Rebellion Der Engel
einen Moment stocken ließ, so deutlich glaubte ich sie in meinem Nacken zu spüren. Meine Handflächen waren schweißnass und mein Herz hämmerte so wild in meiner Brust, dass ich es bis in den Hals hinauf spüren konnte. Natürlich hatte ich schon öfter Vorahnungen gehabt. Das untrügliche Empfinden, dass ein Gespräch schieflaufen oder ein Date ein Reinfall werden würde. Nichts Außergewöhnliches. Das hier war anders. Es tat beinahe körperlich weh und erfüllte mich mit einer Furcht, die es mir schwer machte, meine Bewegungen zu kontrollieren.
Ich blieb stehen und atmete tief durch.
Mein Blick schweifte die Straße entlang, ohne etwas Ungewöhnliches entdecken zu können, und blieb schließlich an meinem Haus hängen, dessen Fassade im schwindenden Tageslicht langsam von Rot zu Grau wurde. Die Fenster starrten mir wie blinde Augen entgegen und die Schatten unter der Veranda hatten etwas von einem Rachen, der mich verschlingen würde, sobald …
Ich schüttelte heftig den Kopf und versuchte diese irrationalen Gedanken abzuschütteln. Mein Haus hatte weder einen Rachen noch waren seine Fenster Augen. Es war nichts weiter als ein Bau aus Holz, Nägeln und Dachschindeln. Ein lebloses Etwas, das mich ganz bestimmt nicht verschlingen würde. Doch was auch immer der Auslöser fürmeine plötzliche Furcht sein mochte, dort würde ich ihn finden – in meinem Haus. Davon war ich überzeugt.
Ehe ich wusste, was ich tat, hielt ich mein Handy in der Hand.
»Du machst dich lächerlich, Rachel«, sagte ich zu mir selbst.
Wen wollte ich anrufen? Die Polizei? Die würden mir was husten, wenn ich ihnen erzählte, dass ich ein ungutes Gefühl hatte und mein Haus außerdem ziemlich bedrohlich wirkte. Amber? Ganz bestimmt würde sie sofort kommen, wenn ich Alarm schlug. Sollten wir dann jedoch nichts Bedrohliches in meinem Haus finden – worauf ich wirklich hoffte –, müsste ich mich garantiert noch einmal einem ernsten Gespräch über eine weitere ärztliche Untersuchung stellen.
Nein, bevor ich irgendetwas unternahm, wollte ich mich selbst umsehen. Im Falle einer Bedrohung konnte ich immer noch nach Akashiel rufen. Wahrscheinlicher war es jedoch, dass ich einfach überreagierte und schlicht und ergreifend nichts finden würde – höchstens ein paar Rechnungen im Briefkasten.
Ich setzte meine Schritte langsam und mit Bedacht, während ich mich dem Haus näherte. Sobald das Gartentor hinter mir lag, wurde ich noch vorsichtiger. Ich ließ meinen Blick von einer Seite zur anderen schweifen, darum bemüht, selbst den kleinsten Winkel meines Gartens zu erfassen. Trotz der sich ausbreitenden Schatten behinderte mich die heraufziehende Dunkelheit nicht.
Sobald mir das bewusst wurde, blieb ich stehen.
Verwundert ließ ich meinen Blick weiter wandern. Obwohl es mir längst nicht mehr möglich sein dürfte, den Namenszug auf meinem Briefkasten oder dem der Nachbarn zu erkennen, sah ich alles so deutlich vor mir, als stünde ich unmittelbar davor. Ich blinzelte, und als sich nichts anmeiner Sicht veränderte, rieb ich mir die Augen, wodurch der Schriftzug auf dem Briefkasten kein Stück unleserlicher wurde.
Nachdem ich mich davon überzeugt hatte, dass der Garten verlassen war, wandte ich mich dem Haus zu, holte einmal tief Luft und ging auf die Tür zu. Schon aus der Ferne sah ich Popcorn, der sich auf der Veranda ausgestreckt hatte und ein Nickerchen hielt. Ebenso merkwürdig wie der Platz, den er sich dafür ausgesucht hatte, war seine Haltung. Er lag auf dem Bauch, alle viere von sich gestreckt, den Kopf zur Seite geneigt und den Blick auf mich gerichtet.
»O mein Gott!«, rief ich, als ich die Leere in seinen grünen Katzenaugen sah.
Ich schoss auf ihn zu, und noch bevor ich die Veranda betrat, sah ich das Blut. Es quoll unter seinem kleinen Katzenkörper hervor, verteilte sich über die Holzbohlen und versickerte in den Ritzen dazwischen. So viel Blut! Viel zu viel für das kleine Tier!
Überall im Holz waren Spuren seiner Krallen.
Drei schnelle Schritte, dann hatte ich den Kater erreicht und fiel neben ihm auf die Knie. »Pop?«
Zum ersten Mal wäre ich wirklich froh gewesen, ihn sprechen zu hören, doch er gab keinen Ton von sich. Seine Augen starrten an mir vorbei ins Nichts. Leer und tot. Ich legte eine Hand an seinen Hals. Dort, wo ich sonst seine Wärme unter dem Fell spürte, fanden meine Finger nur kalte, klamme Haut.
Kein Puls und kein Atem.
Keine Wärme.
Kein Leben.
Meine Hände zitterten, als ich
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