Rebellion Der Engel
Meer an einem stürmischen Tag. Alles an ihm, von der aufrechten Haltung bis hin zu dem Winkel, in dem er den Kopf hielt, strahlte eine Selbstsicherheit aus, wie man sie nur selten zu sehen bekam. Er trug ausgeblichene Jeans und ein graues Poloshirt, doch er hätte ebenso gut einen Smoking anhaben können, so elegant wirkte selbst diese lässige Freizeitkleidung an ihm. Das war zweifelsohne einer der attraktivsten Männer, die ich je gesehen hatte. Doch das war nicht der Grund, warum mir die Begrüßung im Hals stecken blieb. Es war nicht sein Aussehen, das mich schweigen ließ, sondern das Gefühl, diesem Mann schon einmal begegnet zu sein. Gleichzeitig wusste ich, dass ich ihn noch nie zuvorgesehen hatte. An einen Mann wie diesen hätte ich mich erinnert.
»Hi, Lea. Die Tür war offen, da dachte ich, ich lasse mich einfach selbst herein.« Seine sonore Stimme brach den Bann, der mich hatte erstarren lassen, und lenkte die Aufmerksamkeit der anderen auf ihn. »Ich bin Mike«, sagte er und hielt Amber, die ihm am nächsten stand, die Hand hin.
Ich erwartete, Erstaunen in ihren Zügen zu sehen oder zumindest einem Ausdruck, der meiner Reaktion auf das Erscheinen dieses Mannes gleichkam, doch Amber zögerte nicht einmal, als sie seine Hand ergriff. »Amber. Freut mich, Sie kennenzulernen.«
»Die Freude ist ganz auf meiner Seite.« Mike wandte sich mir zu, um mir ebenfalls die Hand zu reichen. Sein Blick blieb länger an mir hängen, als es sich gehörte, doch statt mich unwohl zu fühlen, spürte ich etwas Vertrautes in der Art, wie er mich ansah. Verflucht, war ich ihm wirklich noch nie begegnet? Als ich seine Hand ergriff, durchfuhr mich ein Schlag. Nichts Schmerzhaftes, sondern eher ein warmes Prickeln. Ein Gefühl der Geborgenheit durchströmte mich, wie ich es nach dem Tod meiner Mutter nicht mehr verspürt hatte, und trieb mir die Tränen in die Augen. Ich blinzelte sie rasch fort und brachte es fertig, meinen Namen zu sagen.
»Sind wir uns schon einmal begegnet?«
Ich weiß nicht, was mich mehr überraschte, dieselbe Frage aus seinem Mund zu hören, die ich mir insgeheim gestellt hatte, oder der lange, eindringliche Blick, mit dem er mich musterte. Es schien eine Ewigkeit zu vergehen, bis ich es schaffte, den Kopf zu schütteln. »Nicht, dass ich wüsste.«
Ehe er noch etwas sagen konnte, kam Nate zur Tür herein, eine braune Papiertüte aus dem Supermarkt unter dem Arm. »Ihr seid ja schon alle da! Wie schön! Ich hoffe, ihrhabt auch Hunger, denn nachdem ich nun die Zutaten ergattert habe, die unsere Einkaufsfee hier«, er deutete mit dem Kopf in Leas Richtung, »vergessen hat, sind wir auch schon so gut wie fertig.«
Er ging an Mike vorbei und verschwand in die Küche, um kurz darauf ohne Tüte zu uns zurückzukehren und Amber mit einem Kuss zu begrüßen. »Wie ich sehe, habt ihr Mike bereits kennengelernt.«
»Ich habe sie einander gerade vorgestellt«, erklärte Lea.
»Woher kennen Sie Lea und Nate?« Amber hatte schon immer ein Gespür für Fragen gehabt, deren Antworten auch mich brennend interessierten.
»Wir arbeiten zusammen.« Lea warf einen kurzen Blick in seine Richtung, dann fügte sie hinzu. »Mike ist unser Boss.«
Ich hatte angenommen, er wäre Leas Date oder zumindest ein guter Freund.
»Wisst ihr was, warum setzt ihr euch nicht einfach schon mal«, schlug Lea vor. »Ich muss nur noch den Salat machen, dann kann es auch schon losgehen.«
»Soll ich dir helfen?«
Sie winkte ab. »Nicht nötig, Rachel, das schaffe ich schon.«
Nate fragte, was wir trinken wollten, und versorgte Amber und mich mit Rotwein, während er und Mike sich an Bier hielten. Kaum waren die Getränke aufgetischt, zog Nate zwei Zigarren aus einer Schublade. »Kommt ihr mit nach draußen?«, fragte er Amber und mich. »Lea bringt mich um, wenn wir die Dinger im Haus anstecken.«
Wir wechselten einen raschen Blick und schüttelten dann gleichzeitig die Köpfe.
»Ich hasse den Gestank«, sagte Amber, kaum dass die Männer auf die Veranda verschwunden waren. »Lass unssehen, ob Lea nicht vielleicht doch eine helfende Hand brauchen kann.«
Obwohl sie sich wehrte, zwangen wir Lea, uns zu verraten, wo das Geschirr stand, und deckten den Tisch, während sie in Töpfen und Pfannen rührte. Aus der Küche drang der Geruch von Braten so verführerisch in meine Nase, dass mir der Magen zu knurren begann. Ein Geräusch, das Amber mit einem breiten Grinsen quittierte. »Ich hoffe, du weißt es zu schätzen, dass ich dich
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