augen und stellte mir die Fernbedienung vor, wie sie auf dem Gerät lag. Dann begann ich das Bild abzuwandeln, malte mir aus, wie sie sich vom Fernseher in die Luft erhob und auf mich zubewegte. Ganz langsam schwebte sie vor meinem inneren Auge, als hätten die Gesetze der Schwerkraft jede Wirkung verloren. Als ich etwas Kühles, Festes in meiner Hand spürte, riss ich die Augen auf.
Die Fernbedienung!
Überrascht ließ ich sie auf die Bettdecke fallen – und versuchte sofort, sie noch einmal mit bloßer Willenskraft in meine Hand zu zwingen. Sie ruckte und wackelte, hob aber nicht mehr ab. Trotzdem hatte es dieses Mal schon besser funktioniert als mit der Kakaopackung. Allerdings war es auch anstrengender gewesen. Mir war heiß und ich hatte das Gefühl, ersticken zu müssen, wenn ich
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