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Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz (German Edition)

Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz (German Edition)

Titel: Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Kachelmann , Miriam Kachelmann
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das Gericht schrieb weiter am 1. Juli, dass in rechtlicher Hinsicht daher davon auszugehen sei, dass ich nach Aktenlage dringend verdächtig sei, den Tatbestand der besonders schweren Vergewaltigung nach § 177 Abs. 4 Nr. 1 StGB sowie – wegen der Verwendung eines Messers – den Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung gem. § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB verwirklicht zu haben. Beide Tatbestände stünden in Tateinheit zueinander.
    Zur Erfordernis des Haftgrundes führte das Mannheimer Landge richt aus, dass nach Aktenlage derzeit keine Anhaltspunkte vorhanden seien, die die Annahme eines minder schweren Falles rechtfertigen könnten, sodass angesichts der Mindestfreiheitsstrafe von fünf Jahren ein ganz erheblicher Fluchtanreiz bestehe, dem keine Fluchthemmnisse von ausreichendem Gewicht gegenüberstünden. Mildere Maßnahmen seien nicht ausreichend, um den Zweck der Untersu chungshaft sicherzustellen. Angesichts der Schwere der Tat sei die Auf rechterhaltung der Untersuchungshaft auch verhältnismäßig.
    Und das alles, nachdem die Aussagepsychologin Greuel ihr Gutachten über Dinkel abgegeben hatte, in dem sie schrieb:
    »Zum einen handelt es sich um außergewöhnlich umfassende Erinnerungslücken, zum anderen hat die Analyse ihrer nachweisbaren Falschbekundungen (Flugtickets, Kontaktaufnahme zur Zeugin Sch.) ergeben, dass sie gerade hier auch Erinnerungslücken geltend gemacht und dadurch ihr Aussagemanagement abgesichert hat.«
    Dinkels Aussage zum eigentlichen Tatgeschehen war laut Greuel im Ergebnis so dürftig, dass man sie gar nicht analysieren könne:
    »Wenn aber, wie im vorliegenden Fall, auch nach intensiver Nachbefragung keine Angaben zu zentralen Aspekten eines inkriminierenden Vergewaltigungsgeschehens generiert werden können (z. B. Körperposi tionen und Positionswechsel, Wechselspiel von Zwan g / Gewalt und Wider stand, Ausmaß und Modi physischer Gewalthandlungen, Einsatz eines Tatwerkzeugs) und sogar komplette Handlungssequenzen nicht erinnert werden können (Zufügen von Verletzungen), dann mangelt es letztlich an diagnostisch relevantem Aussagematerial, um einen etwaigen Erlebnisbezug der Aussage oder einzelner Aussagekomplexe mit aussagepsychologischen Methoden bestätigen zu können.«
    Der Kieler Psychologe Prof. Dr. Günter Köhnken interpretierte die Schlussfolgerung von Greuel später als »Bankrotterklärung bzgl. der von ihr festgestellten Aussagequalität« und legte dem Gericht die Tatsache einer intentionalen Falschaussage durch Dinkel nahe.
    Als Verteidiger Birkenstock noch kampfeslustig und nicht durch den irrationalen Widerstand des Gerichts ermüdet war, schrieb er in seiner Verzweiflung eine sehr berechtigte und gut begründete Dienst aufsichtsbeschwerde gegen alles, was die unsägliche Staatsanwaltschaft in Baden-Württemberg aufgeboten hatte. Ich möchte diese (durch das Land routiniert abgewehrte) Beschwerde mit Ausnahme kleiner Schwärzungen, die die Persönlichkeitsrechte der Falschbe schuldigerin betreffen, im Wortlaut im Anhang dieses Buchs wiedergeben – vielleicht hat ja der neue Innenminister das Bedürfnis, sich darüber klar zu werden, mit welchen Beamten er und die Menschen im Lande es zu tun haben.

Wider die Journaille
    Der größte Teil dieser Fakten war öffentlich, fast alle Journalisten hätten es wissen müssen. Die beamtete und unbeamtete Dinkel-Fraktion ließ nichts unversucht, scheinbar mich »belastendes« Material an die Medien durchsuppen zu lassen, um den Boden für eine Rechtsprechung nach Mannheimer Art zu bereiten. Mit Verzweiflung, Kunstgriffen und auf der Basis von erfundenen Geschichten hielten mich Seidlingbockbültmann in Haft und stilisierten mich schon vor dem Prozess im Verein mit den Medien zum persönlichkeitsgestörten Monster. Die einseitige Berichterstattung funktionierte so gut, dass die Staatsgläubigen nicht einmal mehr durch ein veritables Oberlandesgericht zu verunsichern waren. Dass nur vier Wochen nach dem abseitigen Haftfortdauerbeschluss ein Oberlandesgericht in einem Nachbarort dem fast schon rechtsbeugenden Landgericht dermaßen in die Parade fährt und mich fünf Wochen vor dem schon anberaumten Gerichtstermin freigelassen hat, ist zumindest außergewöhnlich: Das Oberlandesgericht Karlsruhe setzte nicht den Haftbefehl aus. Das Oberlandesgericht setzte keine Kaution fest. Das Oberlandesgericht legte keine Bedingungen fest, dass ich mich irgendwo melden müsse oder das Land nicht verlassen dürfe – das Oberlandesgericht

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