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Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz (German Edition)

Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz (German Edition)

Titel: Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Kachelmann , Miriam Kachelmann
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fremdpsychischen Tatsachen zu be haupten, so darf er sich nicht wundern, wenn der Angeklagte ihn für einen Parteigänger der Staatsanwaltschaft hält.
    3. Der Angeklagte verkennt nicht, dass der Sachverständige Prof. Dr. Mattern in seinem Gutachten in der Hauptverhandlung wiederholt ausgeführt hat, er könne weder nachweisen, dass der Angeklagte der Nebenklägerin auch nur eine der vorgewiesenen Verletzungen beigebracht hat, noch, dass es sich jeweils um selbstbeigebrachte Verletzungen handelt. Auch hat der Angeklagte das Zugeständnis des Sachverständigen vernommen, sein diesbezügliches Erfahrungswissen sei nicht nur wegen des Standorts seines Instituts in einer an Belastung durch Gewaltkriminalität armen Universitätsstadt geringer als das in Großstädten tätiger Rechtsmediziner, zumal er sich bisher selbst nicht in nennenswertem Umfange mit der Unterscheidung von Fremd- und Selbstbeibringung bei Verletzungen beschäftigt habe.
    Indessen kann auch dem abgelehnten Sachverständigen in den langen Jahren seiner Tätigkeit nicht verborgen geblieben sein, dass sein Gutachten dem Gericht keine für das Urteil verbindlichen Zwischenergebnisse liefern, sondern Gelegenheit geben soll, genügend eigene Sachkunde zu erwerben, um auch zu einem anderen Ergebnis als der Sachverständige gelangen zu können.
    Vor diesem Hintergrund ist der Versuch des Sachverständigen Prof. Dr. Mattern, der Kammer vermeintlich belastende Umstände nahezubringen, Ausdruck seines Verständnisses seiner Rolle in dieser Sache. Mitverantwortlich für einen Schuldspruch wollte er nicht sein, aber mit der Staatsanwaltschaft wollte er es sich auch nicht verderben und ihr deshalb die eine oder andere Vorlage für deren Schlussvortrag liefern.«

Lauter Lügen
    Es ist davon auszugehen, dass Dinkel die Falschbeschuldigung von langer Hand vorbereitet hatte, darauf weisen schon die Hämatomversuche ein Jahr zuvor hin. Für die Tatnacht musste sich Dinkel etwas zurechtlegen, was gegen die Tatsache sprechen würde, dass es einen ganz normalen Geschlechtsverkehr gegeben hatte. Deswegen hatte sie sich überlegt, sich selbst einen Flugschein ihrer Nebenbuhlerin Viola Sch. in den Briefkasten zu legen und dazu einen Brief mit dem Satz »Er schläft mit ihr« beizulegen, den sie selbst geschrieben hatte – und weil sie eine mögliche Untersuchung ihres Computers und Druckers antizipierte, druckte sie das Ganze an ihrem Arbeitsplatz aus.
    Weder ihren armen Eltern noch ihren Therapeuten erzählte Dinkel die Wahrheit über das Ticket und den Brief, schon gar nicht den Ermittlungsbehörden, die sie am 9. und 11. Februar 2010 sowie am 30. März 2010 hartnäckig anlog, als sie noch mal ausführte, wie sie zum Briefkasten heruntergegangen war, wann sie den Briefkasten zum letzten Mal geleert hatte, ob Werbung drin war und so weiter. Und sie wiederholte erneut, dass sie nie zu Viola Sch. Kontakt aufgenommen habe.
    Diese Aussagen waren allesamt falsch. Den Brief hatte Dinkel selbst erstellt. Mit Viola Sch. hatte Dinkel in der Zeit vom 10. Dezember 2009 bis zum 13. Januar 2010 – unter aggressivem Einsatz einer fantasiereichen Geschichte – intensiv auf Facebook kommuniziert. Sie hatte sich dabei unter dem falschen Namen Christina Brandner bei Facebook angemeldet und Viola Sch. mit folgender Nachricht angeschrieben:
    »Hallo Viola,
    na so eine Überraschung! ☺
    Erinnerst du dich? Wir haben uns im September 2008 in British Columbia in Kanada kennengelernt. Wie geht es euch denn, dir und Jörg?
    Frank und ich haben uns inzwischen getrennt, es hat einfach nicht mehr geklappt … jetzt wohne ich wieder in München.
    Wie läuft es bei euch? Alles in Butter?
    Lass mal was von dir hören,
    liebe Grüße Chris«
    Alles das war frei erfunden. Entsprechend reagierte Viola Sch. befremdet. Dinkel legte nach, lud das Foto einer anderen Person hoch und schrieb:
    »Hallo Viola,
    du hast vollkommen recht. Ich habe mal ein Foto hochgeladen. Ich hoffe es hilft beim Erinnern. Es war in der Nähe von ich glaube Bridge Lake (oder so ähnlich?) an einer Tankstelle/Laden, soviel ich noch erinnere. Wir waren die mit dem knallroten Pick up und ich hatte mir gerade den Absatz am Schuh abgebrochen. Warst du seitdem mal wieder da? Wie geht es Jörg? Ich hoffe, wenigstens ihr seid noch zusammen und glücklich.
    Ich schlage mich jetzt erstmal wieder als Single durchs Leben. Ich habe Frank im hohen Bogen rausgeworfen, als ich herausfand, dass er mich betrügt.
    So what, shit happens, das Leben

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